Berlin. Fraktionschef, Parteichef, Kanzlerkandidat: Friedrich Merz ist der starke Mann der Union. Er blickt auf eine lange Karriere zurück.

Friedrich Merz hatten viele Politikbeobachter schon abgeschrieben. Im parteiinternen Machtkampf gegen Angela Merkel unterlegen, schied Merz Ende Oktober 2009 aus dem Bundestag aus und widmete sich seiner Anwaltskarriere – bis zum Oktober 2018. Seither ist viel geschehen.

Merz wurde CDU-Chef, Fraktionschef, Kanzlerkandidat. Was gibt es über den starken Mann der Union noch zu wissen? Der Steckbrief zu Friedrich Merz.

Friedrich Merz: Kanzlerkandidat im Steckbrief

NameJoachim-Friedrich Martin Josef Merz
Geburtsdatum11. November 1955
AmtCDU-Vorsitzender, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
ParteiCDU
Parteimitglied seit1972
FamilienstandVerheiratet, drei Kinder
Größe1,98 Meter
WohnortArnsberg

Friedrich Merz: Frau, Kinder, Vermögen – Das Privatleben des CDU-Chefs

Joachim-Friedrich Martin Josef Merz kommt am 11. November 1955 in Brilon (Nordrhein-Westfalen) auf die Welt. Er ist das älteste von vier Kindern einer westfälisch-hugenottischen Familie. Sein Vater, Joachim Merz, ist Jurist, war Richter am Landgericht Arnsberg.

  • Ausbildung: Merz besucht das Gymnasium, sein Abitur besteht er 1975. Es folgt der Wehrdienst bei der Artillerie der Bundeswehr, dann das Studium der Rechtswissenschaften. Als Stipendiat der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung besucht Merz die Universitäten in Bonn und Marburg, legt 1982 das Erste Staatsexamen ab, besteht 1985 das Zweite Staatsexamen, ist kurz als Richter auf Probe tätig und geht 1986 als Rechtsanwalt zum Verband der Chemischen Industrie.
  • Familie: Während des Studiums heiratet Merz seine heutige Ehefrau Charlotte Merz, geborene Gass. Sie ist Juristin und als solche Direktorin des Amtsgerichts Arnsberg. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sie bekannt, als sie sich mit ZDF-Humorist Lutz van der Horst anlegte und dafür eine Rüge vom Presserat kassierte. Das Paar hat drei Kinder, einen Sohn und zwei Töchter – insgesamt sieben Enkel – und lebt in Arnsberg.
  • Vermögen: Merz selbst zählt sich als Millionär mit Privatflugzeug zur „gehobenen Mittelschicht“. Über wie viel Geld Merz verfügt, ist öffentlich nicht bekannt. Seine Arbeit in der Industrie, für Konzerne wie BASF, Versicherungen wie AXA und Banken wie die Commerzbank hat ihn aber vermögend gemacht, wenn er auch weit entfernt ist von den Sphären eines Elon Musk oder einer Susanne Klatten.
Anreise im Privatflugzeug: CDU-Chef Friedrich Merz und seine Frau Charlotte landen auf Sylt, anlässlich der Hochzeit des damaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner.
Anreise im Privatflugzeug: CDU-Chef Friedrich Merz und seine Frau Charlotte landen auf Sylt, anlässlich der Hochzeit des damaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner. © dpa | Axel Heimken

Friedrich Merz in der CDU: Wichtigste Stationen seiner Karriere

Die Parteikarriere von Friedrich Merz beginnt schon im Jahr 1972; als Schüler tritt er der CDU bei, ist kurz Vorsitzender der Jungen Union Brilon. Von 1989 bis 1994 gehört er dem Europäischen Parlament an, dann wechselt er in den Bundestag, dem er zunächst bis 2009 angehört.

Dort beginnt Merz, sich als Finanz- und Wirtschaftsexperte unter dem Partei- und Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble einen Namen zu machen. Der scheitert an der Spendenaffäre, gibt seine Ämter auf und Friedrich Merz übernimmt den Vorsitz in der Fraktion. Der Parteivorsitz aber geht an Angela Merkel, die Merz nach der verlorenen Bundestagswahl 2002 zu ihrem Stellvertreter in der Fraktionsspitze degradiert. Seinen Machtkampf mit der späteren Bundeskanzlerin verliert er im Dezember 2004, als er vom stellvertretenden Fraktionsvorsitz zurücktritt.

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Als Merkel ihn schließlich nach der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 nicht in ihr Kabinett ruft – Finanzminister wird der Sozialdemokrat Peer Steinbrück, Wirtschaft geht an den Christsozialen Michael Glos – ist für Friedrich Merz klar, dass seine Zeit in der Unionsspitze vorerst vorbei ist. Für die folgende Wahl lässt er sich nicht mehr aufstellen und scheidet 2009 aus dem Parlament aus. Es wird ein Abschied auf Zeit sein.

