Essen. Ein Mann aus Essen soll eine Ehe mit einem zwölfjährigen Mädchen aus Syrien arrangiert haben. Vor Gericht ist die Beweislage jedoch dünn.
Im zweiten Prozess um eine Kinderehe in Essen hat es eine überraschende Wende gegeben. Der Bruder des Ehemanns muss möglicherweise nicht mehr mit einer Verurteilung rechnen. Die Staatsanwaltschaft hat am Donnerstag (23.1.) Freispruch beantragt. Dem 33-Jährigen war vorgeworfen worden, vor rund vier Jahren nach Syrien gereist zu sein, um eine Frau für seinen Bruder zu finden. Sein Ziel war ein Dorf. Dort lebte ein Mädchen, das gerade zwölf war. Wie es heißt, wurde ein „Brautpreis“ gezahlt, dann schickten die Eltern ihre Tochter nach Deutschland.
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Das wahre Alter des Mädchens wurde bei der Ankunft in Essen jedoch verschwiegen. Den Behörden soll eine gefälschte Geburtsurkunde vorgelegt worden sein, nach der das Mädchen knapp 18 Jahre alt war. Möglicherweise hätte von der Kinderehe auch niemand erfahren. Doch irgendwann hielt es die Zwölfjährige nicht mehr aus und offenbarte sich einer Betreuerin.
Mädchen berichtet der Polizei von brutalen Übergriffen und Vergewaltigungen
Bei der Polizei erzählte sie später von brutalen Übergriffen und Vergewaltigungen. Heute lebt sie in einer Jugendwohngruppe, an einem Ort, den die Familie ihres erwachsenen Ehemanns nicht kennt. Der 22-Jährige war schon im vergangenen Jahr zu fünfeinhalb Jahren Jugendhaft verurteilt worden – wegen Kindesmissbrauchs, Vergewaltigung, Körperverletzung und Bedrohung. Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht.
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Schon damals hieß es, dass der Bruder die Ehe arrangiert hat. Und auch die inzwischen verstorbene Mutter soll die Hochzeit mit der Zwölfjährigen vorangetrieben haben. Die Beweislage im aktuellen Prozess ist allerdings schwierig. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist offenbar nicht nachzuweisen, dass der nun angeklagte Bruder das richtige Alter des Mädchens kannte. Die Jugendliche selbst hat vor Gericht die Aussage verweigert.
Landgericht Essen: Urteil soll bald gesprochen werden
„Man kann sich vorstellen, dass sie unter erheblichem Druck steht“, sagte ihre Anwältin Alice Scaglione am Rande des Prozesses vor dem Essener Landgericht. Selbst die eigene Mutter soll die telefonischen Hilferufe ihrer Tochter ignoriert haben. Zum Prozessauftakt hatten die Zeichen noch auf Verurteilung gestanden. Die Staatsanwaltschaft hatte nach damaliger Würdigung sogar eine Gefängnisstrafe ins Auge gefasst. Eine Bewährungsstrafe könne man sich nicht vorstellen, hieß es.
Nun haben sich die Vorzeichen offenbar geändert. Details aus den Plädoyers wurden allerdings nicht bekannt. Dieser Teil des Prozesses fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Wie die Richter den Fall sehen, bleibt abzuwarten. Das Urteil soll in der kommenden Woche gesprochen werden.
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