Essen. Luna Gießler hat bei der Stadt Essen vergeblich für ein „Frauen-Nachttaxi“ geworben. Dennoch könnte ihr Engagement nicht vergebens gewesen sein.

Luna Gießler war sich bewusst, dass sie keine offenen Türen einrennen würde. Die 22-jährige Studentin aus Altenessen hatte angeregt, die Stadt Essen möge Taxigutscheine an Frauen ausgeben, damit diese zu später Stunde sicher nach Hause kommen. Die Stadtverwaltung hatte sich dazu bereits skeptisch geäußert. Auch der Ratsausschuss für Anregungen und Beschwerden wollte Luna Gießler nicht folgen. Völlig umsonst könnte ihr Engagement dennoch nicht gewesen sein.

Vor dem Ausschuss hatte Luna Gießler noch einmal eindringlich für ihren Vorschlag geworben. Als Frau fühle sie sich auf dem Weg nach Hause häufig unsicher, berichtete sie. Immer wieder komme es vor, dass sie von Männern dumm angemacht oder belästigt werde, sogar wenn sie mit ihrem Hund Gassi gehe. „Das ist mein täglich Brot.“

Die Stadt München gab im vergangenen Jahr 20.000 Taxigutscheine an Frauen aus

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Damit Frauen sich sicherer fühlten, wäre es eine gute Idee, würde Essen dem Beispiel der Stadt München folgen, findet Luna Gießler. Die bayerische Landeshauptstadt gibt seit 2020 an Frauen ab 16 Jahren Taxigutscheine im Wert von zehn Euro für Nachtfahrten aus. Im vergangenen Jahr wurden 20.000 Gutscheine in Anspruch genommen. München hat 1,5 Millionen Einwohner, fast dreimal so viel wie Essen. „Das ist gut angelegtes Geld“, findet Luna Gießler.

Die Stadt Essen aber hat Bedenken, nicht wegen der Kosten. Die Stadtverwaltung führt eine Reihe von Argumenten an, die Luna Gießler wenig überzeugend findet: Männer würden benachteiligt; Frauen seien häufig in den eigenen vier Wänden Opfer häuslicher Gewalt; Frauen, die berufsbedingt häufig nachts unterwegs sein wie Krankenschwestern, Reinigungskräfte oder Kellnerinnen, könnten sich auch mit einem Gutschein keine reguläre Taxifahrt leisten.

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Nach Ansicht der Stadt ist „Bussi“, das Bus-Shuttle auf Abruf der Ruhrbahn, eine Alternative zu einem Nachttaxi für Frauen.
 
Nach Ansicht der Stadt ist „Bussi“, das Bus-Shuttle auf Abruf der Ruhrbahn, eine Alternative zu einem Nachttaxi für Frauen.   © schy

Besonders enttäuscht zeigt sich die Essener Studentin von der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt

„Es ist irrelevant, warum ich als Frau abends unterwegs bin“, hielt Luna Gießler dem entgegen. Und: Männer würden nicht diskriminiert, nur weil sich die Situation einer Frau verbessere. Besonders enttäuscht zeigte sie sich von der städtischen Gleichstellungsbeauftragten Barbara Wolf. Die hielt der Studentin entgegen, sie habe berichtet, dass sie beim Gassi-Gehen belästigt werde. Da würde ihr auch ein Taxi-Gutschein nicht helfen. Von einer Gleichstellungsbeauftragten hätte sie etwas anderes erwartet, sagte Luna Gießler im Anschluss an die Sitzung.

Die Ausschussmitglieder zeigten zwar Verständnis für ihre Nöte, sehen aber in „Bussi“, dem Shuttle-Bus der Ruhrbahn, ein ausreichendes Angebot auch für Frauen. „Bussi“ fährt 12.000 virtuelle Haltestellen im Stadtgebiet an und ist günstiger als ein Taxi. Fahrten lassen sich per App buchen. Zum Konzept von „Bussi“ gehört aber, dass weitere Fahrgäste zusteigen können, also Männer, die Frauen im Wagen unbekannt sind. Vor unschönen Überraschungen sei man als Frau also nicht sicher, gab Luna Gießler zu bedenken.

Die Studentin regte „Bussi“-Fahrten nur für Frauen an. Fahrer sollten zudem geschult und sensibilisiert werden für Fälle sexueller Belästigung. Zumal der Fahrerraum durch eine Scheibe vom Fond des Fahrzeugs getrennt ist. Für die SPD sagte Ratsherr Daniel Behmenburg zu, diese Anregungen aufzunehmen.

Ja, so viele Befürworter wie in dieser Ausschusssitzung, über alle Fraktionen hinweg, hatte „Bussi“ selten. Sollte dies der Maßstab sein, dürfte „Bussi“ über 2025 gesichert sein. Bislang endet das Angebot zum Jahresende.

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