Mülheim. Toilette unter Wasser, Küche versifft, im Winter kalt, im Sommer heiß: Problemliste an Mülheims Bauhof ist lang. Ein Blick hinter die Fassade.

Dieser Tag Ende 2023 ist dem kommissarischen Leiter des Mülheimer Bauhofs, Hakan Cayli, noch lebhaft in Erinnerung: In blubbernden Fontänen drückt sich Abwasser durch die Abflussgitter des Toilettenraums. So kräftig steigt es, dass es die Klodeckel anhebt. Ein Video dokumentiert das denkwürdige Ereignis - und eine Gasmaske, die vor dem Toilettenraum baumelt. Und das ist längst nicht alles, was auf dem Gelände am Heifeskamp behoben werden müsste.

Was es derzeit für den Job braucht, zeigen Roland Jansen, Leiter der Verkehrs- und Straßenplanung, und der kommissarische Bauhofleiter Hakan Cayli bei einer Führung durch die Räume und über das 10.500 Quadratmeter große Gelände, das etwas verschanzt zwischen Metro und Autobahn A40 liegt.

Kurz gesagt: Die Lagerflächen und das Gebäude haben offensichtlich den besseren Teil ihrer Existenz lange hinter sich, außen wie auch im Inneren. Jansen wie Cayli würden sich daher wünschen, dass hier oder an einer anderen Stelle ein neuer Bauhof entsteht. Doch wann?

Risse im Boden der Lagerräume des Mülheimer Bauhofs: Bei langem Starkregen steigt hier Wasser auf. Und das ist längst nicht alles.
Risse im Boden der Lagerräume des Mülheimer Bauhofs: Bei langem Starkregen steigt hier Wasser auf. Und das ist längst nicht alles. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Gesucht für Mülheims maroden Bauhof: Pragmatismus und eine Portion Galgenhumor

Aktuell zumindest zählt eine Portion Pragmatismus und Galgenhumor mit zu den Jobqualitäten und zur inneren Resilienz, die die rund 29 Mitarbeitenden in den Kolonnen, in der Straßenbegehung und der Verwaltung des Bauhofs am Heifeskamp wie selbstverständlich mit zur Arbeit bringen.

Lagerflächen und das Gebäude des Mülheimer Bauhofs haben offensichtlich den besseren Teil ihrer Existenz lange hinter sich.
Lagerflächen und das Gebäude des Mülheimer Bauhofs haben offensichtlich den besseren Teil ihrer Existenz lange hinter sich. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Sie müssen bei langem Starkregen mit Überschwemmungen rechnen, die bis in die Büros dringen, mit Kälte im Winter und Hitze im Sommer dank Einfachverglasung und Wellblechdach. Sie müssen vor dem Duschen das Wasser wegen Legionellengefahr lange laufen lassen, das Trinkwasser lässt sich nur mit Desinfektionstabletten gefahrlos genießen. Und was im Raum 24 aufbewahrt wird, will man vielleicht gar nicht so ganz genau erfahren.

Cayli und seine Truppe wissen sich immerhin pragmatisch zu helfen: Die Büros sind bewusst „funktional“ eingerichtet, zeigt der kommissarische Leiter, Handtücher und anderes Material eignen sich akzeptabel zum Löcherstopfen gegen Zugluft, und schaut mal das Wasser von unten vorbei, wird der teure Plotter vorsorglich auf Rollen in Sicherheit gefahren und alles Elektrische auf die Tische gehoben.

Auf dem Bauhof kommen viele Aufgaben zusammen, um Mülheims Straßennetz am Laufen zu halten.
Auf dem Bauhof kommen viele Aufgaben zusammen, um Mülheims Straßennetz am Laufen zu halten. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn
Die ‚gute alte‘ Zeit: Umkleiden sind hier im Charme der 1970er Jahre zu bestaunen.
Die ‚gute alte‘ Zeit: Umkleiden sind hier im Charme der 1970er Jahre zu bestaunen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Bauhof-Beschäftigte sorgen dafür, dass in Mülheim alles läuft

Die Umkleiden sind im Charme der 70er Jahre quasi konserviert, die veraltete Küche nutze man gar nicht mehr, verrät ein Mitarbeiter - zu versifft. Doch Lamentieren helfe ja nicht: „Wir versuchen eben zu improvisieren“, sagt Cayli pflichtbewusst. Man müsse seinen Job machen.

