Kleve. Die Klever Stadtverwaltung hat alles durchgerechnet: Das bedeutet die Reform für Hausbesitzer, Gewerbetreibende und Landwirte.

Die Grundsteuer in Kleve wird für viele Hausbesitzer teurer, wahrscheinlich sogar deutlich teurer. Die Klever Stadtverwaltung hat jetzt das Geheimnis gelüftet, auf das viele gewartet haben: Anhand mehrerer Fallbeispiele hat die Verwaltung ausgerechnet, was Hausbesitzer, Gewerbetreibende oder Landwirte im Jahr 2025 an Grundsteuer zahlen müssen. Die Ergebnisse sind erstaunlich, vor allem aber ist ein Trend erkennbar: Wenn der Rat der Stadt Kleve nicht noch an einer Stellschraube der Hebesätze dreht, werden die Hausbesitzer die Zeche zahlen und die Gewerbetreibenden können sich freuen: Sie zahlen weniger.

Auswirkungen auf Wohnflächen

Lennart Sänger, Leiter der Abteilung Steuern und Abgaben, stellte seine Berechnungen auf der Grundlage der Daten des Finanzamtes und der Vorgaben der Landesregierung vor. Er berechnete die Veränderungen für einzelne Orte und Jahre. So müsse der Besitzer eines Einfamilienhauses aus den 80er Jahren in Materborn im Durchschnitt mit einer Erhöhung der Grundsteuer B von gut 60 Euro rechnen. Für ein modernes Einfamilienhaus aus den 2000er Jahren in Wardhausen werden dagegen im Schnitt 155 Euro mehr fällig. Diese Durchschnittswerte hat Sänger anhand mehrerer Häuser in einem Stadtteil ermittelt.

Sänger wies darauf hin, dass das Finanzamt für alle Wohngrundstücke einen höheren Messbetrag errechnet habe und somit die Eigentümer von Wohngrundstücken künftig mehr zahlen müssten. Gewerbetreibende würden hingegen deutlich entlastet, da die Messbeträge des Finanzamtes niedriger ausfallen. Zur Erklärung: Zur Berechnung der Grundsteuer wird der vom Finanzamt festgesetzte Messbetrag mit einem Hebesatz multipliziert. Dieser Hebesatz wird von den Kommunen vor Ort individuell festgelegt. Für die Stadt Kleve gibt das Land eine Erhöhung des Hebesatzes von 501 % auf 535 % vor. 

Auswirkungen auf Gewerbeflächen

Entsprechend errechnete Sänger für einen Gewerbebetrieb aus den 80er Jahren nur noch eine durchschnittliche Grundsteuer von 1376,88 Euro. Heute sind durchschnittlich 3192,17 Euro fällig. Für eine Gewerbeimmobilie in der Klever Innenstadt würde die Grundsteuer von 2090,67 Euro auf 975,89 Euro sinken.

Damit die Grundsteuerreform nicht nur zu Lasten der Wohneigentümer geht, bietet das Land NRW die Möglichkeit eines differenzierten Hebesatzsystems. Für Wohnimmobilien würde dann ein anderer Hebesatz gelten als für Gewerbeimmobilien. Für Kleve läge der Hebesatz für Wohnimmobilien bei 435 %, der Hebesatz für Gewerbeimmobilien bei 917 %. 

Kleve will Hauseigentümer voll belasten

Rechnet man mit diesen geänderten Werten, so ergibt sich ein ausgewogeneres Bild, das sich an der bisherigen Steuerbelastung orientiert. Für das Haus aus den 80er Jahren in Materborn wären dann sogar knapp 40 Euro weniger und für das Haus aus den 2000er Jahren in Wardhausen nur 54 Euro mehr zu zahlen. Auch für die meisten Gewerbebauten bliebe eine Senkung der Gewerbesteuer, allerdings nicht mehr so krass. Der Gewerbebetrieb aus den 80er Jahren müsste 2359,99 Euro statt jetzt 3192,17 Euro zahlen und für das Geschäftshaus in der Innenstadt wären 1672,70 Euro statt 2090,67 Euro fällig. 

„Die Privilegierung von Wohnen widerspricht dem Gleichbehandlungsgebot.“

Lennart Sänger, Leiter der Abteilung Steuern und Abgaben in Kleve.

Dennoch schlägt die Verwaltung der Stadt Kleve vor, keine differenzierten Hebesätze anzuwenden und die volle Belastung bei den Wohnungseigentümern zu belassen. Als Begründung führt die Stadt an, dass die Privilegierung des Wohnens gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße und ein erhöhtes Risiko von erfolgreichen Widersprüchen und Klagen bestehe. Zudem würden Widersprüche und Klagen langwierige Verfahren nach sich ziehen. Die Stadt wüsste lange Zeit nicht, wie sicher die Grundsteuereinnahmen sind oder ob später Rückzahlungen drohen. Die Stadt sieht die Ursache des Problems nicht angegangen: NRW hätte das Bundesmodell mit seinen Anpassungen übernehmen sollen. 

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Eine heiße Kartoffel für den Stadtrat

Wie die Fraktionen im Stadtrat nun mit dieser heißen Kartoffel umgehen werden, bleibt abzuwarten. Die Fraktionen müssen nun intern die Berechnungen der Verwaltung diskutieren und abwägen, ob Wohn- und Gewerbeimmobilien mit unterschiedlichen Hebesätzen behandelt werden sollen. Bis Ende September sollen die Fraktionen ein Signal geben, ob sie für oder gegen eine Differenzierung sind, damit der Haushalt 2025 aufgestellt werden kann.

Änderungen wird es auch in der Landwirtschaft geben. Hier gab es bisher eine Sonderregelung für Landwirte. Das Einfamilienhaus auf dem Hof wurde nicht mit der Grundsteuer B, sondern mit der wesentlich günstigeren Grundsteuer A belastet. Zahlte ein Landwirt in Kleve bisher durchschnittlich 1491,81 Euro für Haus, Hof und Weide, so sind es künftig durchschnittlich 1424,02 Euro für Hof und Weide und 909,55 Euro für das Wohnhaus.

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