Paris. Gérard Depardieu wird sexuelle Belästigung vorgeworfen – Frauen prangern ein strukturelles Branchenproblem an. Der Fall geht vor Gericht.
Es wird ernst für Gérard Depardieu: Ab Montag, 28. Oktober, muss sich die französische Filmlegende vor Gericht verantworten. Zwei Frauen bezichtigen Depardieu der sexuellen Belästigung. Was sie schildern, deckt sich mit den Erfahrungen zahlreicher Frauen, die über ihre Erlebnisse mit Depardieu mittlerweile berichtet haben. Der Beschuldigte werde bei dem Gerichtstermin erscheinen, kündigte sein Anwalt an.
Eine der Klägerinnen, eine Dekorateurin mit Vornamen Amélie, wirft Depardieu vor, er habe sie 2021 bei dem Dreh des Filmes „Die grünen Fensterläden“ (Original: „Les volets verts“) attackiert. Der Hauptdarsteller habe ihr gegenüber dauernd anzügliche Bemerkungen gemacht, sagte die heute 55-jährige Französin. So habe Depardieu einen Ventilator verlangt, da er wegen der Hitze ständig eine Erektion bekomme. Später habe der 130-Kilo-Mann sie brutal gepackt und von der Hüfte bis zu den Brüsten „geknetet“. Leibwächter hätten ihn daraufhin entfernt. Depardieu habe gelacht und geschrien: „Wir werden uns wiedersehen!“
Schwere Vorwürfe gegen Depardieu: „Verhalten verschlimmerte sich ständig“
Die Anwältin der Dekorateurin, Carine Durrieu-Diebolt, bezeichnete Depardieu als „Serienaggressor“ und forderte, dass der 75-jährige Franzose wegen seines Starstatus‘ keine Vorzugsbehandlung erhalte. Die zweite Klägerin, eine Regieassistentin, hat sich bisher nicht öffentlich geäußert. Eine weitere Frau, die Schauspielschülerin Charlotte Arnould, hatte 2018 Depardieu wegen zweifacher Vergewaltigung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft verlangt deshalb einen weiteren Gerichtsprozess gegen die Filmikone, die schon über 200 Filme gedreht hat, darunter „Die letzte Metro“, „Jean de Florette“ oder „Asterix und Obelix“.
Auch spannend: Gisèle Pelicot stellt Ex-Mann zur Rede – Ihre Worte erschüttern
Insgesamt bezichtigen 20 Frauen den Schauspieler des sexuellen Missbrauchs. Zum Teil sind die Vorwürfe bereits verjährt. Sie haben aber im französischen Film eine ähnliche „#MeToo“-Bewegung ausgelöst wie einst in Hollywood. Dass Depardieu vor Gericht nicht von seiner Prominenz profitieren dürfe, darauf pochten auch andere Schauspielerinnen, die mit ihm gedreht haben.
Schauspielerin Anouk Grinberg, die Depardieu unter anderem als Co-Star im Drama „Merci la vie“ (1991) erlebte, berichtete, wie er mit seinen Obszönitäten „von morgens bis abends“ eine sexuell aufgeladene Atmosphäre verbreitet habe. Regisseure und andere Wortführer hätten mitgemacht. „Wenn die Produzenten Depardieu für einen Film engagierten, wussten sie, dass sie einen Aggressor engagierten. Und sein Verhalten verschlimmerte sich ständig“, so Grinberg.
- Tod: Hospiz-Krankenschwester – „Ab diesem Punkt sterben Menschen innerhalb von 72 Stunden“
- Tier-Angriff: Surfer überlebt Hai-Attacke – „Um mich herum war eine Blutlache“
- Familie: Kinderprostitution – „Ich spüre noch seine Hände auf mir“
- Nahtoderfahrung: Vom Blitz getroffen – Überlebender berichtet von „verdammtem Glück“
- Kindesentführung: Von der eigenen Mutter gekidnappt – Ich habe es selbst erlebt
Ihre Schauspiel-Kollegin Karin Viard erklärte dieser Tage, es mache sich in Paris erst heute das Bewusstsein breit, dass die Aggressionen männlicher Protagonisten in den Filmstudios und bei Außenaufnahmen nicht „völlig normal“, sondern „völlig missbräuchlich“ gewesen seien. Die Dekorateurin Amélie schilderte gegenüber dem Newsportal Mediapart, dass sie Depardieu als Frau ausgeliefert gewesen sei: „Allein gelassen, musste ich so tun, als sei ich stark und als würden mich diese Angriffe kaltlassen; in der Nacht konnte ich aber kaum schlafen.“
Einstige Unterstützer wandten sich von Depardieu ab
Depardieu selbst hatte vor einem Jahr in einem offenen Brief seine Unschuld beteuert: „Ich habe noch nie eine Frau missbraucht“, schrieb er. „Eine Frau zu verletzen, wäre so, als würde ich meiner eigenen Mutter in den Bauch treten.“ Sein Anwalt Jérémie Assous, den Depardieu erst im Juni als Ablöse für seinen früheren Rechtsvertreter engagiert hat, nannte die Vorwürfe gegen seinen Klienten „Lügen“. Er will „Zeugen und Gegenbeweise“ liefern und wirft den Klägerinnen vor, ihnen gehe es nur um eine zivilrechtliche Entschädigung, die sich auf bis zu 36.000 Euro belaufen könnte.
Mit den zunehmenden Vorwürfen ist jedoch auch die öffentliche Meinung von Depardieu abgerückt. Dazu beigetragen hat eine unerträgliche Szene aus einem Dokumentarfilm über die Reise Depardieus 2018 nach Nordkorea: Lüstern fordert er ein Mädchen auf einem Pferd auf, zu galoppieren, um einen Orgasmus zu kriegen. Im Mai schlug er zudem im Beisein seiner Gefährtin Magda Vavrusowa, einer polnischen Filmproduzentin, in Rom einen Paparazzi krankenhausreif, weil der ihn fotografieren wollte.
- Entertainer: Medienexperte über Stefan Raab – „Er muss seinen Humor zwingend ändern“
- Show-Legende: Experte knallhart – „Gottschalk ist eine tragische Figur“
- Comedian: Oliver Pochers Umgang mit Frauen – „Er weiß, wo es weh tut“
- Pop-Titan: Medienexperte erklärt Bohlen – „Der Traum einer jeden Frau“
- Psychologe: Richard David Precht „fehlt die zentrale Eigenschaft eines Denkers“
Dass Depardieu so tief gefallen ist, nachdem er früher einfühlsame Rollen wie Cyrano von Bergerac gespielt und hochsensible Chansons der Sängerin Barbara vorgetragen hatte, verzeiht ihm das französische Publikum nicht länger. Auch nahestehende Schauspielerinnen wie Sandrine Bonnaire, Catherine Deneuve oder Carole Bouquet verteidigen ihn nicht mehr. Die Pariser Medien bezeichnen ihn nicht länger als „monstre sacré“ (wörtlich etwa: geheiligte Größe), sondern nur noch kurz als „Monstrum“. Filmrollen erhält Depardieu keine mehr.