Berlin. Sie soll Die Linke in den Bundestag führen – und führt die AfD bei TikTok vor: Heidi Reichinnek. Die linke Frontfrau im Steckbrief.
- Heidi Reichinnek ist eine von zwei Spitzenkandidatinnen der Partei Die Linke
- Die Bundestagsabgeordnete sticht mit einem Fokus auf junge Menschen aus der Masse
- Tätowiert und bei TikTok extrem erfolgreich: Was gibt es über Reichinnek noch zu wissen?
Sozialistin, Feministin und Antifaschistin – so bezeichnet sich Heidi Reichinnek selbst. Sie ist die eine Hälfte des Spitzenduos, mit dem die Partei Die Linke in den Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 zieht. Zusammen mit Jan van Aken soll Reichinnek die nach der Abspaltung der Gruppe um Sahra Wagenknecht schwer gebeutelte Partei über die Fünf-Prozent-Hürde ins Parlament hieven oder wahlweise drei Direktmandate gewinnen.
Reichinnek, Jahrgang 1988, sorgt dabei für einen jungen Sound im Bundestag, gilt aber auch als Garantin für die Interessen der Menschen aus Ostdeutschland. Und: Sie spricht gezielt junge Menschen an: Auf TikTok ist sie mit Kurzvideos sehr erfolgreich, lässt die AfD dort alt aussehen. Was gibt es über die Linken-Politikerin noch zu wissen? Lesen Sie jetzt: den Steckbrief.
Heidi Reichinnek – Die wichtigsten Infos
Name | Heidi Reichinnek |
Geburtsdatum | 19. April 1988 |
Amt | Co-Gruppenvorsitzende |
Partei | Die Linke |
Parteimitgleid seit | 2015 |
Reichinnek stammt aus Sachsen-Anhalt, wo sie am 19. April 1988 in Merseburg zur Welt kommt. Sie wächst in Obhausen auf, besteht ihr Abitur im Jahr 2007, geht für ein Politik-Studium nach Halle, das sie im Jahr 2013 abschließt. Während ihrer Studienzeit verbringt sie ein Semester in Ägypten, wo sie die Demonstrationen und Aufstände des Arabischen Frühlings miterlebt. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Projekt des Auswärtigen Amts und bis zu ihrem Einzug in den Bundestag unter anderem als pädagogische Mitarbeiterin in der Jugendhilfe; dort gibt sie geflüchteten jungen Menschen Sprachunterricht. Sie lebt in Osnabrück.
- Ausbildung: Abitur und Studium der Politikwissenschaft; 2013 Master-Abschluss in Politik und Wirtschaft des Nahen und Mittleren Ostens.
- Beruf: Nach dem Studium arbeitet Reichinnek unter anderem am Centrum für Nah- und Mitteloststudien in Marburg, in der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter, in der Demokratieförderung und in der Jugendhilfe.
- Musikgeschmack: Reichinnek ist bekennende Metallerin. Harte, schnelle Gitarren geben ihr Energie „und gute Laune“.
Heidi Reichinnek bei der Linken: Stationen ihrer Karriere
Die Politikerin Reichinnek trat 2015 in die Partei Die Linke ein, aus dem Antrieb heraus, „die Lebensverhältnisse für Frauen, Kinder und arme Menschen zu verbessern“, wie sie sagt. Sie sitzt zwischen 2016 und 2021 als Mitglied der Linksfraktion im Stadtrat von Osnabrück, ist von 2017 bis 2019 Landessprecherin der Linksjugend [‘solid] Niedersachsen und anschließend bis 2023 Vorsitzende des niedersächsischen Landesverbandes der Partei.
2021 schafft sie knapp den Sprung in den Bundestag über die Landesliste. Die Fünf-Prozent-Hürde reißt die Linke zwar, drei Direktmandate retten die Partei doch noch ins Parlament. „Zwei Herzen schlugen in meiner Brust“, erinnert sie sich an den Wahlabend. „Einerseits war ich glücklich über meinen Erfolg, andererseits war (das Wahlergebnis, d. Red.) sehr ernüchternd.“
Nach der Auflösung der Linksfraktion im Bundestag am 6. Dezember 2023 war Reichinnek zunächst fraktionslos, seit dem 2. Februar 2024 ist sie Co-Vorsitzende der Bundestagsgruppe Die Linke. Für die Bundestagswahl 2025 ist sie eine von zwei Spitzenkandidatinnen.
