Am Niederrhein. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes warnt vor einer Verlagerung von Landwirtschaft ins Ausland. In Wesel fand der Bauerntag statt.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hat davor gewarnt, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirte massiv einzuschränken. „Das wird dazu führen, dass Landwirtschaft verlagert und unsere Lebensmittel zunehmend aus dem Ausland kommen“, sagte Rukwied an diesem Montag (17. Januar 2020) der Redaktion. Der Bauernverband hat in Deutschland 270.000 Mitglieder.

Rukwied äußerte sich mit Blick auf geplante Verschärfungen der Düngeverordnung, mögliche starke Einschränkungen durch das Aktionsprogramm Insektenschutz und sich abzeichnende, weitgehende Veränderungen in der Tierhaltung. Beim Bauerntag in der Niederrheinhalle in Wesel sprach er am Montagabend vor 600 Landwirten. Auch die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) ist eingeladen. Veranstalter ist der Rheinische Landwirtschafts-Verband.

Kritik an Niedrigpreiskampagnen des Handels

Rund 600 Landwirte waren am Montagabend beim Bauerntag in der Niederrheinhalle in Wesel.
Rund 600 Landwirte waren am Montagabend beim Bauerntag in der Niederrheinhalle in Wesel. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Bei der Veranstaltung kritisierte der rheinische Bauernpräsident Bernhard Conzen die aktuellen Niedrigpreiskampagnen des Handels. Diese seien „kein Ausrutscher, sondern Fortsetzung einer jahrelangen Reihe von Dumpingpreisaktionen des Handels. „Wir fordern faire Bedingungen auf den Märkten für Lebensmittel- notfalls auch mit kartellrechtlichen Maßnahmen“, so Conzen, die EU-Richtlinie gegen Preisdumping müsse 1:1 umgesetzt werden.

Auch interessant

Große Sorgen bereitet den Bauern der Flächenfrass, immer mehr landwirtschaftliche Flächen müssen für Straßen, neue Wohn- und Gewerbeflächen weichen. NRW-Landwirtschaftsministerin Heinen-Esser kündigte ein Flächensparprogramm für NRW an. In 14 Tagen werde sie es dem Kabinett vorlegen. Flächenpools, -Zertifikate und Kompensationsflächen: „Da ist alles drin, was Sie als Landwirte beschäftigt.“

Verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung für Fleisch und Wurst

„Der Landwirtschaftsstandort Deutschland muss erhalten bleiben“, forderte Rukwied im Gespräch mit der Redaktion. Er betonte gleichwohl, die Landwirte stünden einem Veränderungsprozess offen gegenüber – „wenn dieser mit Augenmaß angelegt ist“. Die Bauern benötigten Planungssicherheit über viele Jahre. Rukwied forderte eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung für Fleisch- und Wurstwaren. Verbraucher müssten sich bewusst sein, dass Lebensmittel einen höheren Wert hätten: „Wer beispielsweise mehr Tierwohl will, muss auch mehr Tierwohl kaufen.“

Auch interessant

Gerade am Niederrhein sind Nitratbelastungen im Grundwasser und die Düngeverordnung ein großes Thema. „Wir haben immer gesagt: sauberes Grundwasser hat höchste Priorität“, betonte Rukwied. Er wies daraufhin, dass Wasser „ein langes Gedächtnis“ habe. „Wir sind davon überzeugt, dass die neue, aktuelle Düngeverordnung von 2017 bereits wirkt“, sagte der Bauernpräsident. Eine weitere Verschärfung helfe dem Wasser nicht, sondern schade allein den Bauern. Er nannte eine weitere Verschärfung „auch in Teilen fachlich unsinnig“. „Auf die Probleme bei den Messstellen haben wir als Verband seit langem hingewiesen“, sagte Rukwied.

Rukwied: Bauernproteste zeigen den Ernst der Lage

Die seit Monaten anhaltenden Bauernproteste bezeichnete Rukwied als „ein beeindruckendes Lebenszeichen der gesamten Branche“, zugleich aber auch als Ausdruck des Ernstes der Lage. Die Bauern hätten es geschafft, das Thema Landwirtschaft und Lebensmittelpreise ins Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken: „Das ist ein großer Erfolg.“ Die Politik müsse jetzt handeln.

Wirbt für Veränderungen „mit Augenmaß“: Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes.
Wirbt für Veränderungen „mit Augenmaß“: Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes. © dpa | Annette Riedl