Wesel. In Lippedorf soll eine Unterkunft für Geflüchtete entstehen. Ist das angesichts der Entwicklung in Syrien notwendig? Die Politik will abwarten.

Bei der Versorgung von Geflüchteten setzt die Stadt Wesel bisher auf dezentrale Unterbringung, also auf mehrere kleinere Unterkünfte. In dieses Konzept passen die neuesten Pläne nicht: 2026 soll ein Containerdorf für bis zu 300 Personen an der Ullrichstraße entstehen, an die neun Millionen Euro sind dafür im Etat für 2025 eingeplant. Bei der Haushaltsdiskussion in der Ratssitzung am Dienstag sorgte dieser Posten bei der Politik für Verwunderung und Fragen. „Ich habe damit große Probleme“, sagte zum Beispiel Ludger Hovest (SPD) – und er war damit nicht der einzige. Ist ein Heim in dieser Größenordnung überhaupt noch notwendig, wollten die Ratsmitglieder mit Blick auf die Entwicklung in Syrien wissen.

Sozialdezernent Rainer Benien stellte die Planungen der Stadt dar: 500 Menschen leben derzeit in Wesel in verschiedenen Unterkünften. Ende des Jahres fallen jedoch zwei davon weg: Die Hansaringschule wird wieder als Schulstandort benötigt und für das ehemalige Willibrordi-Altenheim haben die Eigentümer andere Pläne. Dadurch werden 200 Plätze fehlen, so Benien. Außerdem rechnet die Stadt mit der Zuweisung weiterer Geflüchteter, derzeit besteht für Wesel noch eine Aufnahmeverpflichtung für 82 Personen.

In Wesel fallen 200 Plätze für Geflüchtete weg

Diese Planung stammt aus der Zeit vor dem Umsturz in Syrien. Wie sich die veränderten Bedingungen auf die Flüchtlingszahlen in Wesel auswirken, ist nicht absehbar. „Wir geben viel Geld aus, das wir nicht haben. Wir sollten erst einmal abwarten, was passiert“, gab Thomas Moll (WfW) zu bedenken. Die Politik schlug vor, die Mittel für das Heim mit einem Sperrvermerk zu versehen und erst dann freizugeben, wenn die Entwicklung klarer ist.

Der Vorschlag hat noch einen anderen Grund: Das Thema ist nicht im zuständigen Fachausschuss beraten worden, kritisierte Ludger Hovest: „Wo ist entschieden worden, dass 300 Menschen an der Ullrichstraße untergebracht werden?“. Jürgen Linz (CDU) zeigte sich dagegen „irritiert“ von der Diskussion, da es im Hauptausschuss keine Nachfragen dazu gegeben hat. Die CDU hätte zwar lieber kleinere Standorte gehabt, sieht aber mangels verfügbarer Flächen keine andere Möglichkeit als das städtische Areal an der Ullrichstraße.

Vor einem zeitlichen Verzug der Planung warnte Dezernent Markus Postulka, zuständig für den Gebäudeservice. „Die 200 Plätze fallen zum 1. Januar 2026 weg und die Unterkunft kriegen wir nicht in drei, vier Monaten gebaut.“ Die noch verbleibenden zwölf Monate für Planung und Errichtung sind aus seiner Sicht schon knapp. Sollte die Unterkunft bis Anfang 2026 nicht fertig sein, müsste möglicherweise wieder eine Turnhalle belegt werden. „Das wollen wir vermeiden.“ Rainer Benien ergänzte, dass die meisten Geflüchteten derzeit nicht aus Syrien, sondern aus der Ukraine kämen.

Neues Flüchtlingsheim in Wesel: Sondersitzung des Stadtrates

300 Personen weit abseits der Innenstadt anzusiedeln, sehen Teile der Politik kritisch. „Wie kommen die Kinder von dort zur Schule?“, fragte Birgit Appels (Grüne) und Ludger Hovest stellte fest: „Das ist in dieser Massierung ein ungeeigneter Standort.“ Familien würden schwerpunktmäßig in der Innenstadt untergebracht, versicherte Rainer Benien.

„Wir wissen alle nicht, was passieren wird“, stellte Bürgermeisterin Ulrike Westkamp in Hinblick auf die künftigen Zuweisungen fest. „Aber wir müssen bald zu einer Entscheidung kommen.“ Den Sperrvermerk erhielte der Haushaltsansatz für die geplante Containerunterkunft nach der Diskussion schließlich doch – bis zum 28. Januar. Dann tritt der Stadtrat zu einer Sondersitzung zusammen, um das Thema noch einmal zu besprechen. Bist dahin, so die Hoffnung, ist klarer, wie sich die Lage in Syrien und auch in der Ukraine entwickelt.