Venlo. Shoppingfans aus NRW fahren seit Generationen nach Venlo. Warum für Citymanager Marcel Tabbers wiederum Deutschland ein zweites Zuhause ist.
Wer sich mit dem Thema grenzüberschreitendes Zusammenleben beschäftigt, kommt an Venlo nicht vorbei. Ein Ausflug in die Einkaufsstadt gehört besonders für Familien im Ruhrgebiet seit Generationen dazu – und Venlo lebt von dem Austausch. Citymanager Marcel Tabbers trifft hier regelmäßig Gäste aus der Region – und erklärt im Interview, warum Deutschland für ihn das zweite Zuhause ist.
Herr Tabbers, beruflich haben Sie viel mit Menschen aus Deutschland zu tun. Woher kommt Ihre Faszination für grenzüberschreitende Verbindungen?
Marcel Tabbers: Meine Eltern hatten früher ein Campingplatz in Venlo. Mehr als die Hälfte der Gäste kam aus Deutschland. Ich habe von klein auf deutsche Freunde gehabt und die Sprache gelernt. Ich habe heute eine große Sammlung deutscher Popmusik und lese viel deutsche Bücher. Ich entdecke gerne Neues, und das tue ich nicht in den Niederlanden oder in England – sondern in Deutschland, direkt um die Ecke.
Haben Sie denn einen Lieblingsort jenseits der Grenze?
Ich finde vor allem das Ruhrgebiet toll mit seinem industriellen Erbe. Berlin ist natürlich auch eine super Stadt. Im Sommer war ich in Hamburg, das war fantastisch. Deutschland fühlt sich an wie mein zweites Zuhause.
In Venlo treffen Sie wahrscheinlich fast täglich auf Gäste aus Deutschland. Was macht ein sogenannter Citymanager eigentlich?
Das Citymanagement kümmert sich darum, dass es in der Innenstadt läuft und dass sie attraktiv bleibt. Wir tragen dazu bei, dass es schön aussieht und man sich dort gerne aufhält. Zum Beispiel organisieren wir Aktivitäten, unterstützen Unternehmen, entwickeln Innenstadtrouten.
Dafür müssen Sie sich sicherlich auch stark auf die vielen Gäste aus Deutschland einstellen?
Natürlich, das ist eine wichtige Zielgruppe. Die Hälfte des Umsatzes generieren wir durch unsere Nachbarn. Dafür ist es wichtig zu wissen: Wer sind unsere Besucherinnen und Besucher aus Deutschland? Es gibt nicht den einen deutschen Gast. Umfragen haben uns da weitergeholfen, wir haben auch eine Deutsche in unserer Marketingabteilung eingestellt.
In der Stadt ist auf Flaggen zu lesen „Venlo verwelkomt“ – also „Venlo heißt Sie willkommen“. Was unternimmt die Stadt, damit sich Gäste willkommen fühlen?
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Deutsche kommen schon seit Generationen hierher. Wir sind von NRW aus gesehen oft die erste große niederländische Stadt. Schon die Großeltern kamen fürs Einkaufen nach Venlo, das hat Tradition.
Warum kommen sie genau?
Die deutschen Gäste kommen fürs Flair, vielleicht auch ein bisschen aus Nostalgie. Aber sie kommen auch für Produkte, die günstiger oder nur hier erhältlich sind. Was für mich wichtig ist: Sie kommen, weil wir eine schöne historische Innenstadt und kulturelle Angebote haben. Die Leute sollen nicht sagen: Wir kommen nach Venlo, weil Einkaufen dort so günstig ist. Sondern sie sollen kommen, weil sie es hier schön finden.
Was bedeutet das Leben in der Grenzregion für Sie persönlich?
Ich bin mein ganzes Leben lang in Deutschland unterwegs gewesen. Die Grenzregion war immer spannend für mich. Auch beruflich habe ich mich immer mit grenzüberschreitender Zusammenarbeit beschäftigt. Ich hatte selbst mal einen grenzüberschreitenden Betrieb und frage mich immer: Wie kann man grenzüberschreitende Projekte optimieren, bei welchen Problemen können wir auf beiden Seiten der Grenze zusammenarbeiten?
Haben Sie eine Zukunftsvision für die Grenzregion?
Ich habe in den vergangenen Jahren bemerkt, dass es oft schwierig ist, zwischen Deutschland und den Niederlanden wirklich eng zusammenzuarbeiten. Es gibt einfach gewisse Kulturunterschiede. Manchmal klappt das gut. Aber oft ist das davon abhängig, mit welcher Person man genau zusammenarbeitet. Das sollte nicht so sein. Das macht es schwer, eine langfristige Kooperation zwischen Organisationen aufzubauen. Ich treffe seit Jahren immer dieselben Menschen in dem Bereich an.
Was müsste sich daran denn verändern?
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit muss noch stärker Teil der Unternehmenskultur werden – auch auf der deutschen Seite. Man sollte jederzeit darüber nachdenken, was mit den Kollegen jenseits der Grenze zusammen erreicht werden könnte.
Was sind konkrete Hindernisse?
Was es auch schwieriger macht: Dass in Venlo immer weniger Deutsch gesprochen wird. In der Innenstadt wird teils Englisch mit Kunden aus Deutschland gesprochen. Das ist sehr schade und bleibt eine Herausforderung.