Haldern. Vor einem Jahr machte das Land dicht - wegen Corona. Ein zwangsläufig stilles Jahr also auch für die Macher des Haldern Pop Festivals.

Gäbe es nicht nur Kulturhauptstädte, sondern auch Kulturhauptdörfer: Haldern wäre längst schon Kulturhauptdorf Europas gewesen. Vielleicht gerade im Corona-Jahr. In seinem Büro mit Blick auf den Marktplatz mit Maskenpflicht und seinen vier Ständen (Gemüse, Backwaren, Milchprodukte, Metzgerei – alles, was man braucht) sitzt Stefan Reichmann und ärgert sich ein wenig, dass er sich schon wieder zu einer Waffel hat verleiten lassen.

Trotz Corona in Bewegung bleiben, ist das Schwierigste, vor allem den Winter samt Quarantäne hat er überstehen müssen. Was ihn in Bewegung hält – vor allem geistig -, ist Haldern Pop: Ein 38 Jahre altes Festival, das längst über ein Konzerterlebnis herausgewachsen ist. Letztes Jahr mussten sie absagen und über 7000 Menschen das Geld zurückerstatten.

Das Festival 2020 fand im Internet statt: Parallel in Haldern und in Dingle (Irland), eine neue Kooperation und ein bisschen neues Leben. Mit Kaltern Pop gibt es seit einigen Jahren eine jüngere Festival-Schwester in Südtirol. Daraus leitet Haldern Pop seine Idee eines Europas der Dörfer ab.

Stefan Reichmann will auch die Pop-Bar am Leben erhalten

Warum, so Reichmann, vernetzten wir uns nicht noch mit mehr Dörfern? In Estland, Österreich, Spanien, wo auch immer? Popmusik ist spätestens seit Woodstock politisch. Haldern könnte helfen, über den Graben zwischen Stadt und Land Brücken zu bauen. Das Nachdenken, wie es sich gesund leben lässt, ist virulent wie nie. Und das Gefälle zwischen Metropolen und ländlichem Raum, das so viele politische Dinge ins Rutschen gebracht hat? Vielleicht lässt sich dort ja Schwung nehmen für neue Entwicklungen.

Stefan Reichmann hat aufgeräumt, sich selbst und die Dinge und Ideen geordnet, gemalt, geschrieben, nachgedacht. Sogar ein Kartenspiel entwickelt: Die weiße Petra - das bunte, emanzipierte Gegenstück zum Schwarzen Peter. In der Ruhe liegt die Kraft für neue Ideen.

Und dennoch: Zuviel Ruhe macht unruhig. Stefan Reichmann will auch die Pop-Bar am Leben erhalten, mittwochs gibt es jetzt dort Fensterverkauf mit Kaffee und Kuchen, samstags zur blauen Stunde Cocktails und wenn es zu kalt ist, auch mal einen Glühwein. Kleine Andenkenboxen mit den vielen neuen Kleinigkeiten haben sie verschickt - um das Festival und seine Ideen lebendig zu erhalten. Da drin ist unter anderem Gras – nicht zum Rauchen, sondern niederrheinische Wiese. Gemäht, wo sonst beim Festival die Zelte stehen.

Lesen Sie hier die weiteren Folgen aus der Serie „Lockdown auf dem Land":