Oberhausen. Die Mieten von Wohnungen, vor allem von neuen, haben sich in Oberhausen kräftig erhöht. Wie handelt der Oberbürgermeister nun? Ein Interview.
Herr Oberbürgermeister, seit vielen Jahren steigen in allen Großstädten die Mietpreise stark an - auch in Oberhausen. Viele Menschen sorgen sich, dass sie keine bezahlbare Wohnung mehr finden. Wie schätzen Sie die Lage auf dem Wohnungsmarkt hier ein?
Daniel Schranz: Trotz aller Mietanhebungen ist die Situation hier noch vergleichsweise entspannt. Bei uns steigen die Mieten zum Glück geringer als in anderen Großstädten - von 2022 bis 2023 um durchschnittlich sechs Prozent. Hier wird also die allgemeine Preisentwicklung abgebildet. Wir haben in Oberhausen noch einen überdurchschnittlichen Bestand an Sozialwohnungen, und wir bleiben bei den Durchschnittsmieten – auch bei nicht geförderten Wohnungen – eher unter dem Durchschnitt. Die Fachleute bestätigen: Es ist nach wie vor kein Problem, in Oberhausen eine preisgünstige Wohnung zu mieten.
Aber die Zahl der Baugenehmigungen von Wohnungen hat sich in Oberhausen im vergangenen Jahr halbiert, zudem fallen immer mehr Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung. Sehen Sie nicht große Probleme auf Oberhausen zukommen?
In jedem Fall haben wir einen deutlichen Bedarf an neuen Sozialwohnungen. Hohe Zinsen und Baukosten haben den privaten Wohnungsbau fast zum Erliegen gebracht – in ganz Deutschland. Dafür steigt aber das Interesse der Immobilieninvestoren, Sozialwohnungen zu bauen, da diese vom Land massiv gefördert werden. Für Oberhausen beträgt das Förderbudget 10,5 Millionen Euro. Das Interesse der Investoren daran war aber so hoch, dass wir 13 Millionen Euro zusätzlich benötigt hätten. Zum Glück hat das Land diese Wohnungsbauförderung von 1,7 Milliarden Euro auf 2,7 Milliarden Euro deutlich erhöht. Das ist auch notwendig, denn die Schere zwischen den aus der Mietpreisbindung herausfallenden Wohnungen und den neu gebauten Sozialwohnungen darf nicht immer weiter auseinandergehen.
Tatsächlich fiel von 2018 bis 2023 jede fünfte Sozialwohnung in Oberhausen weg. Was halten Sie von der Forderung der Ratsmehrheit nach einer Pflicht-Sozialwohnungsquote für Immobilieninvestoren?
Die Stadtverwaltung wird dem Rat, wie gewünscht, dazu einen Vorschlag erarbeiten. Allerdings benötigen wir derzeit im Grunde keine Pflichtquote, da das Interesse der Immobilieninvestoren am Bau von Sozialwohnungen sehr groß ist. Das war auch schon mal anders, da wurden die Budgets des Landes an Wohnraumförderung nicht ausgeschöpft. In Oberhausen haben wir es allerdings geschafft, dass wir in den vergangenen zehn Jahren 33 Prozent mehr Förderung für Sozialwohnungen auszahlen konnten, als uns zugestanden hätte – weil andere Kommunen ihre Budgets nicht abgerufen haben. Das Interesse der Investoren ist heutzutage so überaus groß, dass wir mehr Sozialwohnungen automatisch bekommen, wenn das Land die Förderbudgets erhöht. Die Aufstockung der Wohnungsbauförderung um eine Milliarde ist also der richtige Weg - reicht aber nicht aus, damit genauso viele Sozialwohnungen gebaut werden wie aus der Mietbindung fallen. Zum Glück erhöhen die Eigentümer die Mieten der früheren Sozialwohnungen in der Regel aber nicht drastisch. Trotzdem finde ich es richtig, dass wir in den sozialen Wohnungsbau stärker investieren.
Im frei finanzierten Wohnungsbau werden nun aber selbst in Oberhausen für neu gebaute Wohnungen 14/15 Euro Kaltmiete je Quadratmeter verlangt. Damit kostet eine 100-Quadratmeter-Wohnung warm schnell 2000 Euro im Monat. Was läuft in Deutschland schief, dass Wohnen so teuer geworden ist?
Die Verteuerung hat einerseits konjunkturelle Gründe, andererseits aber haben wir in Deutschland die Baustandards so hochgeschraubt, dass Neubauten so teuer geworden sind. Ein Beispiel ist das Bunkerprojekt Holten, in dem 21 Wohnungen mit gehobenem Standard errichtet worden sind. Bauphysikalisch, sagen die Investoren, hätte das in keinem Fall gedämmt werden müssen, weil da so unfassbar viel Beton verbaut ist. Doch wegen der Vorschriften waren sie gezwungen, eine Dämmung zu installieren, die zur Energieeinsparung nicht benötigt wird. Da sind also offensichtlich Übertreibungen im Spiel.
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In Oberhausen sind allerdings 14, 15 oder 16 Euro pro Quadratmeter die Spitze der Pyramide für Neubauwohnungen in absoluten Top-Lagen mit der besten Ausstattung. Ansonsten werden neue Wohnungen im Schnitt für zehn oder elf Euro an Kaltmiete je Quadratmeter angeboten. Für Bestandswohnungen, die neu vermietet werden, liegt der Durchschnitt noch erheblich darunter, etwa bei sieben Euro, und für neue Sozialwohnungen bei sechs Euro.
Trotz alledem: Vielleicht müssen sich alle Bürger daran gewöhnen, dass sie künftig einen größeren Teil ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben müssen?
