Dinslaken. Vom ersten Takt an verbreitet Mike Field mit seinem Quintett positive Energie im Ledigenheim.

Und ab geht der Walking-Bass. Das Mike Field Quintett beginnt den Abend mit einem Boogie und gleich das zweite Solo geht an den Schlagzeuger. Mike Field bläst die Trompete und das Ledigenheim wird zum Jazzclub wie Anno Dazumal. Was der Kanadier in seinen eigenen Kompositionen macht, ist ebenso „vintage“ wie die Standards, die er im Gepäck hat. Die Gäste der Jazz Initiative Dinslaken erlebten am Freitagabend ein Konzert mit „purem“ Jazz, was heutzutage durchaus erwähnenswert ist. Denn das Genre hat sich ja längst weiterentwickelt und sich vor allem anderen Stilen geöffnet.

Zwei mal fünfzig Minuten

Doch bevor nun ein falscher Eindruck entsteht: Es machte Spaß, mal wieder traditionellen Jazz zu hören und Mike Field spielt ihn mit so viel Spaß, Lebendigkeit und Spielfreude, dass seine gute Laune einfach ansteckend ist. Vom ersten Stück an war Stimmung im Saal und das sollte weit über die angekündigten zwei mal fünfzig Minuten so bleiben. Nach der langen Coronapause hatte der Kanadier, der vor der Pandemie seine alljährliche Tour von Los Angeles über Neuseeland und Australien nach Europa plante, einfach Lust, mit seiner deutschen Band Musik zu machen und es gab wohl niemanden im Publikum, der ihn daran habe hindern wollen – abgesehen davon, dass die Rhythmusgruppe ohnehin nicht zu stoppen gewesen wäre.

Einfach nur Jazz, einfach nur entfesselte positive Energie. Mike Field plaudert auf Deutsch, schwärmt vom Airbus-Flug im Cockpit, in das er von einem Piloten und Fan seiner Musik eingeladen wurde. Derart inspiriert düst er durch seine eigenen Kompositionen, zitiert in seinen Soli aber ebenso gerne Klassiker wie „O when the Saints“ und „St. James Infirmary“.

Für einen Indie-Musik-Preis nominiert

Standards unter anderen von Thelonious Monk, die Highlights des Abends stammen allerdings aus Mike Fields eigener Feder.

„The last of Summerdays“ ist eine feinste Jazz-Ballade mit Soundtrack-Aura, das Stück wurde auf Fields Album gesungen und war völlig zu recht für einen Indie-Musik-Preis in Kanada nominiert.

Das Prozedere der Einreisekontrollen in die USA zieht eine Natur wie Mike Field nicht herunter, sondern inspirierte ihn zum verrückten „Dance of the Biometres“, eine wahnwitzige Mischung aus Polka und Säbeltanz.

Der Geist und der Zeitungsjunge

Und dann ist da noch die Sache mit dem Geist. Weder habe er ein Gespenst zu Hause, noch nehme er die Dienste eines Zeitungsjungen in Anspruch. Aber er komponiere auch nicht bewusst, sondern zu ihm kämen Ideen und Melodien, denen gegenüber er sich verpflichtet fühle, sie aufzuschreiben und zu spielen Und so entstand „The Ghost and the Paperboy“, ein Stück für die Addams Family oder Tim Burtons Jazz-Club-Unterwelten, das vor Lebendigkeit strotzt und einfach nur höllisch viel Spaß macht.

Mike Fields Energie ist ansteckend, sie überträgt sich auf seine deutsche Band. Der Kanadier spielt in jedem Land mit örtlichen Musikern, als er vor neun Jahren die Termine für seine erste Deutschlandtour buchte, schrieb er anschließend die Pop-Akademie Baden-Württemberg in Mannheim an und fragte nach den besten Studenten bzw. Altstudenten. Seitdem begleiten ihn Tobias Altripp (p), Thomas Groß (sax), Johannes Hamm (dr) und Simon Schallwig (b) bei seinen Konzerten hierzulande und teilen seine überbordende Spielfreude. Das Publikum: begeistert.