Oberhausen. 840 Narren haben in Oberhausen eine ausverkaufte Prinzenkürung gefeiert. Erste Frau ist Ministerin. Stargast sagt ab. Promi-Sänger springt ein.
Eigentlich fehlen Thorsten Eckrich selten die Worte. Als er von Hauptausschuss-Präsident Marcel Habendorf am Samstagabend feierlich die Prinzenkappe samt Federn, Kette und Zepter überreicht bekommt, fasst sich der neue Stadtprinz von Oberhausen sichtbar bewegt kürzer als gewohnt: „Danke. Danke. Danke.“
Warum auch nicht. Das passte in den Dreiklang der gerade erst eröffneten Karnevalssession. Helau. Helau. Helau. Der Neuadelige appelliert an den Zusammenhalt und schmeichelt dem Publikum: „Heute seid ihr alle meine Ehrengäste!“
Erste Erkenntnis: Der neue Regent geht glatt als Revierprinz durch! In der opulenten Bühnenkulisse blinkt ein großer Förderturm. Später schallt „Tief im Westen“ (ohne Bochum) frei nach Herbert Grönemeyer aus den Lautsprechern. Die Garde trägt Grubenlampen. Thorsten Eckrich springt für die Karnevalsgesellschaft „Glück auf“ in den Narrenring. Wer braucht schon einen Ferrari, wenn man eine Lore haben kann?
In der langen Session (bis Anfang März 2025) steckt ordentlich Musik, keine Frage. Und damit kennt sich Eckrich ziemlich gut aus. Schließlich zieht der neue Karnevalsprinz sonst als Schlagersänger „Ecki“ durch Konzertsäle und auf die Festivalbühnen. Unter anderem spielte er den Mike-Krüger-Klassiker „Bodo mit dem Bagger“ neu ein.
Karneval in Oberhausen: Thorsten I. Eckrich regiert in Oberhausen wie ein Revierprinz
Auch sonst ist der Sänger ein Tausendsassa, was Bürgermeister Werner Nakot in Vertretung des erkrankten OB Daniel Schranz bei der Inthronisierung betont. Gelernter Fahrlehrer, Schütze, Karnevalist und Papa eines Sohnes. Dass er bis Aschermittwoch nicht als Schlagerfigur „Ecki“, sondern protokollgerecht als Prinz Thorsten I. bezeichnet werden mag, hat er sich unter humorvoller Androhung von Strafe sogar in seine Proklamation schreiben lassen.
Da muss sich Musikerkollege Olaf Henning beinah auf die Zunge beißen. Er stichelt bei seinem Auftritt: „Ich habe dich noch nie so gut angezogen gesehen.“ Der Schlagerstar bringt den Saal früh in Schunkelstimmung. Henning wuchs in Mülheim-Dümpten auf und erzählt, so ziemlich jeden Stein in Oberhausen zu kennen. „Früher sind wir mit dem Mofa rübergefahren.“
Olaf Henning kommt nicht zum Plaudern, sondern lässt es schnell Knattern: „Komm’ hol das Lasso raus“, „Blinder Passagier“; „Ibiza“ und „Herzdame“. Das passt zum feierfreudigen Ruhrpott. Schlagergefühle kochen hoch.
Dass karnevalistische Akzente trotzdem nicht untergehen, liegt zum Beispiel am ausgezeichneten Tanz der Prinzengerade, der nicht an Bergbau-Anleihen spart und Tänzerinnen von „Glück auf“ und Großer Osterfelder Karnevalsgesellschaft (GOK) erstaunlich hoch durch die Luft fliegen lässt. Sehenswert!
Karneval in Oberhausen: Partysänger Oli P. tritt nicht auf, Mike Leon Grosch übernimmt
Die Regentschaft von Thorsten I. wirbelt sowieso das Protokoll durcheinander - und schreibt Geschichte: Erstmals regiert in einem Oberhausener Prinzenteam eine Frau mit. Yvonne Geschke heißt die neue Ministerin. Mit Maximilian Geschke steht ihr zudem ein Page zur Seite.
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Hofmarschall Guido Franke und die Paginnen Jennifer Geschke, Hanna Künzel und Angela Fuchs komplettieren das moderne Prinzenteam. Das Motto: „Die Zeit scheint für uns still zu stehen / wenn wir durch eure Säle ziehen / für uns Kumpels die schönste Zeit / mit Jubel, Trubel, Heiterkeit!“
840 Gäste klatschen in der Luise-Albertz-Halle darum besonders laut. Damit ist die Stadthalle ausverkauft. An Tickets zu kommen, war diesmal allerdings gar nicht so einfach. Die Kapazität fällt gegenüber den Vorjahren überraschend um rund 150 Sitzplätze kleiner aus. Ein neues Sicherheitskonzept der Halle mit knapperer Bestuhlung hatte auch die Veranstalter überrascht.
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Apropos Überraschung: Eigentlich sollten Partysänger Oliver Petszokat, besser bekannt als Oli P., und Hits wie „Flugzeuge im Bauch“ für Hochgefühle sorgen. Doch der Stargast sagte überraschend ab. Dem Vernehmen nach soll es sich um eine klassische Doppelplanung gehandelt haben. Der Sänger war nämlich zeitgleich beim Indoor-Festival „Die Schlagernacht des Jahres“ in der Berliner Uber-Arena gefordert.
„Die Zeit scheint für uns still zu stehen / wenn wir durch eure Säle ziehen / für uns Kumpels die schönste Zeit / mit Jubel, Trubel, Heiterkeit!“
Dafür springt ein weiterer Sangeskollege von Prinz Thorsten Eckrich ein: Schlagersänger Mike Leon Grosch haucht sein „Wunderschön“ und „Nicht mal eine Stunde“ ins Mikrofon und hat zum Finale der fünfstündigen Prinzenkürung leichtes Spiel.
Karneval in Oberhausen: Kölner „Boore“ überzeugen musikalisch und treten ins Fettnäpfchen
Zuvor hatten die bekannten Kölner Bauernhof-Musiker „Boore“ die Narren von den Sitzplätzen zitiert. Nach der Schlagerkost, die im Jeckenkosmos sicher nicht nur Freunde hat, setzen die Boore auf rheinische Akzente und bringen den Schunkelklassiker „Rut sin de Ruse“ unters Volk. Die Kölner Gruppe hat sich stark verändert und mit neuen, jüngeren Bandmitgliedern den Wandel zur modernen Kölner-Mundart-Gruppe vollzogen. Die Kölsch-Note schnurrt bestens.
Allerdings muss man es wohl unter jugendlichem Leichtsinn verbuchen, dass sich die Kölner Musiker bei einer heiklen Fußball-Frage vergaloppieren und ausgerechnet einen großen Rivalen von Rot-Weiß Oberhausen nennen: „Wen mag man in Oberhausen? Schalke? Rot-Weiss Essen?“ Eigentor!
Ein unterhaltsames Programm nimmt seinen Lauf. Dafür sorgt ein runderneuerter Gemeinschaftstanz aller Oberhausener Tanzgarden, der als beste Werbung für die hiesige Narretei selbst Muffeln ordentlich Beine macht. Großer Applaus.
Am Ende greift der Stadtprinz höchstpersönlich zum Mikrofon - und wird ein jecker Backstreet Boy. Dem Boyband-Hit „Everybody“ verpasst der Prinz eine karnevalistische Note. Ganz ohne seinen alten Ego „Ecki“ geht es dann eben doch nicht.
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