Kreis Wesel. Das pinke Kreuz bringt Sachlichkeit in die Debatte. Beim Kiestalk sprechen beide Seiten miteinander. Christian Strunk sorgt für eine Überraschung.

In der Diskussion um den Kiesabbau sind die Fronten längst geklärt. Allerdings sprachen nach langer Zeit Kiesunternehmen und Kiesabbaugegner jetzt wieder öffentlich mit-, statt übereinander. Möglich machte es der Kiestalk in Neukirchen-Vluyn, mit dem die Initiative „Das pinke Kreuz“ die emotional aufgeladene Debatte auf eine sachlichere Ebene heben will.

So saßen erstmals nach rund drei Jahren Neukirchen-Vluyns Bürgermeister Ralf Köpke, Hülskens-Geschäftsführer Christian Strunk und der Chef der CDU-Kreistagsfraktion, Frank Berger, pink ausgeleuchtet, wieder gemeinsam auf einem Podium. Auf der Bühne der Kulturhalle diskutierten sie unter der Moderation von Roland Nolte über den Kiesabbau im Allgemeinen und das potenzielle Abbaugebiet an der Halde Norddeutschland im Speziellen.

Kiesabbau-Projekt „Donkensee“: Hülskens-Geschäftsführer schließt Bürgerstiftung für Nachnutzung nicht aus

Hülskens möchte am Fuße der Halde bekanntlich auf einer Fläche von rund 60 Hektar Kies abgraben und hat dazu bereits ein Programm für die Nachnutzung vorgestellt, das in der Öffentlichkeit nicht nur durch den Namen „Donkensee“ durchgefallen war. Roland Nolte zeichnete in seinem Vortrag ein „Donken-Märchen“ nach und zerpflückte die Ideen von Skulpturenpark, Zip-Line und Photovoltaikanlage als weder finanzier- noch realisierbar. „Hülskens plant, finanziert und verantwortet – nichts davon“, prangte unter der Studie.

Die Stimmung auf der Bühne war sachlich-konstruktiv und mitunter schwungvoll. Als Beispiel dient der Schlagabtausch, den sich Ralf Köpke und Christian Strunk nach einer Frage aus dem kleinen, aber engagierten Publikum zur Gewerbesteuerverteilung lieferten.

Natürlich werde man im Falle des Abbaus Gewerbesteuer in Neukirchen-Vluyn zahlen, sagte Strunk. Spiele keine Rolle, entgegnete Ralf Köpke, „weil die Abgrabung nicht kommt“. Applaus aus dem Publikum. „Dabei hätten Sie die Einnahmen bitter nötig“, so Strunk. Man sei gerade aus der Haushaltssicherung heraus, antwortete Köpke, so nötig habe man diese Gewerbesteuer also nicht mehr. Gelächter und erneuter Applaus. „Schade, wir hätten Ihnen so gerne geholfen“, sagte der Hülskens-Geschäftsführer. „Manche Hilfe lehnt man lieber dankend ab“, konterte Köpke. Applaus, Applaus.

Ob die Abgrabung tatsächlich nicht kommt, ist fraglich. Ein Teil der Flächen gehört Hülskens bereits, zur Überraschung einiger Zuhörer. Und die Standpunkte verrückten sich auch nicht im Laufe des Abends. Das Unternehmen will abbauen, hat die aktuelle Rechtslage im Rücken und arbeitet die Liste der zahlreichen Gutachten zur Umweltverträglichkeit ab. Was laut Hülskens mindestens zwei Jahre dauern soll. Parallel dazu läuft das Klageverfahren der Kommunen und des Kreises vor dem OVG Münster gegen den Regionalplan Ruhr, der die Kiesflächen im Kreis Wesel ausweist. Wann das Verfahren vor Gericht verhandelt wird, ist noch nicht klar. Und auch, ob die Fläche an der Halde nach einem Urteil sakrosankt sein wird, ist nicht gesagt.

Doch, wie ginge man mit der Abgrabungsfläche dann um? Mann wolle gemeinsam entscheiden, wie man nach einer Abgrabung mit der Fläche verfahre, sagte Christian Strunk, erneuerte seine Gesprächsbereitschaft und erinnerte daran, dass man gesetzlich „zur Rekultivierung verpflichtet“ sei. Dass Rekultivierung aber nicht grundsätzlich auch einen Mehrwert für die Bevölkerung bedeutet, belegte Roland Nolte mit Bildern, die abgeriegelte Baggerlöcher aus dem Kreis Wesel zeigten, in denen das Schwimmen verboten ist. Laut Kreis dienen lediglich 18,5 Prozent der 90 abgeschlossenen Abgrabungsgewässer im Kreis Wesel der Freizeit und Erholung.

Für die Überraschung des Abends sorgte Christian Strunk am Ende aber, als er von Roland Nolte auf die Idee einer zweckgebundenen Bürgerstiftung unter gemeinsamer Führung von Bürgern, Verwaltung und Hülskens angesprochen wurde, um die mögliche Nachnutzung der potenziellen Abgrabungsfläche an der Halde zu finanzieren.

„Schließen Sie die Idee nach wie vor kategorisch aus?“, wollte Nolte von Strunk wissen. „Nein!“, sagte der Hülskens-Geschäftsführer laut und deutlich. Man wolle möglichst viele Menschen erreichen, dafür schließe er erstmal gar nichts aus, so Strunk. So endete der Kiestalk nach rund zwei Stunden mit einem deutlichen Signal. Das Zuhörer, Bürgerinitiativen und Politik sicher nicht vergessen werden.