An Rhein und Ruhr. Die Zinsen steigen, die Preise für Immobilien sinken in einigen Regionen. Eine Expertin erklärt, was man beim Kauf und Verkauf nun beachten muss.
Die Preise für Immobilien sinken, die Zinsen hingegen steigen. Wer beispielsweise in Oberhausen im ersten Halbjahr 2022 eine Gebrauchtimmobilie gekauft hat, musste im Mittel 399.900 Euro bezahlen, im zweiten Halbjahr waren es 9.900 Euro weniger. Ist es jetzt also eher günstig, eine Immobilie zu kaufen oder zu verkaufen? Oder lohnt es abzuwarten? Melanie Kloth, Leiterin des Bereichs Wohnungsmarkt und Strategie bei der NRW Bank, schätzt die Lage im Gespräch mit der Redaktion ein.
Frau Kloth, würden Sie jetzt ein Haus kaufen?
Das ist eine schwierige Entscheidung. Wenn ich mit meiner Familie darin wohnen möchte, sich unsere Wohnsituation dadurch deutlich verbessert und ich es mir leisten kann, dann würde ich es jetzt tun. Aber ich würde sehr genau rechnen, ob ich mir die monatlichen Raten für die nächsten 20 und mehr Jahre leisten kann.
Die Preise für Immobilien sinken erstmals seit langer Zeit wieder, auf der anderen Seite sind die Zinsen gestiegen. Ist es jetzt eine gute oder eine schlechte Situation für einen Immobilienerwerb?
Die Zinsen sind seit rund einem Jahr gestiegen, sie liegen jetzt bei über 3,5 Prozent. Es ist erst einmal nicht abzusehen, dass sie wieder sinken. Im langfristigen Verlauf ist das aber gar nicht so hoch. Vor der letzten Jahrtausendwende kannten wir noch Zinsen von über acht Prozent, sie sind erst mit der Finanzkrise ab 2009 und den Folgejahren richtig gesunken. Jetzt haben wir uns alle daran gewöhnt, dass wir Niedrigzinsen von ein, zwei Prozent haben. Aber die Generation vor uns zahlte noch sechs oder acht Prozent. Das war damals normal. Bisher war das Marktverhältnis immer: Wenn die Zinsen steigen, gehen die Preise runter. Allerdings gibt es auch viele Faktoren, die gegen sinkende Preise sprechen.
Welche?
Zum einen ist die Nachfrage immer noch sehr hoch. Wir haben hohe Bau- und Materialkosten, so dass der Neubau weiterhin teuer bleibt. Im letzten Halbjahr sind die Immobilienpreise im Durchschnitt gesunken. Das gilt aber nicht für alle Orte und Objekte gleichermaßen. Nicht jedes Objekt wird demnächst günstiger werden. Man muss also sehr genau hinschauen.
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In welcher Region Nordrhein-Westfalens ist es aktuell attraktiv zu kaufen?
Das hängt stark von den individuellen Wünschen ab. Möchte man ländlich wohnen mit großem Garten oder in der Stadt, um kurze Wege zur Arbeit zu haben? In der Rheinschiene mit Städten wie Düsseldorf, Köln oder Bonn sind die Immobilienpreise hoch, auch in den umliegenden Gemeinden haben die Preise angezogen. In anderen Regionen, etwa in der Eifel, in Teilen des Sauerlandes oder von Ostwestfalen sind die Preise deutlich niedriger. Letztlich muss sich jeder fragen, wo und wie er leben möchte. Bin ich bereit, jeden Tag weit zur Arbeit zu pendeln? Das ist eine sehr individuelle Entscheidung.
Würden Sie zu längerer Zinsbindung raten?
Die Zinsentwicklung ist nicht vorhersehbar. Wenn ich sicher sein will, dass ich mir die Raten auch in zehn Jahren noch leisten kann, würde ich zu langfristiger Bindung raten. Allerdings ist bei den hohen Zinsen derzeit auch die Tilgung nicht mehr so hoch. Das heißt: Nach zehn Jahren habe ich immer noch ziemlich viel Restkapital, das ich zurückzahlen muss.
Ist die derzeitige Situation auf dem Immobilienmarkt eine echte Trendwende oder eher eine Preiskorrektur?
Was die Zinsdynamik angeht, ist es sicherlich eine Trendwende. Seit Anfang 2022 haben wir steigende Zinsen, die jetzt auf einem deutlich höheren Niveau liegen als noch vor fünf Jahren. Und seit dem zweiten Halbjahr 2022 sehen wir auch bei den Immobilienpreisen, dass es eine Trendwende gibt. Erstmals stagnieren und sinken die Preise, auch wenn das noch nicht flächendeckend für jeden Ort und jedes Objekt gilt.
In NRW ist die Eigentumsquote nicht hoch: 43,7 Prozent im Jahr 2018. Wir liegen auf dem vorletzten Platz vor Mecklenburg-Vorpommern. Was sagt diese Quote über unser Bundesland aus?
Sie ist ein Spiegel dessen, wie das Land strukturiert ist. Wenn man sich mit Bayern vergleicht, was eher ein Flächenstaat ist, mit vielen kleineren Gemeinden, erscheint die Eigentumsquote relativ niedrig. Wenn man aber sieht, dass NRW mit dem Ruhrgebiet, der Rheinschiene und mit vielen weiteren Klein- und Großstädten relativ verdichtet ist und mit Hamburg oder Berlin vergleicht, sieht unsere Eigentumsquote relativ gut aus. Sie ist ein Indikator, sagt aber nichts darüber aus, ob wir gut oder schlecht wohnen.
Lassen Sie uns die Perspektive wechseln: Lohnt es sich jetzt, ein Haus zu verkaufen?
