Mülheim. Der Zustand von Mülheims Straßen verschlechtert sich weiter. Dabei legt die Stadt jedes Jahr Millionen zurück. Für manchen ist das unbegreiflich.

Loch an Loch - und hält doch: Dass der Zustand einiger Straßen in der Stadt einem Schweizer Käse ähnelt, ist an sich keine Neuigkeit, sondern erlebbare Wirklichkeit. Der Mülheimer hat gelernt, damit zu leben: Die einen und offenbar immer mehr wechseln zum SUV, die anderen, wie die Mülheimer Streetart-Künstlerin Natalie von Lackum, haben sich auf Schlagloch-Kunst spezialisiert. Und beide werden auch in Zukunft Beschäftigung haben, denn dem Bauhof der Stadt fehlt das Personal, um die Mülheimer Käselöcher zu stopfen.

Jeden Tag versenke die Stadt eine Tonne Heißasphalt in ihren Verkehrswegen, berichtet die Verwaltung, die einen „deutlichen Anstieg der Schadensfälle“ verzeichnet. Zusätzlich füllt man Löcher mit Kaltasphalt. Und auch diese Kosten steigen deutlich auf 7800 Euro in den ersten Monaten dieses Jahres. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2022 hatte man nur 5300 Euro dafür ausgegeben, was nicht nur den schlechten Straßenzustand belegt, sondern ebenso verdeutlicht, wie sehr Mülheim bei der Behebung hinterherhinkt.

Schlechte Nachricht: Mülheim fehlt Personal für Schlaglöcher. Die gute: keine Löcher im Haushalt

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Denn die gute Nachricht ist jedoch zugleich die schlechte: Die zunehmenden Schlaglöcher reißen zwar vorerst keine Löcher in Mülheims Kasse. Jedoch nur, weil man selbst das vorhandene Geld für die Instandhaltung der Straßen gar nicht so schnell ausgeben kann. Zwei Millionen hat der Kämmerer für die Instandhaltung der Straßen im Rotbereich - also schlechter als die Zustandsnote 3,5 (ungenügend) - vorgesehen. Doch können sie auch abgerufen werden?

Schlaglöcher und notdürftig geflickte Stellen gab es im April 2022 auch auf der Nollendorfstraße in Mülheim-Heimaterde. Heute ist die Straße neu gemacht und aufgeteilt.
Schlaglöcher und notdürftig geflickte Stellen gab es im April 2022 auch auf der Nollendorfstraße in Mülheim-Heimaterde. Heute ist die Straße neu gemacht und aufgeteilt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Denn derzeit hat die Stadt einfach nicht genügend Personal, das alle Schlaglöcher sofort beheben könnte - das geht aus einem Bericht der Stadt hervor. Die Kolonnen des Bauhofs müssen noch andere Aufgaben leisten, heißt es darin. Dann sei auch noch die Mischanlage länger ausgefallen. „Ohne zusätzliche Kapazitäten am Bauhof werden die Reparaturarbeiten zeitlich nur verschleppt.“

Und das nicht erst seit gestern: Laut Bericht fehle es bereits an sogenannten Begehern, die eigentlich jeden Tag rund zwölf Kilometer Straße auf Verkehrssicherheit abklappern sollten. Aber auch den Zustand etwa von Gehwegen, Verkehrszeichen und Treppenanlagen festhalten. Einige davon seien zudem „leistungsgemindert“, so die Stadt, und schafften im Schnitt nur acht Kilometer. So kommt man schon mit der Mängelerfassung nicht mehr nach.

Kämmerer: „Wir müssen mit einer Mangelverwaltung leben“

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Also muss Mülheim Jahr für Jahr Millionenbeträge für die Ausbesserung von Straßen zurückstellen, weil Schäden nicht erfasst werden und das vorhandene Personal sie nicht beheben kann. „Das Schlaglochproblem hat keine finanziellen Gründe“, bestätigte Kämmerer Frank Mendack neulich in der Bezirksvertretung 1 - zu mancher Verblüffung in der Politik.

Und das wohl auf absehbare Zeit. Denn selbst an externe Firmen könne man die Aufträge nicht vergeben, so Mendack, weil Mülheim um solche Firmen mit anderen Städten konkurriere. Der Fachkräftemangel, den man in vielen Bereichen von der Kita bis zum Dachdecker kenne, mache sich auch hier bemerkbar. „Wir müssen mit einer Mangelverwaltung leben“, stellte der Kämmerer in Aussicht.

Widerstand aus der Politik: Wo bleibt die Lösung?

Doch nicht nur bei der CDU stößt das auf wenig Verständnis: „Die Stellungnahme der Verwaltung befriedigt mich und wohl auch die Bürger in keiner Weise. Das Problem ist lange bekannt. Warum hat man auf einen derartigen Personalmangel beim Bauhof nicht viel früher hingewiesen?“, schwankt Hansgeorg Schiemer, Fraktionschef der CDU in der Bezirksvertretung 1, zwischen Fassungs- und Ratlosigkeit.

Noch weniger Verständnis hat der CDU-Sprecher für die Forderung in der Verwaltungsantwort, die „Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur deutlich zu erhöhen, um so den Instandsetzungsaufwand zu reduzieren“.

Schiemer fühlt sich an ein Schwarzer-Peter-Spiel erinnert: „Die eine Seite verweist auf die Finanzen, die andere auf das Personal. Ich erwarte, dass Verwaltung rechtzeitig Probleme benennt und Lösungsvorschläge macht. Und mir nicht erklärt, was alles nicht geht.“

Politik reagiert mit Galgenhumor: „So macht SUV-Fahren mehr Spaß“

So zeichnet sich eine große Lösung für Mülheims Straßenzustand erst einmal nicht ab. Eher die der kleinen Ansätze: Die Grünen drängen auf eine klare und noch stärkere Priorisierung bei der Behandlung von Straßenschäden sowie die Möglichkeit, diese Schäden mit genauen GPS-Daten melden zu können, um Begeher zu entlasten.

Zumindest macht es so „mehr Spaß, SUV zu fahren“, nimmt SPD-Sprecher Peter Pickert Mülheims Buckelpisten mit einer Prise Galgenhumor. Doch er macht auch ernste Vorschläge: Statt einzelne Löcher mit Kaltasphalt zu stopfen, sollte die Stadt lieber gleich großflächig vorgehen. „Alles andere ist ein Flickwerk ohne Ende.“ Auch die SPD will eine Mangelverwaltung nicht hinnehmen. Vom Kämmerer fordert Architekt Pickert „ein Machtwort“, und ergänzt im Nachgang gegenüber der Redaktion: „Wenn ich doch das Geld habe, kann ich eine Mülheimer Firma als Generalunternehmer engagieren.“ Aus seiner Sicht seien die Kapazitäten hier noch nicht ausgeschöpft.

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