Kreis Kleve. Volkhard Wille lobt die Landesregierung, die keine Konflikte auf offener Bühne austrage. Was dem 57-Jährigen aber größte Sorgen bereitet.
Zurzeit pendelt Dr. Volkhard Wille wöchentlich zwischen seinem Wohnort Kleve und der Landeshauptstadt Düsseldorf, wo er seit 2022 als Mitglied der Grünen im Landtag sitzt. „Der Druck ist schon gigantisch, wie in einem großen Uhrwerk, in dem man aber nur ein Rädchen ist. Aber man kann da was bewegen!“, sagt der 57-Jährige jetzt in seiner persönlichen Halbzeitbilanz. Ob er sich bei der kommenden Wahl in NRW nochmal als Abgeordneter bewirbt, werde er erst in rund einem Jahr entscheiden.
Vor allem das Thema Reichswald liegt dem umweltpolitischen Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion besonders am Herzen: „Ein Park wird kommen: Es wird ein Windpark kommen (oder auch mehrere) – oder der Wald wird zum Nationalpark!“ Dass der Reichswald so bleibt, wie er jetzt ist – diese Perspektive gebe es nicht. Die Sachargumente lägen auf dem Tisch, sagt der Grüne, doch zugleich kritisiert er: „Es gibt viel Propaganda: An manchen Stellen empfinde ich das als Fake-News.“ Der Landesbetrieb Wald und Holz sei in finanziell sehr schwieriger Situation und plane daher massiv auf seinen Flächen den Ausbau der Windenergie – auch im Reichswald, weil er damit maßgeblich Geld verdiene.
Nationalpark wäre „eine Riesenchance für die Region“
„Ich glaube, dass der Reichswald eine Riesenchance für die Region böte, wenn man ihn als Nationalpark entwickeln würde“, so der 57-Jährige. Erholungsräume entstehen, Tourismus spiele eine Rolle: „Das wäre eine super Sache!“, legt sich der Abgeordnete fest, und fügt hinzu, „die Sorgen, die es gibt, kann man alle entkräften.“
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„Die Darstellung, dass die Trinkwassergewinnung gefährdet ist, hat einfach keine Grundlage“, so Wille. Was die Stadtwerke jetzt in ihrer Kommunikation jetzt wollten, sei eine Zusicherung vom Land, dass es nach dem Ablauf ihrer Konzession auf jedenfall weitergeht. Sie wollten die wasserrechtlich gebotene Überprüfung quasi ausgeschaltet wissen, und machten das unter dem Deckmantel des Nationalparks.
Wille spricht „offenen kritischen Punkt in der Koalition“ an
Und auch der Koalitionspartner der Grünen auf Landesebene, die Christdemokraten, bekommt an dieser Stelle ihr Fett weg. Was er als „offenen kritischen Punkt in der Koalition“ bezeichnet: „Wir haben einen Koalitionsvertrag, in dem drinsteht – von beiden unterschrieben: Wir wollen einen zweiten Nationalpark.“ Dazu ergänzt Volkhard Wille: „Dass die CDU in den Regionen den Widerstand organisiert, betrachten wir schon als einen Verstoß gegen den Koalitionsvertrag, das ist nicht in Ordnung! Darüber wird auch noch zu reden sein.“
Der 57-Jährige kritisiert: „Ich hätte schon von der CDU als Partei erwartet, dass man loyal Koalitionsverträge umsetzt.“ Dass die Christdemokraten sagen würden, das gelte nur die CDU in Düsseldorf und vor Ort dürften die anderen machen, wie sie wollen, sei „nicht korrekt“. Wille beurteilt es so: „Die CDU beschädigt ja ihren eigenen Ruf. Sie galt bisher in Grünen-Kreisen als eine Partei, mit denen es schwierig ist, einen Vertrag zu machen – aber daran halten sie sich.“
Was die NRW-Regierung von der Bundesregierung unterscheidet
Dann hat der Klever aber auch Lob für die schwarz-grüne NRW-Landesregierung parat: „Wir tragen die Konflikte sehr viel disziplinierter als die Bundesregierung intern und nicht auf offener Bühne aus. Danach setzten wir die Politik nach außen um.“ Das sei der Hauptunterschied zu Berlin: „Wir haben als Parteien viele Unterschiede und das ist auch nicht einfach – aber wir regeln das erstmal intern.“
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Was Wille zurzeit größte Sorge bereitet, formuliert er so: „Wir haben ein gigantisches Finanzierungsdefizit des Gemeinwesens.“ Der 57-Jährige, der Mitglied im Haushalts- und Finanzausschuss ist, macht direkt mehrere Lösungsvorschläge, dieses finanzielle Problem zu lösen: Einerseits fordert er eine konsequente Bekämpfung von Steuerkriminalität, weil zu viele auf kriminelle Art an Vermögen kämen. Der Grüne konkretisiert: „Solange es Superreiche gibt, die sich damit brüsten, nur ein Prozent Steuern zu zahlen, finde ich das einen gesellschaftlichen Skandal!“
Wille: Erbschaftssteuer und Spitzensteuersatz reformieren
Der Abbau umweltschädlicher Subventionen sei ein zweiter Ansatz. Und er würde auch gerne über eine Reform der Erbschaftssteuer sowie gegebenenfalls über den Spitzensteuersatz reden, so der Klever Abgeordnete. Wille sagt: „Der Kern der ganzen Finanznot der öffentlichen Hand ist, dass nicht alle entsprechend ihrer Möglichkeiten an der Finanzierung des Gemeinwesens teilhaben.“
Forderung nach Rohstoffabgabe auf Kies und Sand
Zum Thema Kies hat Volkhard Wille auch einen konkreten Vorschlag: Statt auch am Niederrhein immer weiter Kies abzubauen, müssten „die Schalter jetzt umgelegt werden“ und viel mehr auf Recycling-Baustoffe gesetzt werden. Deshalb fordert der Grüne: „Die Rohstoffabgabe auf Kies und Sand muss kommen.“ Man merkt dem 57-Jährigen in jeder Minute seinen Elan an, seine Ansichten im Land umzusetzen – auch gegen viele Widerstände.