Dinslaken. Die Jazz Initiative Dinslaken feiert 25-Jähriges. Thomas Termath verrät, wie alles begann – und mit welchem Jazz-Star er mal Tennis gespielt hat.

Wenn ein Hausarzt und eine Badewanne aufeinandertreffen, dann kommt Jazz dabei heraus. Genauer gesagt, die Jazz Initiative Dinslaken. Zum großen Jubiläum verrät der Vorsitzende Thomas Termath, wie vor 25 Jahren alles mit „Doktor Jazz“ begonnen hat und wieso er nach einem Konzert mal mit einem panamaischen Jazz-Star Tennis gespielt hat…

Jazz, da denken manche vielleicht zuerst einmal an schräge Töne und gewagte Melodien. Wie würden Sie persönlich die Musikrichtung beschreiben?

Jazz ist total vielseitig, all die Stile und Einflüsse lassen sich kaum zusammenfassen. Ich bin beispielsweise über die Gitarre zum Jazz gekommen. Das war ein komischer Zufall, weil ich im Radio einen Jazz-Gitarristen gehört habe, dessen Musik mir spontan gut gefallen hat. Daraufhin habe ich immer mehr Jazz gehört, habe viele Stücke auch auf Kassette aufgenommen. Ab den 1980er Jahren ging es dann richtig bei mir los, ich habe Festivals besucht und mich mit der Geschichte beschäftigt.

Tatsächlich hat Dinslaken ja sogar eine Jazz-Vergangenheit…

In den 1960er Jahren haben im Burgtheater richtige Wettbewerbe und auf der Trabrennbahn legendäre Konzerte stattgefunden. Letztere hat unter anderem Ali Haurand mitorganisiert, ein Jazz-Musiker aus Viersen, der uns später auch bei der Jazz Initiative sehr unterstützt hat. Aber dann gab es lange Zeit kaum noch Jazz in Dinslaken, die Stadt wurde zum jazzigen Niemandsland.

Bis ein Hausarzt und eine Badewanne das änderten… Was hatte es damit auf sich?

Johannes Hermens, auch „Doktor Jazz“ genannt, war nicht nur Hausarzt, sondern auch Jazz-Schlagzeuger. Durch seine Zeit als aktiver Musiker kannte er viele Leute in der Szene. Und in der Badewanne, das war damals eine Kneipe am Altmarkt, ist 1996 dann die Idee entstanden, die Jazz Initiative zu gründen. Das Auftaktkonzert war auch direkt ein Knaller, weil er es durch seine Kontakte geschafft hatte, den international bekannten George Gruntz mit seiner Band nach Dinslaken zu holen.

Waren Sie selbst auch auf dem Konzert?

Ja, kurioserweise habe ich davon in Duisburg erfahren, weil ich dort einen VHS-Kurs zum Thema Jazz belegt hatte. Eines Tages sagte jemand zu mir: „Hey, bei euch in Dinslaken spielt doch bald George Gruntz.“ Übrigens, in einem Magazin, dem Jazz Podium, wurde damals der Tourplan der Band veröffentlicht. Dinslaken tauchte darin natürlich auch auf, allerdings stand in Klammern daneben Moers, um die Stadt überhaupt verorten zu können auf dem weißen Fleck der Jazz-Karte.

Durch die Jazz-Initiative sollte sich das bald ändern. Seit 1997 organisiert sie Konzertreihen, die sich als Abo buchen lassen – weil unter den Gästen so viele Wiederholungstäter und -täterinnen sind?

Das ist natürlich die Hoffnung, die dahinter steckt. Wir haben in Zusammenarbeit mit der Stadt das Konzept entwickelt, das damals eine echte Ausnahme in NRW war. So etwas gab es sonst eher nur fürs Theater oder für die Oper. Bis heute halten wir daran fest, auch wenn wir coronabedingt pausieren mussten, aber nächstes Jahr wollen wir die Abo-Reihe wieder anbieten.

Wo früher unverheiratete Bergleute lebten, spielt heute die Jazz-Musik – im Ledigenheim Lohberg. Wie eng ist der Verein mit dem Niederrhein, aber auch mit Dinslaken und Lohberg verbunden?