Als CDU-Mitglied übernimmt Merz für die folgenden zehn Jahre den Vorsitz der Atlantik-Brücke, eines Vereins, der die politische und gesellschaftliche Zusammenarbeit zwischen den USA und Deutschland fördert. Sein Geld verdient Merz als Rechtsanwalt, Unternehmensberater und Aufsichtsratsmitglied, zwischen 2016 und 2020 unter anderem bei der Blackrock Asset Management Deutschland AG.

Friedrich Merz: Das ist der CDU-Chef & Kanzlerkandidat

Der CDU-Abgeordnete Friedrich Merz im Alter von 40 Jahren. © picture-alliance / dpa | Sepp_Spiegl
Merz läutet CDU-Fraktionssitzung ein
Friedrich Merz ist vor allem eines: Parlamentarier. Seit 1989 sitzt er für die Union in Parlamenten, erst in Europa, dann in Bonn und schließlich in Berlin. Im Februar 2000 wird er Unionsfraktionsvorsitzender © picture-alliance / dpa | Michael_Jung
CDU-Präsidium Merkel Merz Wulff
Seine politische Karriere ist geprägt vom jahrelangen Machtkampf mit Angela Merkel, der späteren Bundeskanzlerin. Rechts im Bild: Christian Wulff, der stellvertretende Parteivorsitzende und spätere Bundespräsident. © picture-alliance / ZB | Peer Grimm
Bundestag Merkel und Merz
Nach der Bundestagswahl 2002 beansprucht die Parteivorsitzende Merkel Merz‘ Posten in der Fraktion, er wird ihr Stellvertreter. Den Posten wird er gut zwei Jahre später aufgeben. © picture-alliance / dpa | Wolfgang_Kumm
Aidsgala 2001 Berlin Friedrich Merz, Ehefrau Charlotte
Verheiratet ist Friedrich Merz mit Charlotte Merz, geb. Gass, seit 1981. Das Ehepaar hat drei Kinder, einen Sohn und zwei Töchter. © picture-alliance / SCHROE'WIG/CS | SCHROE'WIG/CS
Orden wider den tierischen Ernst - Friedrich Merz
Im Februar 2007 erklärt Merz seinen vorläufigen Abschied aus der Bundespolitik. Er scheidet Ende 2009 aus dem Bundestag aus, arbeitet dann als Unternehmensberater und gehört verschiedenen Aufsichtsräten an, unter anderem beim BVB. © picture-alliance/ dpa | Rolf Vennenbernd
Jahresrückblick 2018
Rückkehr in die Bundespolitik: Im Oktober 2018 verkündet Merz, für das Amt des CDU-Vorsitzenden zu kandidieren. Er wird drei Anläufe benötigen, erst gegen Annegret Kramp-Karrenbauer, dann gegen Armin Laschet unterliegen, bevor er im Januar 2022 schließlich am Ziel ist. © picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
Friedrich Merz / CDU Fraktionsvorsitzender
Die Bundestagswahl 2021 verliert die Union gegen ihren Groko-Juniorpartner SPD. Als Fraktionsvorsitzender wird Merz zum Oppositionsführer. © FUNKE Foto Services | Reto Klar
Im September 2024 schließlich ist Merz am vorläufigen Höhepunkt seiner Macht: Die Union stellt ihn als Kanzlerkandidaten auf.
Im September 2024 schließlich ist Merz am vorläufigen Höhepunkt seiner Macht: Die Union stellt ihn als Kanzlerkandidaten auf. © AFP | Tobias Schwarz
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Sein politisches Comeback gibt Merz kurz nachdem Merkel im Sommer 2018 auf den Parteivorsitz verzichtet und erklärt, 2021 nicht mehr als Kanzlerkandidatin anzutreten. Im Oktober erklärt er, Parteichef werden zu wollen – scheitert bei der Abstimmung im Dezember aber an Merkels Favoritin Annegret Kramp-Karrenbauer. Es wird noch zwei weitere Anläufe brauchen. Im Januar 2021 wird Armin Laschet, nicht Merz, Merkels Nachfolger an der Parteispitze. Zu konservativ scheint Merz den Parteieliten, die sich darauf einstellen, mit den Grünen in eine Koalition zu müssen.

Doch Laschet verpatzt den Wahlkampf und verliert gegen Olaf Scholz. Die Union geht, nach 16 Jahren auf der Regierungsbank, in die Opposition. Der Weg für Merz an die Spitze ist frei – in einer Mitgliederabstimmung wählt ihn die Parteibasis, die sich eine konservativere CDU wünscht, im Dezember 2021 zu ihrem Chef. Der Parteitag im Januar 2022 bestätigt das Votum – mit 94,62 Prozent Zustimmung..

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Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz beim Wahlkampfauftakt für die Landtagswahlen von Thüringen und Sachsen. © FUNKE Foto Services | Sascha Fromm

Friedrich Merz: Die Kernthemen des Kanzlerkandidaten

Wofür steht Merz? Sein Biogramm der Konrad-Adenauer-Stiftung beschreibt es so: Er sei in der Merkel-Ära eine Identifikationsfigur gewesen für viele, „die mit dem Regierungskurs der CDU unzufrieden waren und sich um Profil und Deutungsmacht der Union sorgten“. Merz, der Anti-Merkel.

