Goch. Das Haus zu den Fünf Ringen in Goch gilt als eines der schönsten Bürgerhäuser am Niederrhein. Wie es nun nach der Renovierung aussieht.
Dieses Bauwerk hat schon eine Menge mitgemacht und viel gesehen. Kein Wunder, das Haus zu den Fünf Ringen ist um das Jahr 1550 als repräsentatives Patrizierhaus in unmittelbarer Nähe zum Gocher Marktplatz erbaut worden. Es ist damit das einzige Gebäude der Stadt aus dem 16. Jahrhundert, das noch nahezu vollständig erhalten ist. Um seinen Fortbestand aber war es nicht immer gut bestellt. Am schlimmsten traf es das Haus während der Bombardierung Gochs im Februar 1945: Nur seine Außenmauern überstanden die Angriffe der Engländer. Lange wurde in den vergangenen Jahren über eine Verwendung des das Stadtbild prägenden Hauses gerungen. Viele Ideen entstanden und wurden doch wieder verworfen. Nicht praktikabel, zu teuer waren nur einige der Argumente. Jetzt sind die 2022 gestarteten aufwendigen Renovierungs- und Sanierungsarbeiten abgeschlossen. Eines der schönsten Bürgerhäuser am Niederrhein ist öffentlich zugänglich und beherbergt seit einigen Wochen die Gocher Kultourbühne, den Heimatverein und das Gocher Stadtarchiv. Ein Besuch mit Fachbereichsleiter Kultur und Integration Dr. Stephan Mann.
Ursprünglich wurde das Haus zu den Fünf Ringen als adliges Stadtwohnhaus genutzt. Ab 1828 war dort zunächst eine Weingroßhandlung im Kellergeschoss untergebracht. Einige Jahre später, um 1850, erwarben die Brüder Peter und Anton Otten das Haus, um dort Bier zu brauen. Aus ihrem Namen entstand auch die bis heute erhaltene Bezeichnung für das Haus, „Otten’sche Brauerei zu den fünf Ringen“. Das „Firmenlogo“, die fünf miteinander verschränkten Ringe, hängt noch heute gut sichtbar an der Fassade. 1883 kaufte Brauer Theodor Janssen das Anwesen. Bis zum Zweiten Weltkrieg braute er dort ein niederrheinisches dunkles Bier. Nach dem Krieg und dem Wiederaufbau kam in den Räumen noch ein Verlag für Limonaden- und Eisherstellung dazu. Auch Bier wurde hier abgefüllt. Als Enkel Johannes Janßen den Betrieb zu einem Getränkegroßhandel ausbaute und ins Gocher Gewerbegebiet umsiedelte, wurde noch bis ins Jahr 2000 ein Abholmarkt für Getränke weiterbetrieben. Die langjährige Besitzerfamilie Janßen verkaufte das schmucke Gebäude Anfang der 2000er Jahre an die Stadt.
Schwierig: Gocher Haus zu den Fünf Ringen steht unter Denkmalschutz
Die Bautätigkeiten starteten 2022 unter Federführung der Architekten der Planungsgemeinschaft Völling Wrede und des Projektleiters der Gocher Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Gero Guntlisbergen. Mit im Boot waren unter anderem Brandschützer, Statiker, Sanitärfachleute. Kein leichtes Unterfangen, schließlich steht das Haus unter Denkmalschutz, so dass die Sanierung strengen Auflagen folgen musste. „Hier ist eine schöne Mischung aus Zweckmäßigkeit und Denkmalschutz geglückt“, findet Stephan Mann. Die Fassade erzählt vom Baustil des 16. Jahrhunderts, die Planer konfrontieren im Inneren des Gebäudes Sichtbeton mit viel Glas und machen die alten Balken weiter sichtbar.
Anforderungen des Denkmalschutzes, aber auch allgemeine Preissteigerungen, ließen die zunächst veranschlagten Baukosten steigen. Mitfinanziert wurde das Projekt aus dem Landesprogramm „Heimatzeugnis“. Das Land NRW gab dafür rund 1,06 Millionen Euro. Insgesamt kostete die Sanierung rund 2,7 Millionen Euro. Die Stadt übernahm auch die zusätzlichen Kosten von 88.000 Euro für die Archivanlage und circa 45.000 Euro für die Einrichtung. Für Goch sei das ein ziemlicher Kraftakt gewesen, sagt Mann. Der Heimatverein Goch konnte überwiegend durch die Unterstützung der Johann-Klein-Stiftung und der NRW-Stiftung gut 50.000 Euro in die Einrichtung und technische Ausstattung seiner Heimatwerkstatt investieren.
Überraschend: Archäologischer Fund bei den Bauarbeiten in Goch
Gleich zu Beginn der Arbeiten wurde es dann nochmal spannend: bei archäologischen Untersuchungen fand man zwei Goldmünzen aus dem 15. Jahrhundert. Sie waren damals wohl als sogenannte Bauopfer eingelassen worden. Seit dem 1. Juli nun können Gocherinnen und Gocher, Gäste, Ausflügler und Urlauber Tickets für Konzert, Theater oder Kabarett mit der Steinstraße 1 an einer feinen Adresse erwerben. Auch die Tourist Info ist jetzt hier mitten in der Stadt beheimatet. Ganz nebenbei können Besucher noch einen Blick werfen in das unter Glas liegende, unterschiedlich beleuchtete Kellergewölbe. „Es ist schön für uns“, freut sich Stephan Mann, „dass die Kultur solch einen zentral gelegenen Anlaufpunkt hat.“ Das Haus zu den Fünf Ringen, findet er, sei „der geborene Ort“ dafür.
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Auch das Stadtarchiv ist in das Haus zu den fünf Ringen umgezogen. Hier werden Akten der Stadtverwaltung, Personenstandsurkunden, Zeitungen und Fotografien gesammelt und archiviert. In den hell gestalteten Räumen können Heimatkundler, Ahnenforscher und Wissenschaftler in Ruhe zur Gocher Stadtgeschichte recherchieren. Besonders schön dürfte das sanierte Gebäude für den ehemaligen Gocher Bürgermeister Willi Vaegs sein. „Er hatte die Frage einer zukünftigen Nutzung quasi zu seiner Lebensaufgabe gemacht“, erzählt Stephan Mann. Das jüngere Schicksal des Hauses sei eng mit seinem Namen und seinem Engagement verknüpft.
Geplant: Digitales Museum zur Gocher Stadtgeschichte
In die zweite Etage des dreistöckigen Backsteinbaus ist der Heimatverein mit seiner überwiegend digitalen Heimatwerkstatt eingezogen. Hier, so berichtet der Vereinsvorsitzende Franz van Beek, arbeite man an der Idee, ein digitales Museum zur Gocher Stadtgeschichte zu schaffen, biete sich als Begegnungs- oder Arbeitsraum an und mache die Geschichte der Stadt und des Klosters Graefenthal interaktiv erlebbar. Hierher will man in Zukunft Gruppen einladen. So kümmert sich das Gocher Jugendparlament um die Vorbereitung des 80. Jahrestages des Angriffs auf die Stadt in 2025. Es ist ein seltener Glücksfall, dass der fast 500 Jahre alte Prachtbau nicht nur Anlaufstelle mitten im Herzen der Stadt geworden ist, sondern wohl auch für viele weitere Jahre von der Schönheit des Baustils des 16. Jahrhunderts erzählen kann.