An Rhein und Ruhr. Seit Montag können Eltern ihre Schulkinder von der Präsenzpflicht befreien, Kitas sollen „herunterfahren“. So sah es an Rhein und Ruhr aus.

  • Seit Montag können Eltern in Nordrhein-Westfalen ihre Kinder von der Präsenzpflicht in den Jahrgangsstufen eins bis sieben befreien lassen. Das wurde am vergangenen Freitagmittag bekannt gegeben.
  • Doch auch wenn die Präsenzpflicht für Schulkinder aufgehoben wurde, läuft bis zum Beginn der Weihnachtsferien am kommenden Freitag, 18. Dezember, noch normaler Unterricht.
  • Auch bei den Kitas gibt es weitere Änderungen. Vier Wochen lang, zwischen dem 14. Dezember und dem 10. Januar, sollen die Kitas laut NRW-Familienministeriumheruntergefahren“ werden. Eltern sollen ihre Kinder nur in den Kindergarten bringen, „wenn es unbedingt nötig ist“ - geschlossen werden die Einrichtungen aber nicht. Ein Überblick.

„Et hätt noch emmer joot jejange“, mit diesen Worten will Thomas Urner, Schulleiter der Heinrich-Pattberg-Realschule aus Moers Zuversicht vermitteln. „Bei uns hat der Tag heute erstaunlich gut geklappt, die Eltern sind mittlerweile sensibilisiert und haben rechtzeitig auf unsere Webseite geschaut.“ Je nach Klasse seien am Montag nur 30 bis 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler zum Unterricht erschienen. Es habe zusätzlich Signale von Eltern gegeben, ab Dienstag mehr Kinder zuhause lassen zu wollen.

Erst am vergangenen Donnerstag habe die Schule das Konzept zum Distanzunterricht überarbeitet. „Just in time“, wie Urner sagt. Von den meisten Eltern gebe es aktuell Unterstützung. Trotzdem: „Man hat schon im Frühjahr gemerkt, der Lockdown hat den Kindern nicht gut getan.“ Hoffnungsvoll hat er deshalb die Klausuren nicht gestrichen, sondern auf den späten Januar geschoben. Vielleicht sieht es dann ja besser aus.

An Weseler Gymnasium herrscht Erleichterung

Dorothée Brauner, Leiterin des Andreas-Vesalius-Gymnasiums in Wesel, wirkt am Montagmittag erleichtert, wurde sie am vergangenen Freitag noch von der Nachricht des Ministeriums überrumpelt. „Wir hatten am Freitag alles weitestgehend geregelt“, doch dann wurde auch am Wochenende gearbeitet. Es habe Absprachen im Kollegium sowie eine breite Kommunikation auf den Online-Kanälen gegeben. „Heute Morgen sind dann erst einmal alle Lehrer für Stufe fünf erschienen, um die Schüler aufzuteilen.“ In Stufe sechs seien nur ein paar Kinder und in Stufe sieben sei nur ein Schüler erschienen.

Ab Dienstag würden insgesamt zwölf Schüler erwartet. Die meisten Lehrer könnten von zuhause aus unterrichten, nur ein paar würden in die Schule kommen. Eine Konsequenz hat Schulleiterin Brauner schon gezogen. „Alle Klausuren entfallen bis Ende des Halbjahres.“ Ausnahme bildet hier die Q2, die in Vorbereitung auf das Abitur noch stärkeren Prüfungsbedarf habe.

Eine Abmeldung von der Schule gilt jetzt bis zu den Ferien

Auch an den Emmericher Schulen musste am Wochenende der weitere Schulbetrieb organisiert werden. „Die Stadt als Schulträger muss da den Schulleitungen und Lehrern ein Lob aussprechen, da ist ihnen an diesem Wochenende einiges abverlangt worden“, so Stadtsprecher Tim Terhorst.

In Essen herrschte am Montagmorgen teils noch große Verwirrung bei allen Beteiligten nach der kurzfristigen Mitteilung am Freitag vom NRW-Schulministerium. Die Telefone in den Schulsekretariaten stehen nicht mehr still. Viele Eltern glaubten, dass die Schulen nicht bereits am Mittwoch schließen.

Kritik: Ministerium meldet sich meist am Freitagnachmittag

Als Leiter der Kinder- und Jugendpolitik des AWO Kreisverbands Wesel ist Benjamin Walch für 23 Kitas zuständig und bekommt viel Feedback zu den aktuellen Maßnahmen der Landesregierung. Er habe sich zum Wohle seiner Mitarbeitenden eine Übergangszeit von der Kitabetreuung zur früheren Schließung gewünscht: „Ich kann die Bedürfnisse der Eltern nach einem Betreuungsplatz natürlich verstehen, hätte aber die Kitas analog zu den Schulen zugemacht.“

Schwierig findet er den Zeitpunkt der Kommunikation. „Die Landesregierung gibt seit März neue Mitteilungen an Freitagnachmittagen heraus“, für den Kita- oder Schulbetrieb eine ungünstige Zeit. „Ich würde mir bei solchen Entscheidungen mehr Praxisnähe wünschen. Dazu gehört mehr Zeit zur Vorbereitung, aber auch Rücksichtnahme auf die Belastbarkeitsgrenzen der Mitarbeiter. Denn auch deren persönliche Ressourcen sind endlich.“

Freitag kam die Empfehlung, Sonntag eine Änderung

Das kann Kitaleiterin Sonja Pozuela-Guzman aus Moers bestätigen. „Es ist wieder sehr aufregend.“ Freitag sei die Empfehlung gekommen, Sonntag noch mal eine Verschärfung. Kinder sollten nur in die Kita gebracht werden, wenn es dringend nötig sei. „Dabei wurden viele Schlupflöcher gelassen, außerdem wurden unsere Ferien im Gegensatz zu den Schulen nicht geändert. Wir haben ab 4. Januar wieder geöffnet.“ Am Montag seien von 83 angemeldeten Kindern immerhin noch 45 in der Kita gewesen. „Manche Eltern wussten auch nicht, was gerade Vorgabe ist und dachten, die Kita würde am Mittwoch komplett schließen.“

Man könne die deutlich gestiegenen Infektionszahlen spüren, erzählt Pozuela-Guzman. Alleine in ihrer Kita Bauklötzchen seien seit Oktober vier Mitarbeiterinnen an Corona erkrankt, zwei davon mit langfristigem Krankheitsverlauf. Aktuell würden von 14 Mitarbeiterinnen fünf fehlen. „Wir Erzieher sind doch das schwächste Glied und immer der Gefahr ausgesetzt. Wir bräuchten hier alle mal dringend Urlaub.“

Von den Kitas ist viel Flexibilität gefragt

Angelika Franzkowiak, Kitaleiterin der Weseler Regnitstrolche, konnte ebenfalls einen starken Unterschied der Gruppenstärke im Vergleich zur Vorwoche verzeichnen. „Zwischen einem Drittel und der Hälfte der Kinder sind heute zuhause geblieben.“ Personell sei die Kita gerade ganz gut aufgestellt. „Wir sind da und wir betreuen!“, auch wenn die kurzfristigen Änderungen viel Flexibilität erfordern würden.

Wie viele Kinder vor Ort oder bereits zu Hause betreut wurden, konnte der Stadtsprecher aus Dinslaken am Montag noch nicht beantworten. Die Schulen und Kitas hätten „heute alle Hände voll zu tun“ gehabt, weswegen man einen entsprechenden Überblick noch nicht koordinieren können. (mit akw/ tt/ MarS)