An Rhein und Ruhr. Noch immer haben Hausbesitzer in Dinslaken, Wesel und Oberhausen mit überschwemmten Kellern zu kämpfen. Was Betroffene beachten sollten.
Es ist der absolute Albtraum vieler Immobilienbesitzer: Man geht in den Keller, um die Zutaten für das Mittagessen zu holen und steht plötzlich zentimetertief im Wasser. Für hunderte Hausbesitzer am Niederrhein wurde dieses Szenario in den vergangenen Wochen Realität. Getroffen hat es die ersten ausgerechnet an Weihnachten. Mehr als drei Monate sind seitdem vergangen „und es ist noch nicht vorbei. Es flacht sich zwar langsam ab, aber es gibt immer noch dutzende Keller, die unter Wasser stehen“, weiß Torsten Brinkmann, Geschäftsführer der Heinz Mölleken Sanitär und Heizungstechnik.
Besonders in Dinslaken hat sein Betrieb in letzter Zeit zahlreiche Hausbewohner mit Pumpen ausgestattet, die Schläuche führen aus dem Kellerfenster auf die Straße, hier fließt das Wasser dann in die Kanäle. Bei manchen Kunden sei das Problem dann nach ein paar Tagen erledigt, bei anderen käme das Wasser aber sofort wieder – durch die Kellerwände oder den Estrich. Bei den meisten Betroffenen kommt die Überschwemmung schließlich nicht aus den Wasserleitungen, sondern aus dem Grundwasser. Wie kann das sein?
Das nasseste Jahr seit mehr als 90 Jahren
„An der Emscher und Lippe war 2023 das nasseste Jahr seit Beginn unserer Aufzeichnungen 1931“, erklärt Ilias Abawi, Pressesprecher von Emschergenossenschaft und Lippeverband. Der viele Regen sei besonders in ehemaligen Bergbauregionen gefährlich, da der sogenannte Flurabstand, der Höhenunterschied zwischen der Erd- und der Grundwasseroberfläche, durch Bergsenkungen über die Jahre immer kleiner geworden sei. „Nachdem es von 2018 bis 2022 eine lange Dürrephase gab, hat es 2023 dann so viel geregnet, dass der Grundwasserspiegel rapide angestiegen ist.“
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Normalerweise fließe das Grundwasser in Richtung Fluss ab, erklärt der Experte. Durch den Regen seien Rhein, Rotbach und Emscher im Dezember aber so voll gewesen, dass das zulaufende Grundwasser vom Fließwasser der Flüsse wieder zurück ins Stadtgebiet gedrängt wurde und sich schließlich dort angesammelt habe. Vor allem im Dinslakener Ortsteil Eppinghoven, der zwischen den drei Flüssen liegt, ist das Grundwasser dann so stark angestiegen, dass es in hunderte Keller gelaufen ist.
Grundwasser im Keller: Wie kann man sich schützen?
„Da, wo der Grundwasserspiegel besonders hoch ist, kann man erstmal nicht viel machen. Denn während man das Grundwasser noch aus dem Keller abpumpt, kommt schon wieder neues Wasser durch Boden und Decke“, erzählt Sanitärexperte Brinkmann. Betroffen seien vor allem ältere Häuser aus den 1970er-Jahren oder früher. Hier sei die wasserundurchlässige Betonbodenplatte, die Weiße Wanne, oftmals veraltet oder gar nicht vorhanden. Die sollte für den Fall der Fälle nachgerüstet werden, rät Brinkmann. Wer sich noch besser vor Grundwasser im Keller schützen will, könne auch die Außenwände des Kellers mit wasserundurchlässigem Beton verstärken. „Dafür muss man den Keller dann aber ersmal von außen freibaggern, das wird dann schnell kostspielig.“
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Für viele Betroffene in Dinslaken, Voerde, Oberhausen und Wesel ist die Beseitigung des Wassers ohnehin schon teuer genug, denn die Gebäudeversicherung zahlt einen Grundwasserschäden meist nur, wenn das Wasser nicht direkt durch das Mauerwerk eindringt. Die meisten von Brinkmanns Kunden bleiben also auf den Kosten sitzen. „Das kommt aber ganz auf den Einzelfall und den Vertrag an.“
Feuchter Keller: Darauf sollten Betroffene achten
Sparen solle man bei der Entwässerung jedenfalls nicht. Ist das Wasser selbst einmal raus, müssen Bautrockner aufgestellt werden, die die restliche Feuchtigkeit aus dem Boden und den Wänden ziehen. Auch die Dämmschicht unter dem Estrich sollte kontrolliert werden. Hartschaum lasse sich in der Regel mit Maschinen trocknen. „In alten Häusern wurde für die Dämmschicht aber auch oft Glaswolle genutzt, die kann man nach so einer Überschwemmung nicht mehr retten.“
In Dinslaken berichten Betroffene über Schäden, die in die Zentausende gehen. Die Stadt sucht deshalb Hilfe beim Land NRW. Über die Tiefbauabteilung hat die Stadtverwaltung in einem Schreiben um Antwort auf die Frage gebeten, wie das angestiegene Grundwasser als Naturkatastrophe im Sinne der neuen Soforthilfe-Richtlinie anerkannt werden kann.
Grundwasser ableiten ist zu kompliziert
Bürgerinnen und Bürger haben indes eine Arbeitsgruppe gegründet, an der sich auch die Emschergenossenschaft beteiligt hat. Letztere hat in Bezug auf die Lösung des Grundwasser-Problems eine klare Haltung: „Man kann nicht mal eben das Grundwasser abpumpen“, stellt Pressesprecher Abawi klar. „Das erfordert eine aufwändige Planung die Jahre dauern könnte. Vielmehr wäre eine nachhaltige Lösung angebracht, zum Beispiel das Schwammstadt-Prinzip.“ Hierbei wird das Wasser vor Ort unter anderem durch Bäume gespeichert, anstatt es abzuleiten.