Am Niederrhein. Das Böllerverbot in den Niederlanden macht der Sonsbecker Firma KVH schwer zu schaffen. Auch Deutsche sind beim Bestellen noch zurückhaltend.
„Ehrlich gesagt: Wir dachten, das wird UNSER Silvester – gerade wegen Corona“, sagt Marcel Kempkes von der Feuerwerksfirma KVH mit Sitz in Sonsbeck. Seine Hoffnung: Weil die Pandemie viele Menschen arg getroffen und gestresst hat, große Feiern auch zum Jahreswechsel verboten bleiben, feiert man im Familienkreis und kauft dazu eine Menge Feuerwerkskörper, um das miese Jahr 2020 so richtig „wegzuballern“. Doch die Pandemie ist nicht vorbei, da gibt es auch keinen Anlass zu ballern.
Zudem macht das Silvester-Feuerwerksverbot in den Niederlanden den niederrheinischen Unternehmern richtig zu schaffen, denn rund 90 Prozent der Kunden kommen von jenseits der Grenze.
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Außerdem fehlten dieses Jahr Feuerwerksgelegenheiten wie Hochzeiten und große Feste, um die Kasse klingeln zu lassen. Wer einmal erlebt hat, wie eine Feuerwerksbatterie binnen Sekunden Dutzende Euro in die Luft schießt, stellt sich nicht mehr die Frage, ob Feuerwerk vernünftig ist. Feuerwerk ist teuer, verunreinigt die Luft, macht Tieren Angst, ist gefährlich und hinterlässt oft viel Arbeit für die Stadtreinigung. Aber Feuerwerk ist auch Emotion, Glücksgefühl, der Spaß daran, bunte Lichter in den nächtlichen Himmel zu schießen, sich am Farbenspiel zu erfreuen, es einmal richtig krachen zu lassen.
Marktlücke bei Qualitätswaren
Eben diese Faszination hat die Pyro-Fans Mark van Heekeren und Marcel Kempkes dazu gebracht, mit Feuerwerk Geschäfte zu machen. „Wir haben jahrelang die Sachen beim Discounter gekauft und waren eigentlich immer unzufrieden“, so Kempkes.
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Die Suche nach einer Lösung brachte zwei Erkenntnisse: Es gibt in der Region erstens eine Marktlücke für den Verkauf von Qualitätsfeuerwerk und zweitens hinter der Grenze einen niederländischen Hersteller, bei dem sie sich über die Zusammenarbeit informierten. Vor drei Jahren starteten die Nieder-rheiner dann das Unternehmen, erfüllten die weitreichenden Auflagen für Lagerung und Verkauf, eröffneten in der Türen- und Fenster-Firma von Mark van Heekeren die Feuerwerksfirma KVH.
Über das Internet bestellt und bezahlt der Kunde, kann sich die Ware dann an den letzten drei Werktagen vor dem Jahreswechsel in der Firma mit Sitz in einem Sonsbecker Gewerbegebiet abholen. Oder er bestellt und kauft an diesen Tagen direkt vor Ort. Im Angebot sind Knaller zwischen drei und 300 Euro, besonders Batterien, die einmal angezündet werden und dann das ganze Programm abfeuern, liegen mit klangvollen Namen wie „Bulldog” oder „One Night in Tirol” im Trend. Die Pakete reduzieren die Gefahr, weil sie nur einmal angezündet werden, die Komponenten sind aufeinander abgestimmt und am Ende bleibt weniger Müll übrig.
Viele Kunden aus den Niederlanden kamen nach Sonsbeck
In den ersten beiden Jahren boomte das Geschäft, besonders viele Kunden aus den Niederlanden kamen nach Sonsbeck, weil laut van Heekeren und Kempkes Pyrotechnik dort teurer ist als hier. „Bei den Niederländern hat das Feuerwerk noch mal einen ganz anderen Stellenwert, die freuen sich richtig und haben Spaß, wenn die hier sind”, hat Kempkes beobachtet. Dazu hatte er im vergangenen Jahr genügend Gelegenheit: Locker eine bis zwei Stunden warteten die Kunden vor dem Geschäft geduldig in der Schlange, bevor sie bedient wurden. Am Ende hatte die Firma 700 Quittungen geschrieben, für das zehnköpfige Team war nach stressigen drei Tagen die eigene Silvesterparty nach dem Feuerwerk auch vorbei. „Wir konnten einfach nicht mehr”, sagt Kempkes.
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In diesem Jahr geht es bis jetzt deutlich ruhiger zu, die ausgefallenen Hochzeiten und Großfeiern haben bereits wirtschaftlich eingeschlagen. Das Feuerwerk wird nur teilweise auf Kommission gekauft, teilweise kann es bis zum nächsten Jahr beim Hersteller eingelagert werden. Dennoch: Ohne das Hauptstandbein im Türen- und Fenstergeschäft würde es wohl in diesem Jahr wirtschaftlich eng für das noch recht junge Unternehmen, das eigentlich auf Expansionskurs war. Immerhin werten es die beiden Geschäftsleute positiv, dass es in NRW aktuell kein Feuerwerksverbot gibt. Dennoch spüren sie deutlich die Zurückhaltung.
„Die Leute warten bis auf den letzten Drücker und kommen dann ohne Vorbestellung kurz vor Silvester zu uns”, schätzt Kempkes. Nicht auszuschließen, dass darunter dann auch der eine oder andere Niederländer ist. „Wir weisen die Leute bei der Bestellung auf das Verbot in den Niederlanden hin, können aber am Ende ja nicht nachvollziehen, ob es ein Niederländer ist, der hier irgendwo in Deutschland zu Besuch ist, oder hier wohnt”, so van Heekeren.
Feuerwerk: 133 Millionen Euro Jahresumsatz
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Laut Bundesumweltamt werden in Deutschland jährlich rund 4200 Tonnen Feinstaub durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern freigesetzt, der größte Teil davon in der Silvesternacht. Das entspricht etwa zwei Prozent der gesamten Feinstaubmenge. Trotz der lauter werdender Umweltdebatte meldete die Branche zuletzt einen stabilen Jahresumsatz von bundesweit 133 Mio. Euro (2019). Im Jahr 2019 wurden 13.000 Tonnen Feuerwerkskörper nach NRW importiert.
An Silvester dürfen sich in NRW bis zu zehn Personen aus dem engsten Familien- oder Freundeskreis treffen, zzgl. Kinder bis 14 Jahren. Ein generelles Feuerwerksverbot gibt es nicht, das Abfeuern auf belebten Straßen und Plätzen ist aber untersagt.