Oberhausen. Oberhausen hat sich Visionen und Leitziele gesetzt, wohin sich die Stadt entwickeln soll. Dabei lässt die Wohnungs-Strategie aufhorchen.
Oberhausen hat in den vergangenen Jahren so viele Konzepte, Strategiepapiere und Gutachten erstellen lassen, dass böse Spötter behaupten, mit den oft teuer extern eingekauften Weisheiten könne man sämtliche Wände im Rathaus von oben nach unten tapezieren.
Doch der Argwohn gegen Zukunftsideen für diese Stadt ist billig zu haben - die Kritiker verkennen, wie wichtig es ist, verlässliche Leitplanken in den Boden zu rammen, um die Arbeit von Politik und Rathaus-Fachleuten für die Zukunft einer Stadt in machbare Richtungen zu lenken. Nur wenn die Verantwortlichen eine Idee von ihrer Heimat haben, eine Strategie für ihre Zukunft entwickeln, ist die Gefahr, dass Projekte nur ein chaotisches Sammelsurium bilden und nicht auf die Vision der Stadt einzahlen, reduziert. Zudem fällt es gerade in einer armen Stadt mit einer klaren Strategie leichter, welche Themen man priorisiert - und welche man nicht verfolgt.
Die Stadtoberen, allen voran die Strategie-Experten Ralf Güldenzopf und Martin Florack, haben in ihrem „Integrierten Stadtentwicklungskonzept“ Erkenntnisse aus mehreren vorherigen Detail-Papieren zusammengeschrieben. Nicht alle im Rat zeigten sich über die 45-Seiten-Strategie-Ausarbeitung mit dem Titel „Vision, Leitziele und Schwerpunkte der Stadtentwicklung“ begeistert, die Mehrheit von CDU und SPD segneten die Ergebnisse aber ab. Dagegen waren die kleinen Parteien aus unterschiedlichen Gründen: die Grünen, die AfD, die Linken und die FDP.
Stadtstrategen malen ihre Vision von Oberhausen mit besonders schönen Worten
Mit vier Markenkernen statten die Autoren das Stadtentwicklungskonzept unter der Überschrift „Oberhausen-Vision“ aus: „Die lebenswerte Stadt“, „Die prosperierende Stadt“, „Die nachhaltige S0tadt“ und „Die Chancenstadt“. Beim Lesen der Inhalte dieser großen Leitbilder merkt man schnell: Die Wort-Konditoren in der Stadtkanzlei haben sich viel Mühe gegeben, ihre Vision mit blumigen Begriffen besonders schön zu malen. Der Vergleich mit der realen Gegenwart wird dem einen oder anderen Bürger bitter aufstoßen, doch die Zukunft soll ja eben viel besser werden.
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So heißt es unter lebenswerter Stadt: „Oberhausen ist eine lebenswerte Stadt mit sicheren, sauberen sowie attraktiven Stadtteilen, in denen eine hohe Lebens- und Aufenthaltsqualität vorzufinden ist. Bezahlbarer Wohnraum, attraktive Freizeit- und Kultur- und Bildungsangebote machen Oberhausen zu einem Magneten für Bewohner*innen und Besucher*innen.“
Und zur Wirtschaftslage der Zukunft: „Oberhausen ist eine prosperierende Stadt und verfügt über eine vielfältige und widerstandsfähige Wirtschaft, die sich international als wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort mit innovativer Gründerszene etabliert hat.“
Ganz konkret kann so ein Visions-Papier naturgemäß nicht werden, aber in den Fachkapiteln gibt es einige bemerkenswerte Versprechungen. So soll Oberhausen künftig eine „eine moderne Verwaltung“ haben, die „geprägt ist von digitaler Transformation, intensiver fachübergreifender Zusammenarbeit und einer aktiven Einbindung der Bürgerinnen und Bürger“.
Besonders auffällig ist dabei das Kapitel zum Wohnungsmarkt. Im Rat hatte sich die Mehrheit der Lokalpolitiker besorgt darüber gezeigt, dass schon jetzt, aber erst recht in Zukunft Teile der Bevölkerung selbst in Oberhausen keine bezahlbare Wohnung mehr ergattern können. Sie forderten mit Mehrheit, künftige Immobilien-Investoren zu einer Quote an Sozialwohnungen zu verpflichten. Denn zuletzt waren viel zu wenig neue Wohnungen in Oberhausen genehmigt und gebaut worden - angesichts des steigenden Bedarfs.
Zahl der Haushalte in Oberhausen stark gestiegen
Alleine in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Einwohner auf 213.000 deutlich erhöht, erst recht aber die für den Wohnbedarf entscheidende Zahl an Haushalten: Statt 102.000 im Jahre 2013 sind es jetzt 106.000. Die Zahl der Wohnungen stieg in der Vergangenheit allerdings auch: 111.600 waren es im Jahr 2022. So erklärt sich die Stadtspitze, dass der Wohnungsmarkt in Oberhausen im Vergleich zu Köln, Hamburg oder Berlin „weitgehend entspannt“ war.
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Doch damit das auch in Zukunft so bleibt, muss die Stadt zusammen mit Investoren und Hauseigentümern massiv gegensteuern. Oberhausen will dabei erreichen, dass Altbauten energisch saniert und qualitativ deutlich verbessert werden. Denn einerseits gibt es bei Familien und Alleinstehenden den Trend, immer hochwertigere Wohnungen im Grünen nachzufragen, andererseits sind im gesamten Stadtgebiet Wohnungen der Baujahre 1949 bis 1990 vorherrschend, die „zum Teil klar erkennbare Mängel im Bestand“ haben.
Deshalb will die Stadtspitze mehrgleisig fahren. „Das Wohnungsmarktangebot in Oberhausen soll vorzugsweise aus dem Bestand heraus entwickelt und der Bedarf ohne Neubau gedeckt werden. Dafür gilt es, eine ,Umbaukultur‘ zu etablieren, die den Bestand qualitativ weiterentwickelt.“ Familien sollen Chancen auf ein Eigenheim auch ohne Neubau erhalten. Ein- und Zweifamilienhäuser im Grünen sind aber nicht tabu - im Gegenteil: „Die Bildung von Eigentum soll grundsätzlich einen Beitrag zur qualitätsvollen Innenentwicklung leisten – gute Infrastruktur, Standorte mit grünem Umfeld.“
Neu gebaute Wohnungen selbst in Oberhausen mit 14 Euro Kaltmiete je Quadratmeter
In Zeiten, in denen Wohnungen, neu gebaut oder aufwändig umgebaut, sogar in Oberhausen mit Kaltmieten pro Quadratmeter von 14 Euro auf den Markt geworfen werden, gibt die Rathaus-Führung ein ehrgeiziges Ziel aus: „Als elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge soll das Wohnen auch in Zukunft bezahlbar bleiben. Auch einkommensschwächeren Haushalten ist der Zugang zu attraktiven Wohnraum zu ermöglichen.“
Zugleich aber will Oberhausen einkommensstarke Klientel anlocken - gutverdienende Paare sollen die Stadt als attraktiven Lebensort entdecken. „Es wird eine Nachfragedeckung im gehobenen Segment angestrebt. Durch die Schaffung von repräsentativen Qualitätswohnen soll Oberhausen auch über die Stadtgrenzen hinaus neue Einwohner*innen anziehen.“
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