An Rhein und Ruhr. In NRW ist der Verkauf von Silvesterfeuerwerk gestartet. Niederländer kaufen in wenigen Stunden Vorräte von Discountern und Fachhändlern leer.
Justin ist zufrieden, der Kofferraum seines weißen Kombis voll. Für rund 200 Euro hat sich der junge Niederländer mit Silvesterfeuerwerk vom Niederrhein eingedeckt. „Ich bringe auch meinen Freunden etwas mit, das meiste ist aber für mich selbst.“ Zweieinhalb Stunden ist Justin aus Rotterdam nach Sonsbeck zum Verkaufsstart von Raketen, Böllern und Co. angereist. In den Niederlanden hätte er für dieselbe Menge Feuerwerk 600 Euro zahlen müssen, schätzt er.
Die Menge der gelben Nummernschilder auf dem Parkplatz von KVH Feuerwerk zeigt deutlich: Justin ist nicht der einzige, der eine weite Anreise aus dem Nachbarland auf sich nimmt. Mehr als 70 Prozent seiner Kunden kommen aus den Niederlanden, berichtet Marcel Kempkes, Betreiber des Sonsbecker Fachhandels. „Ich bin seit 27 Stunden wach, habe gestern den ganzen Tag Bestellungen gepackt und über Nacht die Ware bewacht“, so Kempkes. Am Donnerstag startete der Verkauf dann pünktlich um 7 Uhr morgens – mit großem Andrang: „Die Leute standen bereits am frühen Morgen bis auf die Straße.“
Silvesterfeuerwerk NRW: Viele Produkte nach wenigen Stunden ausverkauft
Viele von ihnen haben große Mengen an Feuerwerk vorbestellt. „Einer kam heute morgen sogar mit einem Lkw, dagegen ist ein voller Kofferraum noch gar nichts. Andere Pendler kommen mehrfach wieder und kaufen immer so viel, wie sie über die Grenze mitnehmen dürfen.“ 25 Kilo Feuerwerk dürfen pro Auto in die Niederlande eingeführt werden. Nach nicht einmal drei Stunden sind bereits zwölf der 83 Produkte von KVH vergriffen. Besonders schnell gingen große Batterien und Familiensortimente weg.
Auch bei den Discountern und Supermärkten in Grenznähe zeigt sich der Andrang der Pyrotechnik-Fans deutlich. Bereits vor Ladenöffnung haben sich vor vielen Filialen in den Kreisen Kleve und Wesel lange Warteschlangen gebildet. „Wir haben nur noch das, was hier liegt“, sagt etwa eine Verkäuferin des gegenüberliegenden Aldi-Marktes in Sonsbeck zu zwei enttäuschten Niederländern, die sich zwei Stunden nach Verkaufsstart ein größeres Angebot versprochen hatten. Wortlos ziehen sie weiter, an der Kassenschlange vorbei, zurück ins Auto und fahren mit quietschenden Reifen in Richtung der nächsten Lidl-Filiale. Sie haben keine Zeit zu verlieren, wenn sie sich vor Silvester noch alle Knaller- und Raketen-Wünsche erfüllen wollen.
Deutlich entspannter gehen Rogier und Bas ihren explosiven Einkaufsbummel an. „Wir sehen das als Tagesausflug, gehen hier nachher essen und in einen deutschen Getränkemarkt“, erzählen die beiden Männer aus Utrecht, die ihre schwarzpulvergefüllten Schatzkisten unter dem Kinn in Richtung Auto bugsieren. 240 Euro ist ihnen der wenige Minuten dauernde Knallspaß wert. „Wir machen eine große Show für die ganze Nachbarschaft“, sagt Rogier lachend.
Feuerwerksverkauf NRW 2022: „Unwirklicher“ Andrang nach zwei Jahren Böllerverbot
Dass so viele Niederländer an den letzten drei Tagen vor dem Jahreswechsel über die Grenze kommen, liegt auch an der höheren Qualität der deutschen Knaller, ist Theo Keizer aus Apeldoorn überzeugt. Der größte Unterschied zeigt sich aber im Geldbeutel. „Bei uns hätten wir das Doppelte zahlen müssen. Unsere Regierung ist krank“, meint Keizer und lädt Aldi-Raketen im Wert von 60 Euro in seinen Land Rover, bevor es ihn zum nächsten Stopp in Xanten zieht.
„Wir haben damit gerechnet, dass viel los sein würde“, gibt Marcel Kempkes zu. Nach zwei schweren Jahren mit Böllerverboten fühle es sich für den Händler jedoch noch unwirklich an, wie viele Menschen es schon zum Auftakt nach Sonsbeck gezogen hat. Auch im Nachbarland gibt es kein allgemeines Feuerwerksverbot mehr. „Man merkt, dass die Leute nach Corona wieder richtig Lust auf Feuerwerk haben. Für uns ist das einfach nur schön – und das Resultat von drei Jahren harter Arbeit.“