Kreis Wesel. Weil Weidetierhalter unzufrieden mit dem Lanuv sind, will die SPD einige Kompetenzen in den Kreis Wesel holen. Dafür gibt es keine Mehrheit.

Kann ein regionales Herdenschutzzentrum die von Wolfsrissen geplagten Weidetierhalter in der Region unterstützen? Die SPD ist nach wie vor davon überzeugt und wagte jetzt nach 2021 im Umweltausschuss einen erneuten Anlauf, ein solches Zentrum im Kreis Wesel zu etablieren. Davon erhoffen sich die Sozialdemokraten Hilfe, auch für die kleineren Weidetierhalter. Das Zentrum soll beraten, im Falle eines Wolfsrisses eine „schnelle Eingreiftruppe“ bereithalten, die verletzte Tiere versorgt und den Schaden dokumentiert. Sie soll Proben entnehmen, das Meldeverfahren beschleunigen. Ferner soll sie zwischen Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) und Tierhaltern vermitteln, die Verfahren beschleunigen, bürokratische Hürden abbauen und mehr.

Die Zuständigkeit liegt nicht beim Kreis Wesel

Das Problem: All diese Aufgaben liegen in der Zuständigkeit des Landes oder der Landwirtschaftskammer, erläuterte Dezernent Helmut Czichy. „Wir würden dafür sechsstellige Beträge für Sachkosten und fünf bis sechs Stellen benötigen.“ Dabei sei die Aufgabenverteilung klar: Für die Herdenschutzberatung ist die Landwirtschaftskammer zuständig, für die anderen Aufgaben das Land.

Den Vorwurf der SPD, der Kreis sei bei dem Thema zurückhaltend, wies er zurück. Seit drei Jahren sei die Verwaltung unermüdlich dabei, die Unzulänglichkeiten beim Schutz der Weidetiere aufzuzeigen, beim Lanuv und bei Ministerin Gorißen, so Klaus Horstmann, Fachdienstleiter für den Bereich Naturschutz, Landwirtschaft, Jagd und Fischerei. „Wir engagieren uns, sind aber noch lange nicht da, wo wir hin müssen.“ Häufig stoße man beim Land an Grenzen und erreiche bislang wenig. „Das würde sich durch ein Herdenschutzzentrum aber nicht ändern.“ Ziel sei es, die Förderrichtlinien so zu verändern, dass sie den Tierhaltern tatsächlich helfen. Sie seien derzeit zu kompliziert. Die Kreisverwaltung werde weiter daran arbeiten, bei diesem Thema ein Stachel im Fleisch der zuständigen Ministerien zu sein.

Hauptproblem für den Herdenschutz ist Ausnahmewölfin „Gloria“

Für Helmut Czichy ist nicht das eigentliche Problem, dass Wölfe im Kreis Wesel leben. Er macht die eine Wölfin, als Gloria bekannt geworden, für das Dilemma verantwortlich. Sie hat gelernt, Herdenschutzzäune zu überwinden. Der Kreis wollte die Problemwölfin daher zum Abschuss freigeben, diese Entscheidung sei richtig gewesen, so Czichy, er stehe noch immer dazu. Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht Münster dagegen geurteilt, Gloria darf nicht gejagt werden. In dieser Sache, so Czichy, „schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Die Wölfin ist ein extrem geschicktes Exemplar ihrer Art.“ Sie habe eine Ausnahmestellung, fast alle Risse gingen auf ihr Konto. „Ohne sie hätten wir mit dem Thema Herdenschutz weniger Probleme.“

Helmut Czichy

„Die Wölfin ist ein extrem geschicktes Exemplar ihrer Art. Ohne sie hätten wir mit dem Thema Herdenschutz weniger Probleme.“

Helmut Czichy
Verwaltungsvorstand Kreis Wesel

Sämtliche Argumente überzeugten die SPD nicht, sie focht weiter für das regionale Herdenschutzzentrum. Gabriele Wegner hätte es gerne gesehen, wenn etwa die Probenentnahme bei einem Riss vom Lanuv an den Kreis Wesel verlagert würde. Überzeugen konnten die Sozialdemokraten die Mehrheit des Umweltausschusses nicht, nach 2021 erlitten sie eine zweite Abstimmungsniederlage in Sachen Herdenschutzzentrum.

Der Kreis sei schlicht nicht zuständig, etwa für die Höhe von Schutzzäunen, argumentierte Rainer Gardemann (CDU), der in Schermbeck lebt und die Probleme daher aus erster Hand kennt. Zudem umfasse das Wolfsgebiet Westmünsterland fünf Kreise und zwei Großstädte, der Kreis Wesel stehe nicht allein mit dem Problem da. Auch die Grünen sehen die Zuständigkeit beim Land, „wir haben nicht die Leute und nicht die Mittel dafür“, so Helga Franzkowiak. Friedrich Eifert (FDP) sieht keinen Sinn in einem Herdenschutzzentrum, das keinerlei Zuständigkeiten hat, „wir könnten dann ja nichts tun“.