Washington. Militär gegen illegale Einwanderer: Der Einsatz von Soldaten im Inland wäre ein Tabubruch. Und Garant für einen Showdown vor Gericht.
Anthony D. Romero gibt sich keinen Illusionen hin. „Donald Trump wird bald über die volle Macht des US-Regierungsapparats verfügen, um Einwanderer in einem Ausmaß ins Visier zu nehmen und zu vertreiben, wie es unsere Nation noch nie erlebt hat.“
Was der Geschäftsführer der renommierten Bürgerrechts-Organisation „American Civil Liberties Union” meint, ist inzwischen durch den designierten 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten persönlich bestätigt.
Bei der geplanten Abschiebung von mehreren Millionen illegalen Einwanderern will er ein Tabu brechen – den Einsatz nicht nur der den Bundesstaaten unterstehenden Nationalgarde. Sondern auch des regulären Militärs. Obwohl die Armee im Inland nur in Ausnahmefällen in Marsch gesetzt werden kann. Wie will Trump seinen Plan umsetzen?
Elizabeth Goitein, Direktorin des „Liberty and National Security Program” am Brennan Center der New York University: „Was Trump anscheinend plant, ist zu erklären, dass die Einwanderung aus dem Süden eine Invasion darstellt, die von Drogenkartellen verübt wird, die de facto wie auswärtige Regierungen agieren.”
Unter diesen konstruierten Rahmenbedingungen würde Trump den 226 Jahre alten „Alien Enemies Act“ aktivieren. Nach diesem Gesetz darf der Präsident die summarische Verhaftung oder Abschiebung aller männlichen Personen über 14 Jahre anordnen, die in die Vereinigten Staaten eingedrungen sind oder „räuberische Überfälle“ begangen haben.
Roosevelt nutzt den „Alien Enemies Act“ zur Internierung von Deutschen
Präsident James Madison (1809-1812) machte davon während des Krieges 1812 gegen die Engländer Gebrauch. Franklin D. Roosevelt (1933-1945) nutzte das Instrument, um während des Zweiten Weltkriegs Japaner, Deutsche und Italiener internieren zu lassen.
Im aktuellen Fall, davon ist Lee Gelernt, Anwalt der „American Civil Liberties Union”, überzeugt, würde Trump das Recht beugen und sich massiver gerichtlicher Anfechtung aussetzen. „Das Gesetz erfordert eine Invasion durch eine ausländische Regierung. Das ist bei der Einwanderung nicht der Fall.“
Zumal ein weiteres Gesetz, der „Posse Comitatus Act“ von 1878 der Armee im Inland starke Fesseln anlegt.
Elizabeth Goitein geht davon aus, dass es Trump vor allem um die psychologische Wirkung geht. „Den Illegalen soll Angst eingejagt werden.”
„Den Illegalen soll Angst eingejagt werden“
Sie beruft sich dabei unter anderem auf Trumps neuen „Grenz-Zar” Tom Homan. Der frühere Chef der Grenzschutzbehörde ICE bestätigte im US-Fernsehen, dass es gerade am Anfang der ersten Abschiebungswelle darum gehe, „shock and awe“ zu verbreiten – Angst und Ehrfurcht.
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Das Pentagon, das künftig unter republikanischer Führung stehen wird, hält wenig von Trumps Einbettung der Armee in die Strafverfolgung im Inland. Gegenüber US-Medien sprechen Militärs anonym von „reinstem Wahnsinn” und weisen darauf hin, dass die rechtlichen Hürden „sehr hoch sind”.
Dass bereits heute 4000 Angehörige der Nationalgarde entlang der Südwestgrenze die Sicherheitsaufgaben der U.S. Customs and Border Protection (CBP) unterstützen, dürfe nicht mit den viel umfangreicheren Pläne Trumps verwechselt werden.
Militärs weisen darauf hin, dass die Gerichte entscheiden werden, wenn Trump neben dem „Alien Enemies Act“ ein zweites archaisch anmutendes Gesetz ins Feld führen sollte: den „Insurrection Act” von 1807. Es ermächtigt den Präsidenten, die Streitkräfte zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung einzusetzen. „Jeder Aufstand, jede häusliche Gewalt, jede rechtswidrige Vereinigung oder Verschwörung” darf danach vom Militär unterdrückt werden, um bestehende Gesetze durchzusetzen.
Die Demokraten im Kongress kündigen Widerstand an: „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um klarzustellen, dass das Aufstandsgesetz den Einsatz des Militärs nicht zulassen sollte“, sagt Senator Richard Blumenthal (Connecticut). Die Probleme rund um die illegale Einwanderung stellten „keine weitreichende Bedrohung der öffentlichen Ordnung” dar.
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Demokraten kündigen Trump massiven Widerstand an
Dem halten die Republikaner entgegen, dass sich die Einwanderungspolitik der Biden-Regierung „vorsätzlich und systematisch” geweigert habe, Gesetze zu beachten – mit „katastrophalen Folgen für Nation und Bevölkerung”.
Damit scheint programmiert, dass der Oberste Gerichtshof in Washington darüber urteilen wird, ob Streitkräfte des Bundes zivile Strafverfolgungsaufgaben auf amerikanischem Boden übernehmen dürfen. Entscheidend wird sein, ob die Trump-Regierung die neun Top-Richter davon überzeugen kann, dass die illegale Masseneinwanderung tatsächlich von kriminellen Kartellen angetrieben wird und den Charakter einer Invasion hat.
Trump schielt vor allem deshalb auf das Militär, weil es mit einem Jahresbudget von annähernd 900 Milliarden Dollar über Ressourcen verfügt, die den für den Heimatschutz zuständigen Behörden fehlen.
Nur ein Beispiel: Die Abschiebungsabteilung der Einwanderungs- und Zollbehörde verfügt derzeit über rund 6000 Beamte und 41 000 Plätze in Abschiebe-Einrichtungen. Trump will pro Jahr nach Angaben seines designierten Vize-Präsidenten J.D. Vance mindestens eine Million Menschen deportieren.
Was nach konservativen Berechnungen des „American Immigration Council” rund 90 Milliarden Dollar kosten würde. Der Löwenanteil davon entfiele auf große Internierungslager, für die der Bundesstaat Texas bereits Flächen in Aussicht gestellt hat. Welche Dimensionen hier nötig wären, zeigt dieser Vergleich: Das komplette Gefängnissystem der USA beherbergt rund 1,9 Millionen Menschen.
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