Wesel. Nach einer hitzigen Diskussion konnte sich der Stadtrat in Wesel auf keinen Standort für das neue Flüchtlingsheim einigen. So geht es nun weiter.
Wesel muss vorsorgen und Platz für Geflüchtete schaffen – auch weil eine Unterkunft Ende 2025 wegfällt. Nur wo? Darüber diskutierte der Stadtrat in einer Sondersitzung am Dienstagabend zwei Stunden lang hitzig und intensiv. Auf dem Tisch lagen zwei mögliche Standorte: An der Ullrichstraße nahe der Voerder Stadtgrenze oder am Standort des Internationalen Bundes (IB) auf dem Fusternberg. Gegen beide gibt es heftigen Widerstand, konkret beschlossen wurde am Ende nichts. Stattdessen sollen nun fast 20 Standorte auf ihre Eignung geprüft werden, was halb Wesel in Aufregung versetzen könnte.
Denn auf der Liste (siehe untenstehende Box), die auf Wunsch von Ludger Hovest (SPD) verlesen wurde, stehen städtische Grundstücke in allen Ortsteilen, die nun auf ihre Tauglichkeit untersucht werden. Die bisher nicht öffentliche Liste wurde vorgestellt, damit die Ratsmitglieder wissen, was sie beschließen, so Hovests Argumentation. Für eines wird sie sicherlich sorgen: für Unruhe in der Umgebung der jetzt im Fokus stehenden Areale. Das zeigt das Beispiel Fusternberg, wo der Widerstand groß ist.
Weil vor allem die Grünen und die SPD mit der ursprünglich vorgeschlagenen Großunterkunft Ullrichstraße Bauchschmerzen hatten, war die Verwaltung im Dezember beauftragt worden, nach Alternativen zu suchen. Das Ergebnis war das besagte Grundstück beim IB an der Schillwiese, das die Stadt kaufen könnte. Dort wollte die Verwaltung die Errichtung einer Containerunterkunft prüfen.
Neues Flüchtlingsheim in Wesel: Ärger auf dem Fusternberg
Diese könnte kleiner ausfallen (an der Ullrichstraße wurde für mindestens 300 Personen geplant), da die Hansaringschule ein Jahr länger als Wohnheim genutzt werden kann, erklärte der zuständige Dezernent Markus Postulka. Definitiv zum Jahresende geräumt werden muss der sogenannte Sackermann-Bau des früheren Willibrordi-Altenheims, der 100 Plätze bietet. Da auch für 2025 Zuweisungen erwartet werden, muss die Stadt zusätzlich weitere Plätze schaffen. Bis zu 150 bis 170 Personen könnten auf dem IB-Areal unterkommen, so Postulka.
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Sehr leidenschaftlich zog Reinhold Brands (CDU) gegen die Pläne auf dem Fusternberg zu Felde. Sein Telefon habe zuletzt nicht mehr stillgestanden, berichtete er. Die Anwohner seien in großer Sorge. Da die Straße Schillwiese aufgrund der Südumgehungs-Baustelle bald wegfalle, müssten die Bewohner einer Unterkunft beim IB auf einer Alternativstrecke an Clyde-Bergemann vorbei durch das Wohngebiet laufen. „Ein derartiger Besucherstrom ist nicht zumutbar.“ Der Stadtteil sei ohnehin schon belastet und die Unterkunft neben einer Baustelle für Geflüchtete aus seiner Sicht „keine menschengerechte Unterbringung“, kritisierte Brands. Zudem gebe es sensible Einrichtungen wie Kita und Grundschule in der Nähe. Auch die FDP positionierte sich gegen den Standort IB.
Ganz anders sahen das insbesondere SPD und Grüne: Für sie ist die abgelegene Ullrichstraße nicht zumutbar. Keine Busverbindung, keine Kita oder Schule, keine Möglichkeit zur Integration der Menschen, so ihre Argumentation. Nun nichts zu tun und abzuwarten, sei auch keine Lösung, so Hovest. Sonst müsste im Ernstfall wieder die Rundsporthalle mit Flüchtlingen belegt werden.
Neue Standorte für Flüchtlingsunterkunft in Wesel werden geprüft
Bürgermeisterin Ulrike Westkamp stellte klar, es solle nicht der Kauf des Grundstücks auf dem IB-Gelände beschlossen werden, sondern nur eine Prüfung. Im Laufe der Diskussion darüber, ob die Flüchtlingszahlen in Zukunft sinken werden oder nicht, ob es möglich sei, Zuweisungen von Menschen ohne Bleibeperspektive wegen „Überlastung“ abzulehnen und ob ganz neue Standorte in Betracht gezogen werden müssen, sah es eine Weile so aus, als käme die Politik auf keinen grünen Zweig.
Letztendlich einigten sich die Fraktionen einstimmig auf eine „diskriminierungsfreie Prüfung“ mehrerer Standorte. Die Stadt hat eine Liste erstellt mit einer Reihe von städtischen und einigen privaten Grundstücken, die – zumindest theoretisch – infrage kommen. Dort könnten eine oder mehrere kleinere Unterkünfte für je bis zu 100 Personen gebaut werden. Die Ergebnisse werden in einigen Wochen vorgestellt. Fest steht: Spätestens dann muss sich die Politik einig werden, denn bis Anfang 2026 muss die neue Unterkunft stehen.
Das sind die möglichen Standorte
Das städtische Grundstück an der Ullrichstraße hat die Stadt bereits als Standort für ein Container-Flüchtlingsheim ins Auge gefasst. Für die Unterbringung von 300 oder mehr Menschen wurden bereits mehr als acht Millionen Euro im Haushalt eingeplant, aber bis zu einer endgültigen Entscheidung mit einem Sperrvermerk versehen. Neben dem IB-Areal sollen nun noch folgende Grundstücke auf ihre Eignung untersucht werden: Ein Grundstück neben dem Restaurant Art in Flüren und eines schräg gegenüber, die frühere Sargfabrik in Büderich, der alte Sportplatz in Bislich, der Parkplatz Ackerstraße an der Eishalle, ein alter Sportplatz an der Grundschule Am Lauerhaas, das Bislichbad, der Parkplatz am Büdericher Sportplatz, das Außengelände der Dorfschule Ginderich, der Parkplatz am Sportplatz PSV Lackhausen, Grundstücke am Hessen- und am Holzweg sowie an der Karl-Jatho-Straße und an der Wurmflakstraße.