An Rhein und Ruhr. Bundesumweltministerin Lemke will den Abschuss von Problemwölfen erleichtern. Der Vorschlag stößt auf geteiltes Echo. Die Reaktionen aus NRW.

In die Debatte um einen schnellen Abschuss von problematischen Wölfen ist wieder Bewegung gekommen. Der Vorschlag der grünen Bundesumweltministerin Steffi Lemke zum unbürokratischen Abschuss von Problemwölfen zum Jahresanfang 2024 stößt in NRW und am Niederrhein allerdings auf ein geteiltes Echo. Jägern geht der Vorstoß nicht weit genug, die Schäfer sehen dadurch keinen großen Schutz für ihre Weidetiere. Das letzte Wort ist dabei nicht gesprochen, Ende November beraten die Umweltminister der Länder zunächst darüber.

Nordrhein-Westfalens Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) begrüßt den Vorschlag seiner Parteifreundin „für praxisgerechtere Regelungen im Umgang mit problematischen Einzelwölfen“. Nach der Umweltministerkonferenz habe eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Arbeit aufgenommen. „Ihre neuen Vorschläge, die Ministerin Lemke am Donnerstag in Berlin vorstellte, sind weitere wichtige Impulse, um im Rahmen der Bund-/Länderarbeitsgruppe Vorschläge für die Weiterentwicklung des Wolfsmanagements zu erarbeiten. Ziel ist es, bis zur nächsten Umweltministerkonferenz Ende November ein gemeinsames Vorgehen ausgearbeitet zu haben, um zeitnah zu rechtssicheren und praxistauglichen Leitlinien für das Wolfsmanagement zu kommen. Diese Vorschläge fließen nun in den Arbeits-Prozess ein und werden dort erörtert“, sagt Minister Krischer.

Bayern geht’s nicht weit genug

Allerdings zeigt sich auf Länderebene bereits Uneinigkeit. Während unter anderem Brandenburg und Niedersachsen die schnellen Abschussregeln begrüßen, gehen sie Bayern nicht weit genug.

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Von Denise Ludwig(d.ludwig@nrz.de)

Lemkes Vorschlag sieht vor, dass die Bundesländer bestimmte Regionen mit vermehrten Rissen durch Wölfe festlegen. Hat ein Wolf dort Schutzzäune überwunden und Weidetiere gerissen, soll auf ihn 21 Tage lang im Umkreis von 1000 Metern von der Rissstelle geschossen werden dürfen. Innerhalb der 21 Tage soll laut Erfahrungen aus Schweden das Risiko hoch sein, dass es erneut zu einem Riss im nahen Umkreis kommt.

Nicht mehr auf eine DNA-Analyse warten

Anders als bisher soll nicht erst eine DNA-Analyse abgewartet werden müssen, um den Wolf eindeutig zu identifizieren. Eine Abschussgenehmigung braucht es allerdings weiterhin; sie solle innerhalb weniger Tage vorliegen können, sagte Lemke.

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„Wir sind dadurch nicht einen Schritt weiter“, kommentiert Ortrud Humpert, Vorsitzende des Schafzuchtverbands NRW, den Vorschlag. Zwar sei es ein „Versuch“ die betroffenen Weidetierhalter zu schützen, aber unterm Strich bräuchten die Tierhalter einen besseren, flächendeckenden Herdenschutz.

Nabu: Auch Wanderwölfe lernen auf ihrer Durchreise

Das unterstützt der Naturschutzbund Nabu NRW und fordert, wie die Schafzüchter auch, die Erstattung des Materials für elektrische Schutzzäune oder Herdenschutzhunde, aber ebenso die Kostenübernahme für die Wartung oder Instandhaltungsarbeiten der Zäune. Und das nicht nur in Wolfsgebieten, sondern flächendeckend. Denn auch Wanderwölfe könnten auf ihrer Durchreise lernen, wie man Zäune überwindet, so Birgit Königs vom Nabu.

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Die Jäger indes sehen viele offene Fragen, wie die Vorschläge in die Praxis umgesetzt werden sollen, erklärt Gregor Klar vom Jagdverband NRW. Auch Werner Schulte, stellvertretender Vorsitzender der Kreisjägerschaft Wesel, hält den Vorschlag von Bundesumweltministerin Steffi Lemke für „wenig praktikabel“. Ist kein DNA-Test mehr für den Abschuss notwendig, stellt sich die Frage, ob womöglich ein anderer Wolf als das problematische Tier erwischt wird. „Wenn man den Problemwolf nicht erwischt, fängt man wieder von vorne an“, sagt er im Gespräch mit der NRZ.

Das Rebhuhn im Jagdrecht

Er sieht die Lösung darin, den Wolf ins Jagdrecht zu überführen, das würde Rechtssicherheit schaffen. Die Überführung ins Jagdrecht hieße nicht automatisch, dass Tiere geschossen werden. Das schützenswerte Rebhuhn beispielsweise sei auch im Jagdrecht aufgenommen. „Wir müssen es schützen, jagen es aber nicht“, sagt Schulte. „Wir Jäger haben ja auch eine Hegepflicht, das wird oft vergessen“, sagt er. Man könnte also, so sein Vorschlag, den Wolf mit einer ganzjährigen Schonzeit in bestimmten Gebieten ausstatten – so wie es beim Rebhuhn der Fall ist. In Gebieten jedoch, in denen es zu Problemen kommt, sollte er regulär bejagt werden.

Dass Jäger darauf aus wären, einen Wolf vor die Flinte zu bekommen, bestreitet er: „Ich glaube, das tut niemand gerne.“