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Heidi Reichinnek: Das sind die Themen der Linken-Spitzenfrau
Heidi Reichinnek ist eine Linke, ihre politische Überzeugung geht – sprichwörtlich – unter die Haut. Ihren linken Arm zieren die Konterfeis von Rosa Luxemburg und der ägyptischen Königin Nofretete, die eine Gasmaske trägt – eine Erinnerung an den arabischen Frühling und die Rolle der Menschen, „die gesagt haben, wir gehen jetzt auf die Straße, egal was passiert“, wie sie in einem Video der Partei verrät. Die KPD-Gründerin Luxemburg sei ihr politisches Vorbild. Sie habe gezeigt, dass hinter der Politik Menschen steckten, und dafür seien Politiker da. „Nicht als Selbstzweck, sondern weil wir was für die Menschen erreichen wollen.“
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Ihre Themen trägt Reichinnek aber nicht nur als Tattoos spazieren. Im Bundestag gehört sie unter anderem dem Ausschuss für Familie, Senioren, Jugend und Frauen an, war frauenpolitische Sprecherin der ehemaligen Linksfraktion und setzt sich für den Ausbau von Frauenhäusern in Deutschland ein.
- Junge Menschen: Reichinnek versteht sich als Stimme von Kindern und Jugendlichen im Bundestag. In der Kommunalpolitik habe sie gelernt, dass man „wirklich was erreichen kann“ für die Menschen, die einem wichtig sind. Sie habe mehr erreichen wollen als das, was auf kommunaler Ebene möglich ist, „und das geht halt nur im Bundestag“. Dort betreibe sie „Lobbyarbeit im besten Sinne“, unter anderem für eine Kindergrundsicherung.
- Frauen: Als frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion hatte sich Reichinnek für Alleinerziehende eingesetzt und dafür, die Situation von Müttern zu verbessern. Am Herzen liegt ihr auch die Aufwertung von als weiblich verstandenen Berufen, etwa in der Pflege oder Erziehung: mehr Gehalt, bessere Arbeitsbedingungen.
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Heidi Reichinnek: Bei TikTok fast ein Superstar
Reichinnek gehört zu den jüngeren Mitgliedern des Bundestages, versteht sich dort als Vertreterin der Generation Z und der Millennials – und hat es, als eine der wenigen demokratischen Politikerinnen überhaupt, geschafft, die Zielgruppe ihrer Politik da zu erreichen, wo die sich aufhält: in den sozialen Medien, besonders: auf TikTok. 250.000 Menschen folgen ihr auf der Kurzvideoplattform, 8,7 Millionen Likes – der Goldstandard der Plattform – haben ihre Inhalte bislang eingesammelt. Selbst die bei TikTok als extrem erfolgreich geltende AfD bringt es nicht auf eine derartige Resonanz. Der ehemalige Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, etwa schafft rund 872.000 Likes, AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel erzielt insgesamt 2,7 Millionen.
Sie selbst erklärt sich ihren Erfolg auf bei TikTok so: „Die Kommentare ernst nehmen, Fragen ernst nehmen, entsprechend reagieren und den Leuten zeigen: Was möchte ich politisch für euch verändern.“ Kommunikation auf Augenhöhe nennt Reichinnek ihre Strategie, mit der sie „TikTok nicht der AfD überlassen“ will, wie sie der ARD sagte. „Kinder und Jugendliche leben auf ihren Mobiltelefonen“ – dort will Reichinnek sie erreichen und ihnen eine Alternative zur Alternative für Deutschland anbieten.
@heidireichinnek Why they so obssessed with that 😒💅 Mal ehrlich, lasst uns doch unsere Zeit sinnvoll nutzen. #gendern #noafd #bundestag #dielinke #politiktok #politik #queer #feminismus ♬ Originalton - Heidi Reichinnek, MdB
Ihre Inhalte funktionieren auch deswegen. Reichinnek demontiert in ihren Videos die parlamentarische Arbeit der AfD-Bundestagsfraktion, die sich unter anderem mit Anträgen zu geschlechtergerechter Sprache hervortut – Reichinneks meistgesehenes Video ist ein Zusammenschnitt einer ihrer Bundestagsreden, in der sie den Rechtspopulisten „Genderwahn“ vorwirft und zeigt, wozu die AfD keine Anträge vorlegt: Frauenhäuser oder Gewalt gegen Frauen.