Schließlich ist dies die einzige städtische Einrichtung ihrer Art, die mit dazu beiträgt, dass wortwörtlich alles läuft. Denn sie kontrollieren Mülheims 720 Kilometer langes Straßennetz - acht „Begeher“ laufen dafür rund 13 Kilometer am Tag und tragen ihre Befunde in ein digitales System ein. Andere verfüllen Schlaglöcher, bessern das Pflaster aus und halten Pöller und Verkehrszeichen instand. Sie beseitigen Ölspuren, sie setzen Absperrungen bei Unfällen, Hochwasser und Waldarbeiten.

Mülheimer Amtsleiter: „Eine Sanierung wäre wahrscheinlich zu aufwendig“

Zu den moderneren Elementen des Mülheimer Bauhofs zählen ein elektrischer Radlader, ein E-Stapler und zwei elektrische Pkw.
Zu den moderneren Elementen des Mülheimer Bauhofs zählen ein elektrischer Radlader, ein E-Stapler und zwei elektrische Pkw. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Nicht alles auf dem Mülheimer Bauhof ist in die Jahre gekommen. Zu den moderneren Elementen zählen die große Photovoltaik-Anlage auf dem großen Carport, ein elektrischer Radlader, ein E-Stapler und zwei elektrische Pkw.

Und doch ist klar: Der Mülheimer Bauhof braucht weit mehr als nur Resilienz und etwas Farbe. Das macht auch Amtsleiter Roland Jansen deutlich: „Der Zustand des Mülheimer Bauhofs ist sehr alt, desolat. Eine Sanierung wäre wahrscheinlich zu aufwendig.“ Ein Abriss und Neubau wäre aus seiner Sicht geboten, entweder hier und unter den Bedingungen des laufenden Betriebs - oder auf einem alternativen Gelände.

Roland Jansen,  Leiter der Verkehrs- und Straßenplanung: „Der Zustand des Mülheimer Bauhofs ist sehr alt, desolat. Eine Sanierung wäre wahrscheinlich zu aufwendig.“
Roland Jansen,  Leiter der Verkehrs- und Straßenplanung: „Der Zustand des Mülheimer Bauhofs ist sehr alt, desolat. Eine Sanierung wäre wahrscheinlich zu aufwendig.“ © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Neubau kostet, Amtsleiter sieht aber Synergien

Dass dies kostspielig werden kann, ist auch Jansen klar. Der Amtsleiter hätte aber einen Ansatz, der die Investition lohnend machen könnte: Synergien mit weiteren städtischen Fachbereichen wie dem Grünflächenamt durch gemeinsame Räume und Geräte. Und mehr Eigenleistungen.

Statt Aufträge extern vergeben zu müssen, könnte man etwa die Straßensanierung viel umfassender selbst erledigen. Jansen verspricht sich davon nicht nur eine schnellere Erledigung von Straßenschäden, sondern auch eine bessere Vorsorge, die Kosten sparen könnte.

33 Prozent der Mülheimer Straßen seien zwar schon im roten Bereich, rechnet Jansen, aber ein guter Teil erst im gelben. Sie würden in den kommenden zwei bis fünf Jahren ins Rot rutschen, es sei denn, man würde diese im Eigenbetrieb der Stadt gründlicher sanieren als es derzeit geschieht. Das verzögere den Verfall um einige Jahre und spare so Kosten. Dafür jedoch sei eine bessere personelle und technische Ausstattung notwendig.

Mülheims Kämmerer: „Wir sind noch am Anfang eines Prozesses“

Damit warb Jansen zuletzt auch im Mobilitätsausschuss und hofft eine Debatte anzustoßen, die angesichts der Zustände drängt. Im Ausschuss zeigte man sich über die Arbeitsbedingungen überrascht bis entsetzt. Auch im Verwaltungsvorstand sieht Jansen hoffnungsvolle Signale, zumindest zu prüfen, ob sich ein Neubau unter bestimmten Bedingungen umsetzen ließe.

Wie sich die Einrichtungen genau zusammenfügen können, was gemeinsam genutzt werden kann, dafür gibt es noch keinen Plan, geschweige denn eine Schätzung der Kosten, ob sich ein Neubau samt Zusammenlegung lohnen könnte. Kämmerer Frank Mendack steht daher einer solchen Prüfung, angesichts der ungebrochen angespannten Haushaltslage mit einigen ungeklärten Faktoren wie Altschulden und Grundsteuer, vorsichtig, wenn auch nicht ablehnend gegenüber: „Wir sind hier aber noch am Anfang des Prozesses, der von der Haushaltslage geprägt ist.“

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