Essen. Im Bernetunnel in der Innenstadt haben sich Hunderte Tauben eingenistet. Die Stadt will die Tiere umsiedeln. Der Aufwand ist beträchtlich.

Etwa 300 Tauben haben seit geraumer Zeit im Bernetunnel in der Innenstadt Unterschlupf gefunden. Die Stadt Essen und Tierschützer sind sich einig, dass dies kein Dauerzustand werden darf. Denn die Deckenverkleidung ist löchrig, immer wieder stürzen Jungvögel auf die von Taubenkot verschmutzte Fahrbahn und werden dort überrollt. Die Verkleidung soll deshalb demontiert, die Tauben umgesiedelt werden. Doch der Aufwand ist augenscheinlich erheblich.

Angedacht ist demnach, den viel befahrenen Tunnel zwischen der Freiheit und dem Kreisverkehr an der Varnhorstraße für die Dauer von zwei bis drei Tagen für den Verkehr zu sperren. Ausgewachsene Tauben und Jungvögel, die bereits fliegen können, sollen dann per Hand eingefangen werden. Damit die Tiere nicht entkommen können, soll der Tunnel in den Abend- und Nachtstunden „abgeschottet“ werden, heißt es in einem aktuellen Bericht der Verwaltung an die Fachausschüsse des Stadtrates.

Die Tauben sollen per Hand eingesammelt und umgesiedelt werden

Die Deckenverkleidung weist Schäden auf. Immer wieder stürzen Jungtiere hindurch auf die Fahrbahn.
Die Deckenverkleidung weist Schäden auf. Immer wieder stürzen Jungtiere hindurch auf die Fahrbahn. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Die Deckenverkleidung soll dann nach und nach demontiert werden, währenddessen sollen Taubeneier und Küken eingesammelt werden. Idealerweise, so heißt es, werden Eltern- und Jungtiere gemeinsam in einem nahe gelegenen Taubenschlag untergebracht und dort zunächst eingesperrt, damit sie sich an ihr neues „Zuhause“ gewöhnen. Andernfalls würden die Elterntiere ihren Nachwuchs nicht mehr erkennen, heißt es weiter. Daher sei es bei dem Standortwechsel wichtig, die Versorgung der Jungtiere „personell sicherzustellen“. Die Zahl der Küken wird auf 60 bis 80 geschätzt.

Um den Umbau des Tunnels im Sinne des Tierschutzgesetzes verträglich umzusetzen, hatte die Stadt ein externes Gutachten in Auftrag gegeben. Die Rede ist zudem von einer intensiven Abstimmung mit engagierten Initiativen der Stadtgesellschaft, die sich für den Schutz von Stadttauben einsetzen. Die „finalen Abstimmungen“ dauern demnach noch. Vorgesehen ist, die Tauben im Sommer kommenden Jahres umzusiedeln. Eine geeignete Fläche in der Nähe des Bernetunnels, auf der sogenannte „Taubenloft-Container“ aufgestellt werden könnten, wird allerdings noch gesucht. Angaben zu den Kosten macht die Stadtverwaltung nicht, weder zur Demontage der Deckenverkleidung noch zur Umsiedlung der Tauben.

Nur ein Teil des Tunnelbauwerks ist im Besitz der Stadt Essen

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Der Tunnelmund aus Fahrtrichtung Süden: Auf einer Länge von 45 Metern soll die Deckenverkleidung entfernt werden.
Der Tunnelmund aus Fahrtrichtung Süden: Auf einer Länge von 45 Metern soll die Deckenverkleidung entfernt werden. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Ist ein solcher Aufwand wirklich erforderlich? Elke Zeeb (Grüne), Tierschutzbeauftragte des Stadtrates, wird diese Frage nicht zum ersten Mal gestellt. „Wir reden hier nur über Tauben“, sagt die Ratsfrau und meint dies ironisch. Auch bei Stadttauben gehe es um erhaltenswertes Leben, betont Zeeb und fügt hinzu: Sprächen wir über Katzenbabys, würde die Frage nach dem Aufwand wohl niemand stellen. Manch einer empfindet Stadttauben allerdings als Plage.

Tierschützer nennen die Situation der Stadttauben in Essen desaströs

Elke Zeeb vermisst ein schlüssiges Konzept, wie die Stadt mit den Tieren umzugehen gedenkt. Ein solches Konzept lasse seit Jahrzehnten auf sich warten. Durch eine artgerechte Unterbringung ließe sich die Population kontrollieren und Geld, das die Stadt für die Straßenreinigung ausgibt, sparen, ist die Tierschutzbeauftragte überzeugt. Der einzige Taubenschlag in der Innenstadt, am Kopstadtplatz, sei aber belegt. Tierschützer hatten die Situation der Stadttauben in Essen jüngst als desaströs bezeichnet und die Stadt aufgefordert, stadtweit Taubencontainer aufzustellen. Wie zu hören ist, fehlt es dem ehrenamtlichen Tierschutz allerdings an finanziellen Mitteln und Mitgliedern, um die Betreuung der Stadttauben sicherzustellen.

Ob der geplante Umbau des Bernetunnels tatsächlich dauerhaft Erfolg bringt, dahinter steht zumindest ein Fragezeichen. Denn: Nur ein 45 Meter langes Teilstück des Bauwerks befindet sich im Besitz der Stadt. Dort soll die Deckenverkleidung entfernt werden. 150 Meter Tunnel gehören hingegen der Deutschen Bahn. Nach dem Stand der Dinge bleibt die Deckenverkleidung auf diesem Teilstück erhalten. Damit Tauben dort keinen Unterschlupf finden, soll „ein ordentlicher Abschluss“ zum DB-Bauwerk geschaffen werden.

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