Im ersten Moment mag der ein oder andere sich vielleicht ärgern, weil er nicht vor ein oder zwei Jahren verkauft hat und die Preise jetzt, je nach Lage, sinken. Aber: Dass die Preise wieder deutlich steigen, ist eher nicht zu erwarten. Aktuell erwartet die Branche, dass sie stagnieren, in einigen Regionen auch weiter sinken. Auch der Hausverkauf ist individuell: Warum will ich verkaufen? Brauche ich das Geld für etwas anderes? Will ich mein Einfamilienhaus verkaufen und in eine kleinere Wohnung ziehen? In dem Fall lohnt sich der Verkauf. Wenn die Immobilie aber ein Objekt ist, das man rein als Kapitalanlage hat und gerade nicht auf das liquide Geld angewiesen ist, dann sollte man die Immobilie vielleicht noch behalten.
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In den eigenen vier Wänden leben, mit Garten oder Balkon, unabhängig von Mietsteigerungen: Das ist der Traum von vielen Bürgerinnen und Bürgern an Rhein und Ruhr.
Doch die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Immobilienpreise haben manche vom Hauskauf abgeschreckt. In einigen Regionen sinken nun die Immobilienpreise, gleichzeitig aber steigen die Zinsen.
Kann man nun doch ein Schnäppchen machen? Lohnt sich nun ein Verkauf einer Immobilie? Worauf sollte man beim Hauskauf achten? Und wie saniere ich meine Immobilie, damit meine Energieversorgung gesichert, sparsam und klimafreundlich ist?
All diesen Fragen widmen wir uns in dieser Woche mit unserem Themenschwerpunkt für Immobilienbesitzer und solche, die es werden wollen.
Wir starten heute mit einem Interview zur Lage auf dem Immobilienmarkt in Nordrhein-Westfalen, in den Lokalausgaben der NRZ werden wir uns die Situation vor Ort genauer ansehen und besondere Immobilienangebote unter die Lupe nehmen.
Diese Themenwoche ist gleichzeitig Auftakt für unseren neuen Newsletter für Immobilieninteressierte am Niederrhein.
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Städte stehen vor einer Herausforderung: Es braucht bezahlbaren Wohnraum. Auf der anderen Seite sollen Flächen für den Klimaschutz weniger versiegelt werden. Ein Dilemma.
Das ist in der Tat für viele Städte eine Herausforderung. Um das Klima zu schützen, ist es ganz wichtig, den Gebäudebestand zu sanieren, energetisch zu ertüchtigen und barrierefrei umzubauen. Letzteres ist wichtig, weil die Menschen immer älter werden und so lange wie möglich in der eigenen Wohnung bleiben möchten. Gleichzeitig haben wir in vielen Orten einen Mangel an Wohnraum. Das heißt, es muss auch neu gebaut werden. Beim Neubau kommen Städte nicht um eine Form von verdichtetem Wohnungsbau herum. So wird möglichst wenig Fläche versiegelt, lässt auf den Grundstücken aber auch Platz, damit Regenwasser versickern kann und Bäume für Beschattung gepflanzt werden können. Mehr Dichte bei hoher Wohnqualität – das wird die Zukunft sein.
Es gibt Städte, die verlegen in Neubaugebieten keine Gasleitungen mehr, Kommunen wollen eine energetische Quartiersplanung betreiben. Wie werden wir künftig bauen?
Eine kommunale Wärme- und Energieplanung zu machen, ist der richtige Weg. Denn in einem Gebiet mit Gebäuden von verschiedenen Einzeleigentümern, die alle eine andere Heizungsart eingebaut und zu unterschiedlichen Zeiten das Haus (teil-)saniert haben, ist es heute schwierig, alle Häuser an zum Beispiel eine Nahwärmelösung mit Niedrigtemperatur anzuschließen. Denn die reicht bei alten Häusern ohne energetische Sanierung nicht, um das Haus warm zu bekommen. Wenn eine Kommune hingegen ein Neubaugebiet von Beginn an mit einem Fernwärmeanschluss oder effizienter Kraft-Wärme-Kopplung plant, und die Häuser als Niedrigenergiehaus mit Fußbodenheizung und guter Dämmung gebaut würden, dann wird es ein stimmigeres Konzept, das man auch in der Zukunft einfacher an noch höhere Standards anpassen kann.
Wird ein Haus mit fossiler Energie zum Ladenhüter?
Beim Kauf einer Immobilie geht es zunehmend auch um die Art der Heizung und den energetischen Standard. Denn spätestens seit der Energiekrise wissen wir, dass das Heizen enorme Kosten verursachen kann. Dort, wo es Auswahlmöglichkeiten gibt, wird die Energieversorgung ein Thema sein. Aber bei zahlreichen Bestandsimmobilien, die vielleicht auch schon etwas in die Jahre gekommen sind, ist in der Regel noch eine alte Heizung eingebaut. Diese Objekte sind meist auch erschwinglicher. Insofern glaube ich, dass es noch dauern wird, bis solche Immobilien Ladenhüter sind. Ein anderes Thema ist aber die energetische Sanierung, die sich nicht nur für die Umwelt, sondern auch für den eigenen Geldbeutel lohnt. Immobilienbesitzer können mit neuen Fenstern oder einer neuen Fassade viel Energie sparen.
Was können Eigentümer tun, um eine Immobilie energetisch zu sanieren?
Es gibt Förderprogramme vom Land und der NRW Bank, mit denen selbst genutztes Wohneigentum modernisiert und energetisch saniert werden kann. Immobilienbesitzer können sich dazu beraten lassen bei ihrer Hausbank und ihrer Stadt- oder Kreisverwaltung. Informationen finden sich natürlich auch auf der Homepage der NRW Bank.