Moers. Die Wählergemeinschaft „Die Grafschafter“ tritt nicht mehr zur Kommunalwahl an. Mehr noch: Sie löst sich auf. Die Gründe für das plötzliche Aus.
Paukenschlag in der Moerser Kommunalpolitik: Die Moerser Parteien- und Wählerlandschaft wird um eine Gruppierung ärmer. Die erste Moerser Wählergemeinschaft „Die Grafschafter“ tritt zur nächsten Kommunalwahl nicht mehr an. Das teilt die Wählergemeinschaft am Dienstag in einer Mail an die Redaktion mit.
In dem Schreiben heißt es: „Die erste Moerser Wählergemeinschaft ,Die Grafschafter‘ hat auf ihrer gestrigen außerordentlichen Mitgliederversammlung einstimmig beschlossen, nach über 20 Jahren intensiven, aufopferungsvollen und einige Male erfolgreichen Engagements für die Menschen in Moers, zur nächsten Kommunalwahl in 2025 nicht mehr anzutreten und ,Die Grafschafter‘ zum 31.12.2025 aufzulösen.“
Es sei klar, dass ein Mandat „ein Vertrauensvorschuss auf Zeit ist, der bei den Kommunalwahlen alle fünf Jahre erneuert wird. Bevor man sich also ins Rennen um die Gunst der Wählerschaft begibt, ist es notwendig zu analysieren, welche Chancen auf Erfolg bestehen, in Fraktionsstärke in den Rat“ der Stadt einzuziehen, heißt es weiter.
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Die Grafschafter betonen in ihrem Schreiben, dass es nicht interne Gründe sind, die ausschlaggebend für den Entschluss waren. Sie sprechen von mehrdimensionalen, vielschichtigen Gründen. Dabei nennt die Wählergemeinschaft unter anderem das kommunale Wahlrecht. So hätten CDU, SPD und Grüne beschlossen, bei künftigen Kommunalwahlen das Auszählungsverfahren zu Ungunsten der kleineren Parteien, Wählergemeinschaften und politischen Gruppierungen zu ihrem Vorteil zu verändern. „Vereinfacht gesagt wird nicht mehr wie herkömmlich auf- und abgerundet, sondern nur noch abgerundet.“ Für NRW bedeutet das insgesamt, dass den größeren Parteien rund 200 Sitze mehr in den kommunalen Räten zugestanden würden. Als Begründung werde die Verhinderung der Zersplitterung der Räte herangeführt, kritisieren die Grafschafter. Der Kreis der wählbaren demokratischen Alternativen werde damit kleiner. Die Grafschafter formulieren es sogar so: „nahezu leer“.
Nächster Kritikpunkt der Wählergemeinschaft: Die Gemeindeordnung sehe neuerdings vor, dass zur Bildung einer Fraktion in Moers nicht mehr zwei Ratsmandate erforderlich sind, sondern nun drei Sitze errungen werden müssen. „In beiden vorgenannten Fällen wird die repräsentative Demokratie stark angegriffen.“ Und schließlich nennen der Fraktionsvorsitzende Claus Peter Küster und die Grafschafter noch einen finanziellen Aspekt: Das Wählergruppentransparenzgesetz fordere seit zwei Jahren als Zulassung zur Kommunalwahl pro Jahr eine Bilanz ein. An sich kein Problem, heißt es, doch „bei einer Summe über 10.000 Euro hat die Bilanz ein Wirtschaftsprüfer aufzustellen, der das mal eben nicht für einen Euro macht.“
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Kritisiert wird ferner unter anderem auch das Vorgehen der Stadtverwaltung, wichtige Entscheidungen in Vorlagen nicht mehr zur Beschlussfassung auszuweisen, sondern als reine Kenntnisnahme vorzulegen. Hier nennt Küster unter anderem das Parkfest und die Umbenennung der Albert-Altwicker-Straße.
Letztlich blicken die Grafschafter kurz in die eigenen Reihen. Die Nachwuchsförderung habe zu wenig Raum eingenommen. Gleichwohl habe man stets versucht, jüngerer Menschen für Kommunalpolitik zu begeistern. Es heißt aber auch: „Eine Gruppierung, die ohne politische Erfahrung in der Kommunalpolitik plötzlich im Jahr 2004 mit drei Sitzen in den Rat einsteigt, ist nicht ohne Vorgeschichte so erfolgreich gewesen.“ Bereits zuvor habe sich Claus Peter Küster bei Verwaltung und Politik unbeliebt und bei Bevölkerung und Medien mit zahlreichen Leserbriefen und Bürgeranträgen beliebt gemacht.