An Rhein und Ruhr. Minus 47%: Kammerberechnungen sagen vielen Bauern in NRW fürs laufende Wirtschaftsjahr katastrophale Betriebsergebnisse voraus.

"Viele Bauern denken aktuell ans Aufgeben", berichtet Bernhard Rüb, Sprecher Landwirtschaftskammer NRW, gegenüber der Redaktion (26. Januar 2021). Vor allem Schweinehalter und Milchbauern lassen sich laut Rüb ein mögliches Betriebsende derzeit von Kammer-Beratern durchrechnen. Die einen plagen Existenzsorgen, weil der Schweinefleisch-Preis drastisch eingebrochen ist. Die anderen haben in Kuhställe investiert und fragen sich, ob sie sich weitere Kredite noch leisten können.

Und die jetzt vorliegende Prognose für laufende Wirtschaftsjahr 2020/2021 lassen die Sorgen noch größer werden. Experten der Landwirtschaftskammer gehen davon aus, dass das durchschnittliche Betriebsergebnis in NRW nur bei 36.600 Euro liegen wird - ein Minus von 47% gegenüber 2019/2020.

"Für Ferkel zahlt man mittlerweile drauf"

Die Prognose beruht auf einer Stichprobe von 876 Haupterwerbsbetrieben. Eingeflossen sind Halbjahreszahlen, Erntemengen sowie die Entwicklung von Preisen und Kosten. Betriebsergebnisse sind keine Netto-Einkommen. Private Steuern und Versicherungen etwa gehen davon noch ab.

Besonders düster sind die Aussichten für Schweinehalter, die im vorangegangen Wirtschaftsjahr angesichts guter Preise noch gut verdient hatten. Hier sagt die Prognose ein Minus 85% beim Betriebsergebnis voraus, in der speziellen Gruppe der Schweinezüchter sogar ein Minus von fast 97%.

Bessere Preise für Schweinefleisch nicht in Sicht

Die Preissituation hat sich komplett gedreht. Export-Beschränkungen infolge der Tierseuche ASP in Ostdeutschland haben wichtige Märkte wie China wegbrechen lassen. "Für Ferkel zahlen Sauenhalter mittlerweile drauf", sagt Kammersprecher Rüb. Es sei nicht absehbar, dass die Preise wieder anziehen. In Kühlhäusern liege immer mehr Schweinefleisch auf Lager.

Bei Futterbaubetrieben geht die Prognose davon aus, dass das Betriebsergebnis um 9,3% zurückgeht, in der speziellen Gruppe der Milchviehbetriebe um 11,2%. "Das wäre dann hier das dritte Jahr in Folge mit einem Minus", sagt Rüb. Abwärts geht es auch beim Ackerbau (-18,0%), Ausnahme: der Getreidebau (+5,9%).

Junge Leute entscheiden sich bewusst für den Beruf

Insgesamt 33.600 landwirtschaftliche Betriebe gab es laut jüngster Zählung zuletzt in NRW. Kammersprecher Rüb hebt im Gespräch mit der Redaktion hervor, dass sich trotz düsterer aktueller Prognosen weiter junge Menschen für den Beruf des Landwirt entscheiden, und das sehr bewusst: "Das sind junge Leute, die wollen hinaus in die Natur, die wollen mit Tieren arbeiten, Verantwortung übernehmen."

Insgesamt 552 Ausbildungs- oder Umschulungsverträge wurden im vergangenen Jahr in NRW für den angehende Landwirte neu abgeschlossen, gegenüber 2019 ist diese Zahl praktisch unverändert (-1). Unter den Azubis seien Hofnachfolger, aber eben nicht nur: "50% kommen von außerhalb der Landwirtschaft", sagte Rüb.