Wesel/Oberhausen. Die Betuwe-Sperrung ist gestartet. Unser Autor ist mit dem Ersatzverkehr von Oberhausen nach Wesel gefahren – mit überraschenden Erkenntnissen.

Immer den Pfeilen am Boden folgen: Wer am Montagmorgen in der Eingangshalle des Oberhausener Hauptbahnhofs steht und Wesel als Ziel hat, der muss seinen Blick bloß nach unten richten. Ein durchgehender grüner Streifen weist hier den Weg zur Ersatzbushaltestelle auf der anderen Seite des Bahnhofes. Sie nicht zu finden, ist im Prinzip unmöglich.

Seit Freitag rollt auf der Zugstrecke zwischen Ruhrgebiet und Niederrhein nun kein Zug mehr, es ist die erste Sperrung in der bisher intensivsten Phase des Betuwe-Ausbaus – viele weitere werden in den nächsten anderthalb Jahren folgen. Am Montag gegen 8.20 Uhr warten in Oberhausen rund 30 Menschen darauf, dass ein Ersatzbus für die drei ausfallenden Regionalzuglinien hier auftaucht. Der Großteil von ihnen macht das, was wartende Menschen an Haltestelle meistens tun: Ins Smartphone starren, mit oder ohne Kopfhörer auf den Ohren.

Die freundlichen, mit neongelben Warnwesten eingekleideten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der für den SEV zuständigen Unternehmen müssen nur wenige Nachfragen beantworten. Ein Mann in Arbeitskleidung ist verwundert, dass der Bus nach Bocholt erst in knapp einer Stunde wieder fährt – nimmt’s aber relativ gelassen hin. „Dann geh‘ ich erstmal nen Rührei essen.“ Glücklich ist, wer diese Zeit hat.

Bahnsperrung am Niederrhein: Komplizierte Ersatzbusfahrpläne

Die ausgehängten Fahrpläne an der Haltestelle studieren nur wenige der Wartenden, dabei macht das durchaus Sinn. Denn das Ersatzbuskonzept ist kompliziert: Es gibt Expressbusse ohne Zwischenhalte, es gibt lokale Busse, die an jeder Station auf der Strecke halten, es gibt Busse, die nur bis Wesel fahren, andere weiter bis Emmerich, Arnheim oder Bocholt.

Der für 8.30 Uhr angekündigte Schnellbus nach Wesel kommt nicht, ein paar Minuten später steigen deshalb fast alle Pendlerinnen und Pendler in den Lokalbus ein – das macht zwar Sinn, wenn man nach Sterkrade, Holten oder Dinslaken will, aber die Fahrt bis in die Hansestadt dauert damit selbst ohne Staus eine Stunde und 15 Minuten. Der Zug benötigt dafür normalerweise nur 25 Minuten – zumindest laut Fahrplan.

Wer es eilig hat, sollte den Express-Bus nach Wesel nehmen

Wer also direkt nach Wesel will oder von Wesel nach Oberhausen, der sollte unbedingt auf den im Viertelstundentakt verkehrenden Expressbus setzen. Zu erkennen ist der an den Bezeichnungen „Bus X“ oder „Bus XL-NL“, wenn er weiter bis nach Arnheim fährt. Pünktlich um 8.45 Uhr fährt die Schnellbuslinie am Montagmorgen in Oberhausen ab, allerdings mit gerade mal zwei Fahrgästen. Ohne jegliche Verzögerung rollt der Bus über die A3 und die Schermbecker Landstraße nach Wesel, nach nur 35 Minuten (und damit zehn Minuten schneller als geplant) erreicht er die Ersatzbushaltestelle an der Friedensstraße. In den Stoßzeiten des Berufsverkehrs mag das nicht so reibungslos funktionieren.

Berufsverkehr SEV-Haltestelle an der Friedenstraße und Unterführung Kurt-Kräcker-Straße
Gesperrt für den Autofahrer, Fußgänger und Radfahrende ist wegen des Betuwe-Ausbaus auch die Unterführung an der Kurt-Kräcker-Straße. Ein Verkehrschaos ist bisher allerdings ausgeblieben. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

An der Haltestelle ist um diese Zeit wenig los. „Ist das der Bus nach Voerde?“, fragt eine Frau, die gerne einsteigen würde. Auch hier stehen neongelbe Vertreterinnen und Vertreter der Verkehrsunternehmen und versuchen das Konzept mit den unterschiedlichen Bussen zu erklären. Die aus Oberhausen bekannte Linie mit den Pfeilen am Boden (hier allerdings lila statt grün) ist auch in Wesel wiederzufinden – bei der letzten großen Bahnsperrung im Mai hatte diese vorher erstmals angekündigte „Wegeleitung“ zunächst gefehlt. Dieses Mal sollte sich vom ersten Tag an keiner verirren.

Was sich nicht verändert hat, sind die beengten Verhältnisse an der Friedensstraße. Wenn viele Menschen auf ihre Verbindung warten, wird es auf den Gehwegen eng. Auf der dem Bahnhof zugewandten Seite blockieren die Wartenden aus Mangel an Platz zwangsläufig den Radweg. Radfahrerinnen und Radfahrer werden deshalb auf beiden Seiten mit Schildern darauf hingewiesen, dass sie ihr Fahrrad im Bereich der Haltestelle schieben sollen. Was am Montag noch fehlte, waren die provisorischen Unterstände, die bei der letzten Sperrung im Mai nach zuvor heftiger Kritik erstmals aufgebaut wurden. Laut dem zuständigen Verkehrsverbund Rhein-Ruhr sollen sie spätestens Mittwochnachmittag stehen.

Fahrpläne sind abrufbar

Kritik gab es im Vorfeld dieser Sperrung an fehlenden Informationen über die Abfahrtszeiten der Busse von den Grünen im Kreis Wesel. Auf dem Informationsportal www.zuginfo.nrw sind die Fahrpläne mittlerweile weitgehend abrufbar, allerdings kann die Internetseite für Gelegenheitsfahrer sehr unübersichtlich werden. In der Fahrgastinformation der Deutschen Bahn scheinen die Verbindungen der Busse mit den genauen Abfahrtszeiten mittlerweile hinterlegt, das ergaben am Montag mehrere Stichproben der Redaktion. Etwaige Verspätungen werden dabei allerdings nicht angezeigt.