Düsseldorf. FDP-Verteidigungsexpertin Strack-Zimmermann warnt beim Neujahrsempfang mit drastischen Worten vor den Feinden der Demokratie.

Der Unterhaltungswert eines politischen Neujahrsempfangs ist meist durchwachsen. Die Geselligkeit und das Kulinarische zählen dort mitunter mehr als das gesprochene Wort. Die Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, gelang es aber am Sonntag, den Empfang der Liberalen im feinen Düsseldorfer Maritim-Hotel in ein Event zu verwandeln. Sie „rockte“ den Saal mit fast 1000 Gästen mit einer leidenschaftlichen Kampfansage gegen Rechtspopulisten und andere Feinde der Demokratie.

Potsdamer Geheimtreffen weckt Erinnerung an die Wannsee-Konferenz

DasPotsdamer Geheimtreffen von Rechtsextremisten, bei dem offenbar auch AfD-Mitglieder die millionenfache Ausweisung von Migrantinnen und Migranten besprachen, rückte Strack-Zimmermann in die Nähe der Wannsee-Konferenz, bei 1942 der der Massenmord an den Juden organisiert wurde.

Der AfD müssten die Themen entzogen werden, und die Gesellschaft müsse den Zulauf zu populistischen Parteien, die extremistische Positionen vertreten, stoppen, erklärte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag. Sie sagte wörtlich: „Je größer der Haufen Scheiße, umso mehr Fliegen sitzen drauf!“ Nun sei es die gesellschaftliche Aufgabe, aus diesem „Haufen“ ein „Häufchen“ zu machen.

Strack-Zimmermann mit Selbstironie: „Die Alte nervt“

Sie sei froh, in einem Land zu leben, in dem man anderen mit seinen Ansichten „auf den Keks gehen“ könne und in dem sie auch Sprüche über sich höre wie „Die Alte nervt“. Die meisten Menschen auf der Welt hätten diese Freiheiten nicht.

Von den in Potsdam kursierenden Abschiebungsfantasien der Rechtsextremisten, die sich auch gegen jene gerichtet hätten, die Geflüchtete unterstützen, könne jeder Mensch betroffen sein, warnte die 65-Jährige. „Wer von uns glaubt eigentlich ernsthaft, dass er zu einer Gruppe gehört, die ungefährdet ist?“, fragte die Düsseldorferin. Am Ende würden alte Menschen als „überflüssig“ und „zu teuer“ angesehen, Homosexuelle und selbstbewusste Frauen müssten genauso mit politischer Verfolgung rechnen wie Zugewanderte. „Jeder ist betroffen“, so Strack-Zimmermann.

Rat der Liberalen: Wehrhaft sein nach innen und nach außen

Die Demokratie müsse nicht nur nach innen, sondern auch nach außen wehrhafter sein als bisher, empfahl die Verteidigungsexpertin der Liberalen. Ohne Sicherheit sei alles nichts. Europa müsse auch ohne die USA in der Lage sein, sich gegen Aggressoren wie Wladimir Putin zu verteidigen zu können und dem Machtanspruch Chinas Grenzen aufzuzeigen.

Europa benötige eine „völlig neue, gemeinsame Außenpolitik“, Deutschland solle sich an einer europäischen Mission zum Schutz der Seewege im Roten Meer militärisch beteiligen. Die Angriffe der USA, Großbritanniens und weiterer Staaten auf Stellungen der Huthi-Rebellen im Jemen lobte Strack-Zimmermann ausdrücklich. Diese Rebellen stünden nicht für „Seeräuber-Romantik“. Es handele sich um eine hochgerüstete Armee, die die freie Wirtschaft angreife.

AfD-Verbotsdiskussion nimmt weiter Fahrt auf

In der Diskussion über ein AfD-Verbot, die dem Potsdamer Geheimtreffen zur Ausweisung von Millionen Menschen folgte, wird nicht nur bei den Liberalen der Ruf lauter, die Rechtspopulisten konsequenter als bisher zu bekämpfen.

CDU-Chef Friedrich Merz kündigte am Wochenende an, „mit einer sehr klaren, sehr harten Auseinandersetzung insbesondere gegen die AfD “ ins Wahljahr 2024 zu gehen. Alle Parteien der politischen Mitte hätten die Aufgabe, sich mit der AfD auseinanderzusetzen.

Hendrik Wüst: „AfD ist eine gefährliche Nazipartei“

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte dem „Tagesspiegel am Sonntag“, die Zusammenkunft in Potsdam mit Beteiligung einzelner AfD-Funktionäre habe gezeigt, dass die zweitgrößte Oppositionspartei im Bundestag keine Protestpartei, sondern eine „gefährliche Nazipartei“ sei. Wüst hat der AfD wiederholt eine Nähe zum Nationalsozialismus vorgeworfen.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat wiederholt gewart, die AfD sei eine „Nazipartei“.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat wiederholt gewart, die AfD sei eine „Nazipartei“. © dpa | Rolf Vennenbernd

In Duisburg demonstrierten rund 2400 Menschen gegen einen Neujahrsempfang der AfD. In Düsseldorf, Berlin und forderten Demonstranten die Prüfung eines AfD-Verbots. Spitzenpolitiker aus Bundesregierung und Opposition sowie der Bundespräsident äußerten sich allerdings skeptisch zu Überlegungen zu einem AfD-Verbot. „Ich glaube, wir müssen die Partei politisch bekämpfen“, sagte Friedrich Merz. Ein Verbotsverfahren berge die Gefahr, die AfD in ihrem Opfermythos noch zu bestärken. Ein solches Verfahren würde womöglich sehr lange dauern, glaubt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die Erfolgsaussichten seien schwer zu beurteilen.

„Es gäbe keinen größeren Triumph für die AfD, wen die demokratischen Parteien keinen anderen Weg wüssten als den Versuch, sie über das Bundesverfassungsgericht als Konkurrenz auszuschalten“, warnte Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner am Sonntag beim Neujahrsempfang der NRW-FDP in Düsseldorf.

NRW-AfD-Chef schockiert mit rassistischem Witz

Der NRW-Landesvorsitzende der AfD, Martin Vincentz, schockierte am Wochenende mit einem rassistischen Witz. Humor lebe davon, dass er auch mal schmutzig sein könne, sagte der Politiker in Duisburg vor Parteifreunden in Duisburg, und er nannte ein von seinem Publikum mit Gelächter quittiertes Beispiel: „Am besten ist der Humor, der so schwarz ist wie der Amazon-Paketbote, der Ihnen die Pakete bringt.“

SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott sagte dazu: „Das wäre einfach nur flach, wenn es nicht so unfassbar rassistisch und menschenverachtend wäre.“ Im Vordergrund stehe zwar der politische Kampf gegen die AfD. Es müssten aber auch alle rechtlichen Möglichkeiten für ein Verbotsverfahren geprüft werden.

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