Wir versuchen immer dort, wo es möglich ist, Künstler aus Dinslaken und der Region zu fördern. Zum Beispiel arbeiten wir eng mit den Musikschulen zusammen, indem wir den Schülern die Möglichkeit geben, zehn Minuten vor Konzertbeginn ihr Können vor Publikum zu zeigen. Ein anderes Beispiel ist ein Projekt im Rahmen der Local Hero-Wochen 2010, bei dem die Saxofonistin Angelika Niescier gemeinsam mit dem Männergesangsverein Concordia das Programm „GlückaufJazz“ erarbeitet und unter anderem eine Jazz-Version des Steigerliedes auf die Bühne gebracht hat. Da sind nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich zwei Welten aufeinander getroffen. Das war toll!

Viele, die als Newcomer aufgetreten sind, sind inzwischen weltberühmt. Wie wählen Sie denn eigentlich aus, wer kommen darf?

Früher war ich noch häufiger auf Konzerten, meistens sogar auch im Backstage-Bereich, um mir vieles anzuhören und mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Außerdem bin ich jedes Jahr bei der Messe Jazzahead in Bremen, wo sich die ganze Jazz-Welt trifft. Durch so viele Kontakte hat man natürlich die Qual der Wahl. Insgesamt versuchen wir aber immer die Vielfalt der unterschiedlichen Stilrichtungen abzubilden, wobei wir den Fokus auf moderne Sachen legen, und einen Mix aus internationalen, namhaften Künstlern und regionalen Nachwuchsmusikern anzubieten.

Gibt es einen Auftritt, der Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Ich erinnere mich gern noch zurück an das Konzert der New York Voices mit Paquito d’Rivera, den ich einen Tag vorher mit meinem Opel Corsa vom Kölner Bahnhof abgeholt habe. Bei über 30 Grad und mit offenem Fenster über die Autobahn, das war eine abenteuerliche Fahrt… Aber das Konzert selbst, das bei herrlichem Sommerwetter im Rahmen des Fantastivals stattfand, war ein denkwürdiges Ereignis!

Das klingt so, als ob Sie die Künstlerinnen und Künstler auch privat näher kennenlernen?

Nach den Auftritten sind wir in den ersten Jahren immer noch in ein kleines, italienisches Restaurant gegangen. So saß ich dann auch mal mit Billy Cobham, einem Jazz-Schlagzeuger, zusammen. Als er meinte, dass er gerne Tennis spielt, habe ich direkt beim Tennisverein Blau-Weiß angerufen und gefragt, ob wir am nächsten Tag vorbeikommen könnten. Und so habe ich dann eine Stunde mit einem panamaischen Jazz-Star gespielt.

Gibt’s denn noch einen Jazz-Star, den Sie unbedingt nach Dinslaken holen möchten?

Da gibt’s sicherlich noch einige. Vor Kurzem erst habe ich in Düsseldorf den Jazz-Musiker Pat Metheny gesehen, der mein persönlicher Gitarren-Held ist. Aber ihn hierher zu bekommen, ist natürlich extrem schwierig. Ansonsten würde ich mich auch über Nils Landgren sehr freuen – wenn der mit seiner Funk Unit auftritt, geht richtig die Post ab.

>>> Konzerte der Jazz Initiative Dinslaken

Die Jazz Initiative lädt zu 12 bis 15 Veranstaltungen im Jahr ein, die nur mithilfe des ehrenamtlichen Teams und der Sponsoren zu stemmen sind. Alle Infos zu kommenden Veranstaltungen sind auf der neuen Internetseite zu finden: www.dinjazz.de

Der nächste Termin steht bereits fest! Am Samstag, 11. Juni, lädt der Verein ab 19.30 Uhr zum Jazz Hopping ein. Das Konzept: Live-Musik an fünf Spielorten, sodass Jazz-Fans von Kneipe zum Café zur Tiefgarage und wieder zur Kneipe hoppen, also wandern, können.

Mit dabei sind Chris Kramer Beatbox ‘N’ Blues (Maaß), Robert Mayer Band (Tiefgarage Stadtbibliothek), Jazando Guitar Duo (Schnierstrax), Les Connaisseurs (Barese) und Tropical Turn Quartett (König am Altmarkt).

Die Sax Puppets spielen beim Jazz Hopping am 11. Juni in der Dinslakener Innenstadt.
Die Sax Puppets spielen beim Jazz Hopping am 11. Juni in der Dinslakener Innenstadt. © Sax Puppets

Musikalisch wird’s sogar schon vorher – mit den Sax Puppets, einem professionellen Saxophon-Trio. Die drei maskierten Musiker (ohne Maske sind sie übrigens Les Connaisseurs) ziehen zwischen 13 und 15 Uhr mit einem Bollerwagen und den verschiedensten Instrumenten durch die Innenstadt.