Kleve. Seit April ist Anbau und Konsum von Cannabis unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Der Justiz bereitete dies schon im Vorfeld Kopfzerbrechen.
Das Thema der Jahrespressekonferenz der Staatsanwaltschaft und des Landgerichts Kleve im Jahr 2024? „Das Cannabisgesetz, das uns allen schon vor seiner Einführung viel Kopfzerbrechen bereitet hat“, wie Katrin Jungclaus, Präsidentin des Landgerichts Kleve, in ihrer Begrüßung erklärte. Wie die Justiz die Herausforderungen des CanG gemeistert hat, erläuterten Oberstaatsanwalt Johannes Hoppmann und Amtsrichter Thomas Staczan.
Seit dem 1. April ist der Besitz von Cannabis in kleinen Mengen und der Anbau unter bestimmten Bedingungen erlaubt. „Bis zu 25 Gramm dürfen mitgenommen werden, bis zu 50 Gramm dürfen zu Hause aufbewahrt werden“, erklärt Thomas Staczan. Was viele aber nicht wissen: „Die Einfuhr von Cannabis bleibt verboten. Gerade in der Grenzregion ist das eine wichtige Information!“
Viele Verfahren nun in den Händen des Amtsgerichts
Vor der Reform waren Besitz und Einfuhr von Cannabis strengen strafrechtlichen Regelungen unterworfen. Wer gegen das Gesetz verstieß, musste mit empfindlichen Geld- oder gar Freiheitsstrafen rechnen. Diese strengen Vorgaben wurden inzwischen gelockert – mit spürbaren Konsequenzen in der Praxis.
„Die Herabstufung im Strafrecht hat dazu geführt, dass viele Verfahren, die früher vor das Landgericht gehörten, nun in die Zuständigkeit des Amtsgerichts fallen“, erläutert Staczan. Die eigentliche Entspannung liegt aber vor allem bei der Polizei.
„Wir haben täglich Wasserstandsmeldungen bekommen, wie es weitergeht“
Trotz der Lockerungen gibt es aber nach wie vor Delikte, die schwer genug sind, um vor dem Landgericht verhandelt zu werden. „Das betrifft zum Beispiel den bewaffneten oder bandenmäßigen Handel mit Cannabis“, so Staczan. Bei 6500 Strafverfahren in den vergangenen fünf Jahren mussten nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes 20 Fälle neu aufgerollt werden, in zwölf davon sei das Strafmaß geringer ausgefallen.
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Ungewisser Start: Die Herausforderungen vor der Cannabis-Reform
Oberstaatsanwalt Johannes Hoppmann berichtete über die Hürden in der Vorbereitungsphase. So hätten die Unklarheiten bereits im Februar begonnen, als der Bundestag das Gesetz verabschiedete. Im März stand der Bundesrat an und es war unklar, ob das Gesetz eventuell noch in den Vermittlungsausschuss muss. „Es war nicht unbedingt klar, dass das Gesetz tatsächlich schon am 1. April in Kraft treten würde“, sagt Hoppmann, „der politische Prozess war einfach nicht überschaubar.“
„Wir haben täglich Wasserstandsmeldungen bekommen, wie es weitergeht.“ Bei einem engen Zeitfenster von Februar bis April war klar, dass sich die Staatsanwaltschaft nicht zurücklehnen und das alte Gesetz als „Schnee von gestern“ abtun konnte.
Verfahren mussten sichtbar gemacht werden
Vor allem die juristischen Feinheiten der Reform machten den Übergang kompliziert: „Die Paragraphen sehen vor, dass rechtskräftige Strafen, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind, aufgehoben werden müssen, soweit sie noch nicht vollstreckt sind.“ Das bedeutete: „Alle Verfahren mussten sichtbar gemacht und entsprechend abgearbeitet werden – und das in einem sehr engen Zeitrahmen“, so Hoppmann. Vollstreckungen gegen Unschuldige oder Vorladungen zum Strafantritt mussten verhindert, Haftbefehle und Fahndungen zurückgenommen, Strafen angepasst werden.
Wie also alle Verfahren sichtbar machen, wenn „in den Datenbanken der Staatsanwaltschaften die Verfahren, die genau unsere Fälle betreffen, gar nicht gespeichert sind“, berichtet Hoppmann. Die Abfragen seien „sehr unscharf“.
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Ein „Kraftakt“
In einem „Kraftakt“ ergab diese Abfrage dann folgendes Bild: 2226 Verfahren, „die abstrakt betrachtet erstmal grundsätzlich in den Anwendungsbereich hätten fallen können“. Das sei eine ganze Menge, „die in kurzer Zeit ausgewertet – und am Ende bewältigt wurde.“ Jede Akte, jedes Verfahren wurde geprüft und entsprechende Maßnahmen wie beispielsweise die Anpassung der Gesamtstrafe, Straferlass oder Einstellung des Verfahrens „vorverfügt“, um diese dann schließlich am 1. April „scharf zu schalten“.
„Eine tolle Leistung“, wie Katrin Jungclaus bestätigt. Was jetzt noch komme, etwa der Aspekt der illegalen Einfuhr von Cannabis, müsse man abwarten.