An Rhein und Ruhr. Landwirte im Sauerland starten Plakataktion gegen den Wolf. Am Niederrhein gibt es Unterstützung, Kritik kommt von Naturschützern.

Mit gefletschten Zähnen ist der Wolf auf den Plakaten der Landwirte im Hochsauerlandkreis abgebildet, daneben ein Schaf mit Lamm. „Wir haben Angst um unsere Tiere“ steht neben den Abbildungen. Der Naturschutzverband BUND in NRW kritisiert die Darstellung als „uralte Stereotype vom ‚bösen Wolf‘“. Landwirte vom Niederrhein begrüßen die Aktion dagegen.

Naturschützer kritisieren Plakataktion von Landwirten

Mit ihrer Aktion wollen die Landwirte aus dem Sauerland, „die Bevölkerung darauf aufmerksam machen, dass eine wachsende Wolfspopulation hier nicht zielführend ist“, wie Christian Otto vom Landwirtschaftlichen Kreisverband Hochsauerland der Wesfalenpost sagte. Mehr als 100 dieser Plakate wolle man an Straßen aufstellen. Zwar gebe es im Kreis noch keinen Wolf, aber bei der aktuellen Verbreitung sei dies absehbar.

Die Bauern vom Landwirtschaftlichen Kreisverband im Hochsauerland stellen ihre Plakataktion gegen den Wolf vor.
Die Bauern vom Landwirtschaftlichen Kreisverband im Hochsauerland stellen ihre Plakataktion gegen den Wolf vor. © privat | Privat

Dirk Jansen, Sprecher des BUND NRW, kritisiert die Aktion dagegen als unsachlich. Die Artenschutzexpertinnen des Verbands, Christine Thiel-Bender und Katharina Stenglein, können die Ängste von Tierhaltern zum Teil nachvollziehen, wie sie erklären. „Es wäre aber hilfreich, auf Herdenschutzmaßnahmen und Förderungen aufmerksam zu machen.“

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So dienen Zäune nun nicht ausschließlich dazu, einen Ausbruch der Weidetiere zu verhindern. „Sondern sie müssen ein Eindringen von Wölfen unterbinden. Hierzu liegen bundesweite Empfehlungen vor“, so Thiel-Bender und Stenglein. Die meisten Wolfsrisse seien an schlecht oder nicht geschützten Weiden aufgetreten.

Mehr als 100 tote Schafe: Mehrere Wolfsrisse in der Region

„Zum überwiegenden Teil ernähren sich Wölfe von Wildtieren“, so die BUND-Expertinnen. Studien hätten gezeigt, dass in ihrer Nahrung lediglich 1,6 Prozent Nutztiere enthalten sind. Davon seien die meisten Schafe und Ziegen. „Wir empfehlen daher, die möglichen Förderungen zu nutzen und bestenfalls den empfohlenen Herdenschutz umzusetzen.“

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Das sei aber gar nicht so einfach, wie Johannes Leuchtenberg, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Wesel, sagt. „Ein wirklich wolfssicherer Zaun müsste drei Meter hoch sein, mit Strom drauf und in den Boden eingegraben“, erklärt er. „Das ist landschaftlich nicht mehr schön. Ich habe mir das angesehen; es ist beklemmend und sieht aus wie im Gefängnis.“

In der Region hatten Wolfsrisse in den vergangenen Jahren immer wieder für Aufsehen gesorgt. Zweimal war ein Schäfer aus Oberhausen betroffen, der rund 100 Tiere verloren hat. Und auch Schafe einer Wolfsberaterin des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) wurden in Voerde angefallen.

Schäfer vom Niederrhein sorgt sich um seine Tiere

Gerade eine Wölfin wie „Gloria“, die am Niederrhein heimisch ist, wisse, wie sie Zäune überwinden kann und gebe dieses Wissen an ihre Nachkommen weiter, so Leuchtenberg. Davor hätten die Weidetierhalter Angst. „Die Schafe sind fast schutzlos ausgeliefert.“

141 Wolfrisse in NRW

4366 Nutztiere sind 2022 in Deutschland von Wölfen gerissen worden, das geht aus einer Statistik der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) hervor. Auf NRW entfielen jedoch nur 141 der getöteten Tiere. Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor.

Am stärksten betroffen sind Brandenburg (1115), Niedersachsen (1098) und Sachsen (803). Berlin, Hamburg und das Saarland hatten keinen einzigen Riss verzeichnet.

Mit 3778 machen Schafe den Großteil der getöteten Tiere aus. In NRW wurden 2022 134 Schafe getötet. Außerdem betroffen waren Ziegen und Rinder, aber vereinzelt auch Pferde, Hunde, Alpakas, Lamas und Mufflons.

Auch Martin Tiemann, Schäfer aus Uedem, hat Angst um seine Tiere. „Ich habe meine Schafe auch auf Deichen, aber da kann ich sie gar nicht schützen, weil die Zäune dort nicht den Anforderungen entsprechen“, klagt er. Gerissen wurde bisher keines seiner Tiere. „Wir sind aber dreimal mit einem blauen Auge davongekommen. Da war der Wolf in der Nähe, hat aber Schafe von Nachbarn gerissen. Einmal waren meine Tiere nur 200 oder 300 Meter vom Wolf entfernt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es uns erwischt.“

Die Schäfer wollen ihre Tiere draußen halten, betont Tiemann. „Aber so können wir das nicht. Ich züchte auch alte, vom Aussterben bedrohte Schafarten. Sind die weniger schützenswert als der Wolf?“, fragt er. Die Plakataktion der Landwirte im Sauerland begrüßt er und meint: „Der Wolf muss reguliert werden, wie auch immer man das macht.“

Jäger fühlen sich ohne einheitliche Regelung nicht zuständig

Im Januar entschied ein Gericht, dass „Gloria“ nicht geschossen werden darf – sehr zum Unverständnis einiger Landwirte, wie Leuchtenberg berichtet. „Wir hoffen, dass es künftig neue Regelungen von EU- oder Bundesebene gibt.“ Wenn ein Wolf so auffällig sei wie „Gloria“, „dann muss man die Reißleine ziehen und ihn entnehmen.“

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Doch solange der Wolf nicht in das Jagdrecht aufgenommen wird, ist damit wohl nicht zu rechnen. Wenn es nach der Gesellschaft gehe, gehöre der Wolf eben zur Natur, sagt Markus Schrills, Vorstandsvize der Kreisjägerschaft Kleve. „Und solange der Wolf nicht im Jagdrecht ist, unterliegt er auch nicht unserer Obhut.“ Wenn der Wolf dauerhaft im Land heimisch sein soll, dann müsse der Bestand aber reguliert werden. „Der Wolf muss einheitlich in das Jagdrecht aufgenommen werden – mit einer Schonzeit.“