Kreis Wesel. Die Vorgaben für eine Entnahme wurden auf EU-Ebene verschärft. Kreisverwaltung und Schäfer aus dem Kreis Wesel treffen sich mit der Landesregierung.

Langsam wird es den Grünen zu bunt. Dass der Wolf im Kreis Wesel mittlerweile heimisch geworden ist, ist klar, dass er aber in zunehmendem Maße Zäune überwindet und Nutztiere reißt, wird der naturnahen Partei langsam zu viel. Weshalb die Grünen-Fraktion nun im Kreisausschuss die Anfrage an die Kreisverwaltung stellte, wie sich denn mittlerweile die Rechtslage für eine mögliche Entnahme, ergo: für einen Abschuss von Wölfin Gloria, gestaltet und wie das aktuelle Monitoring für Wolfsnachweise im Kreis Wesel aufgestellt ist.

„Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem es nicht mehr weitergeht“, sagte Ulrike Trick im Namen der Grünen-Fraktion jetzt im Kreisausschuss. Jeden zweiten oder dritten Tag gebe es mittlerweile „Übergriffe“, so Trick, die auch an die vier Wolfsrisse bei einem Schäfer innerhalb weniger Tage kürzlich in Hünxe-Gartrop erinnerte sowie an den Lerneifer, den Canis Lupus Lupus beim Überwinden der Schutzzäune an den Tag legt. Mittlerweile sei es ja egal, ob die Zäune 90 Zentimeter, ein Meter oder noch höher seien, so Trick. Die Botschaft hinter der Anfrage: Irgendwas muss jetzt geschehen!

Dass das nicht so einfach ist, teilte das zuständige Mitglied im Verwaltungsvorstand, Helmut Czichy, mit. Bekanntlich hat sich der Kreis Wesel zu Beginn des Jahres eine richterliche Abfuhr geholt, nachdem er eine Allgemeinverfügung zum Abschuss der Wölfin ausgestellt hatte – auch auf Drängen der Landesregierung. Mittlerweile habe der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil im Juli die Grundsätze für den Abschuss von Wölfen noch einmal verschärft. „Insofern ist die Entnahme nicht einfacher geworden“, so Czichy, der auch leise Kritik an der Umweltministerkonferenz (UMK) übte.

Die UMK hatte Anfang Dezember vergangenen Jahres in Münster eine Regelung formuliert, die es bundesweit möglich machen sollte, Wölfe nach Rissen auf Weidetiere schnell und unkompliziert abzuschießen. „Diese Schnellabschüsse sind unbürokratisch und praktikabel umsetzbar. Langwierige Gesetzesänderungen auf nationaler oder europäischer Ebene sind dafür nicht nötig“, heißt es dazu auf der Seite des Bundesumweltministeriums.

Dieser Beschluss habe keinerlei rechtlichen Effekt erzielt und keine Konsequenzen gehabt, sagte Czichy. Eher im Gegenteil, wie das Münsteraner OVG-Urteil zur Allgemeinverfügung gezeigt habe.

Ein weiterer Kritikpunkt war das langsame Wolfsmonitoring in NRW, das zahlreiche Stellen als zu passiv und zu langsam bewerten. Das zuständige Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) habe versichert, dass sich das Monitoring nach Bundesvorgaben richte, so Czichy. Allerdings habe sich die Zusammenarbeit mit der Kreisjägerschaft bereits verbessert, zum Beispiel im Fall der Losungssuche, also dem Wolfsnachweis anhand von Kotspuren. Inzwischen arbeite das Lanuv beim Monitoring auch mit dem RVR zusammen, da sich viele Wölfe nördlich des Wesel-Datteln-Kanals, also im Wolfsgebiet Schermbeck und im Territorium Dämmerwald-Üfter Mark, aufhielten.

Kreis Wesel und Züchter fahren nach Düsseldorf

Helmut Czichy kündigte im Kreisausschuss ein Treffen zwischen Kreisverwaltung, Schafzüchtern sowie NRW-Umwelt- und Landwirtschaftsministerium im kommenden Oktober an. In Düsseldorf werde man sich dann mit Umweltminister Oliver Krischer und Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen unter anderem über Möglichkeiten für einen besseren Herdenschutz austauschen.

SPD-Fraktionschef Peter Paic wollte wissen, ob es überhaupt bereits Gedanken zum zukünftigen Wolfsmanagement gibt. Schwierig, sagte Helmut Czichy. Zunächst müsse man wissen, was überhaupt Gegenstand dieses Managements sein soll, so Czichy weiter. Und eines sei bereits klar: „Eine Bestandsregulierung wird es nicht geben!“

Es sind eher schlechte Nachrichten für Schafhalterinnen und -halter im Kreis Wesel, die in vielen Fällen bereits Unsummen in den Herdenschutz gesteckt haben - auch mit Landesförderungen -, ohne den Wolf fernzuhalten. Bemerkenswert fand Czichy, dass Schafhalter nicht vornehmlich nach einer Entnahme des Wolfes, sondern eher nach einem höheren Schutz fragen. Mittlerweile herrschten Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit vor. Aber, so Czichy: „Die Schafzucht gehört nach wie vor zum Kreis Wesel.“