San Francisco. Kamala Harris wirbt gezielt um Frauen, bei Donald Trump stimmt die Ansprache nicht. Eine ganz bestimmte Gruppe kann ihm den Sieg kosten.
Mitten in der Kundgebung wendet sich Donald Trump an seine Zuhörerinnen. Ob die Frauen von ihm beschützt werden wollen? Das Echo hier in North Carolina tut ihm gut: Applaus.
In Green Bay, Wisconsin, erzählt er auf offene Bühne, dass ihm seine Mitarbeiter geraten haben, nicht länger sein Versprechen zu wiederholen, der „Beschützer“ der Frauen zu sein. Sie hielten es unangemessen.
Dann karikiert er seine Mitarbeiter: „Sir, bitte sagen Sie das nicht.“ Trump: „Warum? Ich bin Präsident. Ich möchte die Frauen unseres Landes beschützen. Nun, ich werde es tun, ob es den Frauen gefällt oder nicht. Ich werde sie beschützen.“
Problem: Toxische Männlichkeit
Wenn Trump die US-Wahl verliert, wird man sich an diesen Moment erinnern. Dann hat es wahrscheinlich an den Frauen gelegen – an Trumps Ansprache, an der toxischen Männlichkeit seines Wahlkampfs.
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Frauen sind in der Mehrheit. Seit den 80er Jahren beteiligen sie sich in den USA auch mehr an Präsidentschaftswahlen als Männer. Im Trump-Lager gibt es eine Unsicherheit über den richtigen Umgang mit ihnen.
Harris hat das Frauenthema gefunden
Es liegt nicht daran, dass eine Frau gegen Trump antritt. 2016 schlug er Hillary Clinton. Es liegt daran, dass Kamala Harris das Abtreibungsrecht zum Thema gemacht hat. Die Freiheit der Frau über ihren Körper ist eine zentrale Botschaft der Demokratin.
Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Die Abtreibung drängt sich als Thema auf. Denn: Es ist die erste Präsidentschaftswahl, nachdem der Supreme Court, der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, im Juni 2022 ein Abtreibungsgesetz gekippt hat.
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Frauen für Harris
Je näher der Wahltag rückt, desto deutlicher zeigt sich, dass der Weg ins Weiße Haus nur über die Mobilisierung der Wählerinnen gelingen kann. Harris hat weibliche Plattformen gepflegt und wird von vielen Frauengruppen unterstützt:
- Von Moms for Demand Action, eigentlich eine Organisation für Waffensicherheit,
- Von Women‘s March, die an diesem Wochenende auf die Straßen gingen;
- Oder auch von der Gruppe Win With Black Women.
Trump: „Ich bin so enttäuscht von Julia Roberts.“
Nicht zuletzt wird sie von prominenten Frauen unterstützt: Hillary Clinton, die ehemalige und die aktuelle First Lady, respektive Michelle Obama und Jill Biden, die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, schließlich die Republikanerin Liz Cheney.
Dazu kommt eine ganze Riege von bekannten Showgrößen, von den Sängerinnen Jennifer Lopez und Taylor Swift bis zur Schauspielerin Julia Roberts, die einen TV-Spot vertont hat, der Trump besonders geärgert hat. Darin wird Frauen nahegelegt, ihren Ehemann nicht zu verraten, wen sie gewählt haben.
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Trump sagte in Fox News: „Ich bin so enttäuscht von Julia Roberts.“ Zufällig sei er mit einer ziemlich starken Frau verheiratet. „Können Sie sich vorstellen, dass eine Frau ihrem Mann nicht sagt, wen sie wählt? Haben Sie so etwas schon einmal gehört?“
Trumps Wut über Cheney ist echt
Trump sieht man vor allem mit und neben Männern. Bei ihnen kommt er mehrheitlich an, die Stimmen ihrer Frauen empfand er womöglich als Beigabe. Er hat es verpasst, sie gezielt anzusprechen oder zumindest eine Frau mit Strahlkraft bei den Republikanern einzuspannen, etwa die frühere Gouverneurin Nikki Haley. Seit Juni hat sie nach eigenen Aussagen nicht mehr mit ihm geredet. Sie warnte in „Fox News“, dass die Trump-Kampagne Wählerinnen mit „diesem Bromance- und Männlichkeitskram, der so nervös ist, dass er Frauen unbehaglich machen wird“, verunsichern könnte.
Umgekehrt ließ das Team Harris nichts unversucht, republikanische Wählerinnen zum Seitenwechsel zu bewegen. Liz Cheney kommt die Schlüsselrolle einer Vorreiterin zu. In seiner Wut gegen die Überläuferin ist Trump authentisch. Sie ist für ihn eine Bedrohung.
Dass er seine Defizite spürt, ist offensichtlich. Am Samstagabend bezeichnete er sich im Wahlkampf in North Carolina als „Vater der Befruchtung“. Irgendwie möchte er bei einem Frauenthema gut aussehen. Der Verweis auf die künstliche Befruchtung kommt nicht mal unmotiviert oder unvermittelt daher, denn Harris hatte ihn als Gegner einer künstlichen Befruchtung bezeichnet.
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Im Fokus: Die weißen Frauen
Die jungen Frauen, 18 bis 29 Jahre alt, sind nach einer aktuellen Umfrage des Harvard Institute of Politics in großer Mehrheit für Harris. Schwarze Frauen neigen zu fast 80 Prozent für Harris und sind traditionell eine sichere Bank für die Demokraten.
Im Fokus: Die weißen Frauen, insbesondere jene ohne höhere Schulabschlüsse. Ein Meinungsforscher hat die Bemühungen der Demokraten so auf den Punkt gebracht. Sie müssen die Frau gewinnen, die aus einem Swing State kommt und „nicht aufs College gegangen ist“.
„Höchste und härteste gläserne Decke“
Seit fast 60 Jahren haben die Demokraten das Nachsehen bei den weißen Frauen. Mit einer Ausnahme: 1996 bei Bill Clinton. Niemand weiß, wo diese Gruppe heute steht, ob das Abtreibungsthema sie mobilisiert. Die Demoskopen können sich nicht einmal sicher sein, diese Frauen erfasst zu haben. Sind sie eine schweigende Mehrheit? Genau darauf spielt ja der TV-Spot von Julia Roberts an.
Seit 1789, seit George Washington erster US-Präsident wurde, hat es noch keine Frau ins höchste Amt geschafft. Harris könnte diese 235 Jahre währende Tradition durchbrechen, jene „höchste und härteste gläserne Decke“, von der Hillary Clinton 2016 nach ihrer Niederlage sprach. Damals sagte sie aber auch „eines Tages wird es jemand tun – und hoffentlich früher, als wir denken.“ Am Dienstag könnte es so weit sein.
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