Die Einkommen sind zuletzt im Durchschnitt ja auch gestiegen. Ich maße mir jetzt kein Urteil darüber an, wie sich das bundesweit entwickeln wird. Aber wir tun gut daran, sozialen Wohnungsbau weiter zu finanzieren, um diesem enormen Preisdruck etwas entgegenzusetzen. So schaffen wir es, dass es ein ausreichendes Wohnungsangebot für Menschen gibt, die sich die höheren Mieten im frei finanzierten Wohnungsneubau nicht leisten können. Mit Blick auf Oberhausen habe ich nicht das Gefühl, dass es hier zu sozialen Unwuchten kommen wird.
Oberhausen setzt in der Stadtentwicklungs-Strategie auch darauf, Luxuswohnungen anzubieten, um die Anziehungskraft auf kaufkräftige neue Einwohner zu erhöhen. Verschärft das nicht die Lage auf dem Wohnungsmarkt und grenzt viele Menschen aus?
Es geht hier nicht um ein „entweder – oder“, sondern um ein „sowohl – als auch“! Wir haben im Stadtgebiet nachweislich relativ wenig hochwertigen Wohnraum und keinen Mangel an günstigem Wohnraum. Private Immobilieninvestoren erstellen in unserer Stadt Wohnungen im hochpreisigen Segment, eben weil sie sich wirtschaftlich lohnen: Es gibt eine Nachfrage danach. Und wir als Stadt haben ein Interesse daran, kaufkräftige Familien in Oberhausen zu halten oder anzuziehen.
Unsere Strategie ist es, in den Stadtquartieren eine gute Mischung der Bürgerinnen und Bürger unterschiedlicher Einkommensschichten zu haben. Dazu brauchen wir sowohl Sozialwohnungen als auch teureren Wohnraum. Denn unsere Stadt ist längst noch nicht fertiggebaut: Fachleute haben für die Oberhausener Wohnungsmarktstudie 2017 ermittelt, dass wir bis zum Jahr 2030 rund 4400 Wohneinheiten zusätzlich benötigen. Mittlerweile sind etwa 1500 gebaut, in den nächsten sechs Jahren sind weitere 2500 bis 3000 Wohnungen notwendig - im Geschosswohnungsbau genauso wie in Ein- und Zweifamilienhäusern. Das wird uns auch gelingen.
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Die Stadt ist noch nicht fertig gebaut - das werden Umweltfreunde nicht gerne hören, Oberhausen ist doch schon bundesweit die am zweitstärksten versiegelte Stadt Deutschlands. Müssen noch mehr Grüngebiete wie das Sterkrader Zechengelände zugebaut werden?
Wenn es sich um echte Grüngebiete handelt, käme niemand auf die Idee, dort zu bauen - im Hiesfelder Wald etwa, oder im Kaisergarten. Doch beim Sterkrader Zechengelände handelt es sich ja um altindustrielle Flächen, die wir revitalisieren wollen und müssen. Die früher auf diesem Areal durch die Kohleförderung stattgefundene Wertschöpfung können wir dann wenigstens zum Teil wieder realisieren. Das Gelände soll ja nicht zugebaut werden, sondern mit Wohnen, Gewerbe, der Renaturierung des Alsbachs und einem großen Grünanteil hochwertig gestaltet werden. Und die jetzigen Anwohner – deren Bedenken ich gar nicht geringschätzen will – erhalten durch den Gewerberiegel einen besseren Schallschutz.
Kann man aber, statt solche durch Wildwuchs begrünten Flächen zu bebauen, nicht lieber Altbauten renovieren lassen?
Ein stärkeres Investment in die Sanierung des Wohnungsbestandes durch die Hauseigentümer steht ohne Zweifel auf der städtischen Wunschliste relativ weit oben. Aber wir reden hier nicht von Tausenden Wohnungen, sondern von maximal einigen hundert, die so marode sind, dass sie nicht mehr marktfähig sind. Selbst wenn alle saniert würden, reicht dies nicht, um unseren Bedarf an Wohnungen zu decken.
Wie kann die Stadt Oberhausen grundsätzlich handeln, damit Wohnungen oder Einfamilienhäuser bezahlbar bleiben? Könnte sie nicht auch Bauland billiger abgeben?
Das hat die Stadt gemacht, und das wird sie auch weiterhin tun, auch wenn sich die Zahl an städtischen Flächen in Grenzen hält. In den vergangenen Jahren haben wir in die Sportinfrastruktur investiert und konnten Sportplätze, die nicht mehr zukunftsfähig waren, aber auch Flächen von aufgegebenen Schulstandorten dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stellen. Deshalb sind über 500 Wohneinheiten entstanden, in einer guten Mischung aus frei finanziertem und sozialem Wohnungsbau. Zudem haben wir als Bewilligungsbehörde für den geförderten Wohnungsbau in den vergangenen zehn Jahren mehr Gelder für den sozialen Wohnungsbau eingeworben, als uns vom Land zunächst zugestanden wurden.
Und bei der Stadtplanung setzen wir auf einen vernünftigen Mix aus Gewerbe, Grün und Wohnen: Dies verwirklichen wir beim Stahlwerksgelände mit den Newag-Flächen, auf dem Zechenareal in Sterkrade oder beim grünen Gewerbepark „Gute Hoffnung“ auf der Brachfläche zwischen MAN Energy und GHH Radsatz mit drei Mehrfamilienhäusern. Zudem werden Wohnungen auf dem Rück-Gelände im Schladviertel entstehen, das am Ende grüner sein wird als heute.
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