2007 schrieb die „Welt“ über Merz, als er gerade seinen Abschied aus dem Bundestag angekündigt hatte: „Er ist ein richtiger Konservativer: Familie, Kinder, Kirche, Vaterland und möglichst nicht so viele Ausländer“. Seither hat sich Deutschland stark verändert, das ist auch am CDU-Chef nicht vorbeigegangen. Familie etwa schließt homosexuelle Paare längst mit ein und so hielt es Merz 2018 für „richtig“, dass LGBTIQ-Partnerschaften denen von heterosexuellen Menschen gleichgestellt sind.

  • In der Migrationspolitik vertritt Merz eine Law-and-Order-Haltung, die zeitweise bis zu der Vorstellung reichte, das Recht auf Asyl müsse für Menschen aus bestimmten Ländern eingeschränkt werden. Im Wahlprogramm der Union findet sich nun die Forderung nach einer strikten Begrenzung der Migration - einschließlich Grenzkontrollen und einer konsequenten Zurückweisung illegaler Zuwanderer.
  • Im sozialen Bereich will Merz einen Kurswechsel: Das von der Union kritisierte Bürgergeld soll durch eine neue Grundsicherung ersetzt werden. Rentenkürzungen oder eine Anhebung des Renteneintrittsalters soll es nicht geben.
  • Außenpolitisch ist Merz Transatlantiker – und gab zu Protokoll „Trump und ich, wir kämen schon klar“. Was das bedeutet, vor allem in Bezug auf die Ukraine – der Merz Taurus-Raketen liefern will – bleibt abzuwarten.
  • Auch wirtschaftspolitisch wird viel davon abhängen, wie Trump die Beziehung der USA zur EU und zu Deutschland gestaltet. Merz möchte den Standort Deutschland stärken, etwa mit einer Senkung der Netzentgelte für Unternehmen, einer Reform der Unternehmensbesteuerung und dem Abbau von Bürokratie.

Gleichzeitig wird Merz vor demselben Problem stehen, an dem die Ampel zerbrach: Die Frage, wie dringend nötige Investitionen - etwa in die Infrastruktur oder die Verteidigung - finanziert werden sollen. Durch ein Aussetzen der Schuldenbremse? In ihrem Wahlprogramm bleibt die Union vage: Sie bekennt sich grundsätzlich zur Schuldenbremse – lässt aber offen, ob Reformen daran denkbar sind. Merz hat die Tür bereits einen Spalt geöffnet: „Selbstverständlich“ ließe sich der Mechanismus reformieren, die Frage sei aber, zu welchem Zweck.

Friedrich Merz: Erfolge und Kontroversen

Merz‘ größter politischer Erfolg ist es, eine nach dem Ende der Ära Merkel weitgehend führungslose CDU und eine zerstrittene Union wieder zu neuer Geschlossenheit gebracht zu haben. CDU und CSU stehen, nach nicht mal vier Jahren in der Opposition, kurz davor, wieder den Kanzler zu stellen. Sie besetzen Themen, die sie nach rechts bis hinein in die Wählerschaft der AfD anschlussfähig machen – etwa in der Migrationspolitik, wo die Merkel-CDU eine deutlich liberalere Haltung vertrat.

Allerdings: Der CDU-Chef hatte bislang nur Parteiämter inne. Ihm fehlt jegliche Erfahrung in der Regierungsarbeit, auf allen Ebenen. Das schlägt sich in der Beurteilung seiner Fähigkeit, Deutschland zu lenken, nieder: Nur ein Drittel der Wählerinnen und Wähler würde Merz direkt zum Bundeskanzler wählen (Stand: November 2024).

In gesellschaftspolitischen Fragen, wo Merz für bürgerlich-konservative Positionen steht, hat sich der Kanzlerkandidat in den letzten Jahren zu kritisch-kommentierten Äußerungen hinreißen lassen, etwa nach den Silvesterkrawallen 2023, als er Jungen aus Zuwandererfamilien als „kleine Paschas“ verunglimpfte, oder im Zusammenhang mit ausreisepflichtigen Asylbewerbern, die sich angeblich „die Zähne neu machen lassen“, während viele Deutschen auf einen Termin warten müssten.

Ukrainische Geflüchtete bezeichnete Merz als Sozialtouristen, Homosexuelle rückte er sprachlich in die Nähe von Pädophilen. Auf das Coming-Out von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit reagierte er schon 2001 mit den Worten: „Solange er sich mir nicht nähert, ist mir das egal.“

Bis heute kritisch bewertet wird auch die Tatsache, dass Merz 1997 im Bundestag gegen ein Gesetz stimmte, dass die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe stellt. Später begründete er diese Entscheidung mit dem Fehlen einer Widerspruchsklausel im Gesetz, mit dem das Vergewaltigungsopfer eine Strafverfolgung hätte verhindern können. Zudem, so Merz, würde er heute anders entscheiden.