Essen-Rellinghausen. Panda statt Esel, Torte statt Myrrhe: Wie ein Store in Essen-Rellinghausen mit Krippenkunst zur Völkerverständigung beitragen will.

Brezel, Bier, Lederhosen, Dirndl – und das Brandenburger Tor. Eine nicht ganz alltägliche Mischung, vor allem, wenn all das in einer typischen Krippenanordnung präsentiert wird, also mit Josef, Maria und dem Kind in der Krippe. Gerade einmal handgroß sind die bunten, detailverliebten Keramiken, die im Schaufenster der Boutique „Flavia’s Store“ in Rellinghausen stehen. Gut und gerne 20, 30 Stück, jede einzelne gefertigt in der alten Handwerkstradition der Region Pucará in Peru.

Pucará ist bekannt für seine bunten Keramiken, vor allem für seine kleinen, reich verzierten Stierbullen oder Pferde. „Aber eben auch für seine typischen peruanischen Krippen“, sagt Flavia Torres-Schöne, Inhaberin der Boutique an der Frankenstraße. Die kulturelle Vielfalt in der jetzt ausgestellten Krippen- und Figurengestaltung sei allerdings speziell für den europäischen Markt entwickelt worden. Torres-Schöne erhält ihre Krippen von einem Zwischenhändler aus Italien. „Viele der kleinen peruanischen Künstler können Händleranfragen gar nicht alleine stemmen; sie benötigen jemanden, der die Verhandlungen und die Abwicklung für sie übernimmt.“

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Winzige Krippenlandschaften von allen Kontinenten stehen derzeit in ihrem Schaufenster. Statt Esel, Ochs und Schafen finden sich hier Pandabären, Zebras und Koalabären. Statt Weihrauch oder Myrrhe österreichische Sachertorte, niederländischer Gouda oder besagter Humpen Bier. Statt Stall bilden die Oper von Sydney, ein Kaktus oder der brasilianische Regenwald den Hintergrund.

Typisch deutsch? Berlin trifft Bayern in der in Peru gefertigten deutschen Krippenlandschaft.
Typisch deutsch? Berlin trifft Bayern in der in Peru gefertigten deutschen Krippenlandschaft. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Etwa bei der brasilianischen Krippe: Hier liegt das Nationaltier, der Jaguar, still an der Seite des Jesuskindes. Maria trägt den ballonartigen Rock der Baianas, hat um den Kopf das typische weiße Tuch geschlungen. Ein Ara lugt ihr über die Schulter. Josef ist im Stil eines Capoeiristas gekleidet, wirkt, als könnte er den brasilianischen Kampftanz aus dem Effeff.

„„Wir sind doch eigentlich alle eine große Familie““

Flavia Torres-Schöne
Inhaberin von „Flavia‘s Store“

Torres-Schöne: „Ich bin Katholikin, Brasilien ist eine katholische Nation. Weihnachten ist mir sehr wichtig. Und ich denke, dass wir gerade zu Weihnachten ein wenig Ruhe und auch ein wenig Humor gebrauchen können.“ Angesichts von Krisen, Kriegen, „Problemen bei der Migrations- und der Integrationspolitik“ sei es wichtig, daran zu erinnern, „dass wir doch eigentlich alle eine große Familie sind, vollkommen egal, ob derjenige nun aus Brasilien kommt, Nepal oder Deutschland. Und deshalb habe ich diese Krippen auch in mein Programm aufgenommen“.

Die kleinen Krippen sind in der Handwerkstradition der Region Pucará in Peru gefertigt.
Die kleinen Krippen sind in der Handwerkstradition der Region Pucará in Peru gefertigt. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Und es wäre nicht typisch für ihre kleine Boutique, in der die Liebe der Inhaberin zu Katzen auf Schirmen und Schals, Handtaschen und kleinen Broschen mehr als deutlich durchscheint, wenn es nicht auch eine kleine Katzenkrippe gäbe. Zwar nicht aus Pucará-Keramik, aber ebenso liebevoll dekoriert und von Flavia Torres-Schöne mit einem Augenzwinkern und einem Lächeln präsentiert.

Ein Anspruch, der für ihr gesamtes Geschäftskonzept gilt: „Meine Boutique ist kein Laden für Topmodels. Ich respektiere den Körper jeder Frau und möchte für jede einzelne das perfekte Kleid, den perfekten Rock finden.“ Typ- und Farbberatung gehören deshalb ebenfalls zu ihrem Angebot.

Der kleine Laden an der Frankenstraße ist mit seiner Mischung aus ungewöhnlicher Deko, farbenfroher Bekleidung und ebenso peppigem Modeschmuck eine Art Geheimtipp im Stadtteil – und darüber hinaus. „Viele Kundinnen entdecken den Laden zufällig, weil sie hier Verwandte besuchen und auf der Frankenstraße unterwegs sind. Ich habe auch Kundinnen aus Düsseldorf, die das nicht ganz so alltägliche Angebot schätzen.“

Das kleine Geschäft an der Frankenstraße ist eine Art Geheimtipp im Stadtteil.
Das kleine Geschäft an der Frankenstraße ist eine Art Geheimtipp im Stadtteil. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Zwischen strassbesetzen Kleidern, bonbonfarbenen Handtaschen und glitzernden Ohrringen aber finden sich immer wieder Produkte aus dem Amazonasgebiet, die Flavia Torres-Schöne beispielsweise von kleinen Kooperativen in Brasilien einkauft. Handgefertigte Nachbauten typischer brasilianischer Ladenlokale und Häuser zum Beispiel, die beinahe vollständig aus recyceltem Papier hergestellt sind. Oder eben jene kleinen peruanischen Krippen. Ägypten und Frankreich seien bereits verkauft, sagt Flavia Torres-Schöne. Viele andere globale Krippenlandschaften aber sind noch zu haben. Sogar eine aus dem Vatikan.

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