Oberhausen. Die Ehrengarde Oberhausen hat ihren Vorstand verjüngt und einen ausverkauften Karnevalsball gefeiert. Hat sich die Musik im Programm verändert?
„Kaschämm“ nennen sich die Männer, die gerade ihre Instrumente aufbauen. Und die Musiker aus dem Speckgürtel der Domstadt wissen wirklich, wo sie herkommen: „Alle wolle noh Berlin, erus en de große Welt. Doch mich kriss de hee nit fott. Ich kann nit sage, wat mich hee häld.“ Und beim Refrain „Wann ich an Kölle denk“ ist am Freitagabend im ausverkauften Ebertbad Oberhausen alles klar. Rheinischer Karneval. Aber richtig.
Wenn die Stimmungsband an Gitarren, Keyboard und Schlagzeug beim Gardeball der Oberhausener Ehrengarde die Songzeilen der rheinischen Rockband Cat Ballou betonen, hört sich die Millionenstadt wie ein Dorf an. Eine gallische Bastion, die bewahrt werden müsse.
Tatächlich passt die Melodie ganz gut. Denn geschmeidige Schunkler vom Dom werden vor allem im Revier in vielen Narrensälen von krachenden Schlagersängern vom Ballermann bedroht. „Mallorca, da bin ich daheim“ von Mia Julia statt „Trink doch eine met“ von den Bläck Fööss? Alles schon gehört.
Karneval in Oberhausen: Ehrengarde feiert mit Kaschämm-Band und Redner(in) Lieselotte Lotterlappen
Die Ehrengarde bietet dagegen ein verblüffend starkes Gegengewicht zum angesagten Ballermann-Hype. Die uniformierte Traditionscorps-Ehrengarde marschiert mit Offizieren, Amazonen und Kadetten in den Saal. Die Bilder kennt man aus rheinischen Hochburgen. Junge Fahnenschwenker zeigen ihre Kunststücke. Es wird geklatscht und geschunkelt. Ganz ohne pulsierenden Bass.
„Tradition ist doch die Weitergabe des Feuers!“
Der erst 1998 gegründete Verein steht für eher ursprünglichen Karneval, bei dem Mickie Krause nicht die „Hütte abreißen“ muss. Sebastian Wülfing hat mit 33 Jahren Jahren den Vorsitz übernommen und mit Nici Zaksek, Melissa Weiser, Norbert Zielinski und Lea Waschke noch weitere jüngere Vorstandsmitstreiter an seiner Seite. Er führt erstmals durch das Programm.
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Der junge Karnevalist kennt das Protokoll und zitiert schon wie die Erfahrenen, die beratend dabei bleiben: „Tradition ist doch die Weitergabe des Feuers!“ Obwohl Wülfing zu den jüngsten Vorsitzenden im Oberhausener Karneval zählt, sagt er: „Wir bleiben unseren Wurzeln treu.“ Zugleich wolle man neue Sachen entwickeln. „Zum Beispiel bei unseren Tänzen.“
Eine Karnevalssitzung ohne Büttenrede? Bei Traditionalisten unvollstellbar, wegen unruhiger Säle ist der Verzicht darauf in Oberhausen aber eher Regel als Ausnahme. Die Ehrengarde hat Lieselotte Lotterlappen eingeladen, hinter der im Düsseldorfer Karneval bekannten Figur steckt Joachim Jung.
Eine Stecknadel kann man im Saal nicht fallen hören. Aber der Künstler verwendet einen Trick. Es wird nicht nur gescherzt, sondern auch gesungen. Und die Trompete holt Lieselotte Lotterlappen auch noch heraus. Im Saal ertönt „Tulpen aus Amsterdam!“ Schon hören alle wieder zu.
Danach funktionieren auch die Gags. „Neulich beim Brötchen-Bäcker sagte die Verkäuferin: Ich packe ihnen zwei mehr, weil sie nicht mehr so schön sind… Eine Unverschämtheit!“ Solche Doppeldeutigkeiten kommen an. Schon vor Ende des Auftritts schallen Zugabe-Rufe. Bei einem Redner hat man so etwas schon lange nicht mehr gehört.
Karneval in Oberhausen: Regimentssterne tanzen kostümiert den Avatar-Kinohit nach
Stillstand möchte der Verein trotzdem nicht zeigen. Die „Faith Dance Company“ dreht die jecken Gewohnheiten um und lässt ausschließlich junge Männer tanzen. Die vereinseigene Garde, die Regimentssterne, schminkt sich in blauer Farbe, kostümiert sich aufwendig und zeigt eine tänzerische Interpretation des bekannten Avatar-Fantasy-Films. Von Outfits und Durchführung übrigens absolut kinoreif! Dass dabei auch schmissige Titel aus der Popkultur wie „Insomnia“ von Faithless ertönen, ist für die Dynamik wichtig und ein erlaubter wie dosierter Stilbruch.
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Überhaupt wollen die Jecken keine Partyliebhaber bekehren. Wülfing: „Beides hat doch seine Berechtigung. Sowohl bei traditionellen Veranstaltungen als auch beim Partykarneval werden die Hallen voll. Es gibt eben unterschiedliche Geschmäcker.“ Der Karneval in Oberhausen sei bunt und abwechslungsreich. „Wir sollten darauf stolz sein.“
Dass es mit ursprünglichem Karneval schwieriger ist, die Kartenkäufer zu erreichen, sieht der junge Vorsitzende nicht automatisch gegeben. „Das Angebot des traditionellen Karnevals ist längst kleiner geworden. Unsere Tickets waren darum in kürzester Zeit vergriffen.“ Die Ausrichtung der Programme sei keine Frage des Alters. „Wir vereinen im Verein verschiedene Generationen. Wir wollen alle Leute mitnehmen. Das ist am Ende wichtig.“
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