Düsseldorf. Seit vier Jahren wird in NRW über die neue Grundsteuer diskutiert, jetzt wird gerechnet: In vielen Städten droht eine Kostenexplosion.

Immer mehr NRW-Städte befürchten eine Kostenexplosion durch die neue Grundsteuerberechnung für Wohnimmobilien und fordern von der schwarz-grünen Landesregierung Gegenmaßnahmen. „Die Dauerblockade von CDU und Grüne gegen jede Verbesserung ist sachlich nicht nachvollziehbar“, kritisierte FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel am Montag. Der Landtag müsse „als Notoperation schnell einen Ermäßigungsfaktor für Wohngebäude beschließen“.

Im Laufe des Jahres werden Immobilienbesitzer erfahren, welche Grundsteuerbeträge sie ab 1. Januar 2025 bezahlen müssen. Inzwischen zeichnet sich in immer mehr Städten ab, dass es zu einer massiven Lastenverschiebung zu Ungunsten von Ein- und Zweifamilienhausbesitzern kommen wird. So prognostiziert die Duisburger Stadtverwaltung, dass Besitzer von Geschäftsgrundstücken um rund 37 Prozent entlastet werden müssten, während sich für die Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern durchschnittlich Erhöhungen um rund 40 Prozent ergäben. In Essen könnte der Hebesatz von 670 auf 791 Prozent steigen, in Oberhausen von 625 auf 850 Prozent.

Grundsteuer: Duisburgs OB schreibt Brandbrief an Wüst

„Das kann so nicht stehenbleiben, das Land muss an dieser Stelle dringend nachsteuern“, erklärte Christoph Landscheidt (SPD), Bürgermeister aus Kamp-Lintfort und Vorsitzender des Städte- und Gemeindebundes in NRW. Städtetag-Vize Thomas Eiskirch (SPD), im Hauptamt Oberbürgermeister von Bochum, richtet eine konkrete Erwartung an die Landesregierung, um die Unwucht zu beheben: „Die Landesregierung kann die sogenannte Messzahl für Geschäftsgrundstücke anheben und so die systematischen Mehrbelastungen für Wohnimmobilien verhindern.“ Sachsen und das Saarland hätte das bereits umgesetzt, so Eiskirch.

Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) hat inzwischen einen Brandbrief an NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gerichtet. Seiner Stadt drohe 2025 ein echtes Dilemma: Entweder man belastet die Wohnimmobilien-Besitzer und in der Folge Mieter deutlich stärker als bislang oder im Kommunalhaushalt klafft ein 40-Millionen-Euro-Loch.

Land NRW verspricht Info über „aufkommensneutrale Hebesätze“ je Stadt

NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) will der Öffentlichkeit im Sommer einen „aufkommensneutralen Hebesatz“ für jede einzelne Stadt mitteilen, sich ansonsten aber nicht in das kommunale Hebesatzrecht einmischen. Kurzum: Immobilienbesitzer erfahren zwar, wenn sich eine Stadtverwaltung an der neuen Grundsteuer im Gesamtaufkommen bereichert, sie sind aber vor einer Umverteilung zu Lasten der Wohngrundstücke nicht geschützt.

Seit das Bundesverfassungsgericht die bisherige Einheitsbewertung von Grundstücken 2018 für unzulässig erklärt hat, wird in NRW über eine neue Berechnungsmethode gestritten. Die damals schwarz-gelbe Landesregierung hatte 2019 im Bundesrat das sogenannte Bundesmodell abgelehnt, aber in der Folge nie ein eigenes entwickelt. So war absehbar, dass Wohnimmobilien aufgrund ihrer Lage und Wertentwicklung deutlich höher eingestuft würden als Lagerhallen oder Fabrikgebäude.