Essen. In den Klassen der weiterführenden Schulen wird es in den nächsten Jahren noch enger. Wegen Raumnot muss die Stadt eine Regel ändern.

Im kommenden Schuljahr gibt es nach aktuellem Stand rund 500 Plätze zu wenig an den weiterführenden Schulen. Mehr als 5.500 Kinder verlassen im Sommer 2025 die Grundschulen, doch Platz an den Essener Haupt-, Real-, Gesamtschulen und Gymnasien gibt es nur für etwa 5.000 Kinder und Jugendliche.

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Deshalb muss die Stadt die maximale Größe von derzeit 27 Kindern pro Klasse im fünften Jahrgang auf 29 bis 31 erhöhen, je nach Schulform und Größe der Schule. Das sei „für die Umsetzung des Bildungsauftrags und die individuelle Förderung der Schülerschaft, pädagogisch betrachtet, folgenschwer und verschlechtert die Rahmenbedingungen für einen guten Unterricht“, räumt die Schulverwaltung in überraschender Deutlichkeit ein in einer Beschlussvorlage, mit der sich am Mittwoch (13. November) der Schulausschuss beratend auseinandersetzen sollte. Der Rat der Stadt entscheidet über die größeren Klassen Ende November.

Mit 27 starten die fünften Klassen - in den nächsten Jahren kommen weitere Kinder hinzu

Wegen des gemeinsamen Lernens von Schülern mit und ohne Behinderung („Inklusion“) an den weiterführenden Schulen ist es möglich, die Klassengröße in den fünften Jahrgängen auf 27 zu reduzieren. So war es bis jetzt. Alltag in der Schule ist aber auch: Bei dieser Größe bleibt es nie. „In den Jahren danach wachsen die KIassen erfahrungsgemäß“, sagt der Konrektor einer Realschule. „Das liegt unter anderem an Zuzügen.“ Künftig bedeutet das aber: Wenn die Klassen in den fünften Jahrgängen schon mit 30 Kindern starten, sind es in den folgenden Jahren gut und gerne 33 bis 35 pro Klasse. „An den Gesamtschulen wird es vor allem in den neunten und zehnten Jahrgängen voll, wenn Schülerinnen und Schüler die Klassen wiederholen, weil sie im ersten Anlauf nicht den gewünschten Abschluss erhalten“, sagt Frank Witzke, Leiter der Gesamtschule Holsterhausen und Sprecher der Gesamtschul-Direktoren.

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Neben Unterrichtsausfall, bedingt durch Lehrermangel, und mangelhaften Räumen gelten zu große Klassen seit Jahren als größtes Problem, einen qualitativ guten Unterricht abzuhalten, der allen Kindern und Jugendlichen gerecht werden kann.

Mit wie vielen Schülern pro Klasse ist noch guter Unterricht möglich? Das hängt maßgeblich von den Schülerinnen und Schülern ab – wenig überraschend benötigen Schulen in Brennpunkten deutlich kleinere Klassen als solche in bürgerlichen Wohngebieten. Der Konrektor einer Realschule benennt seine „persönliche Schmerzgrenze“ bei 27 Kindern pro Klasse, und auch Witzke sagt aus eigener Erfahrung in Holsterhausen: „Ab 27 Kindern pro Klasse wird es sehr anspruchsvoll, den unterschiedlichen Anforderungen der heterogenen Lerngruppe gerecht zu werden.“

Vergrößerung der Klassen soll auf fünf Jahre beschränkt werden

Die Stadt hält die Vergrößerung der Klassen für alternativlos; die Maßnahme soll auf fünf Jahre beschränkt werden. „Die Zahl der Räume kann leider nicht so schnell wachsen wie die Zahl der Schülerinnen und Schüler“, sagt Essens Schul-Dezernent Muchtar Al Ghusain. Man könne für die zusätzlichen 500 Jungen und Mädchen, die im Sommer 2025 von den Grundschulen an die weiterführenden Schulen gehen, keine 20 weiteren Klassenräume anbieten. So viele wären nötig, doch so viele freie Räume gibt es an den Schulen nicht. Selbst, wenn die Klassen wie geplant voller werden, müssten trotz dieser Maßnahme immer noch zehn zusätzliche Eingangsklassen an den Schulen eingerichtet werden, was man bei der Schulverwaltung derzeit allerdings für machbar hält.

Aus Bundesbank wird Grundschule

Seit Jahren investiert die Stadt große Summen in An- und Erweiterungsbauten, an zehn Standorten wurden oder werden Container aufgestellt, und die Suche nach geeigneten Flächen oder Gebäuden läuft intensiv. Im Moltkeviertel wird erstmals in der jüngeren Geschichte der Stadt ein bestehendes Gebäude in eine Grundschule umgewandelt: Im ehemaligen Bundesbank-Gebäude an der Moltkestraße, das seit Jahren leer steht, findet bald Unterricht statt. Dafür wird das Gebäude entkernt und neu aufgeteilt, der Tresorraum im Keller wird Bewegungsraum, die Tiefgarage eine Turnhalle.

An den Realschulen soll die Klassengröße im Jahrgang fünf von 27 auf 30 (vier Züge, also Klassen pro Jahrgang) vergrößert werden, bei Schulen mit bis zu drei Klassen pro Jahrgang auf 31. An den Haupt- und Gesamtschulen wächst die Zahl von 27 auf 29 in Klasse fünf, und die Gymnasien nehmen ohnehin bereits 30 beziehungsweise 31 Kinder pro Klasse auf.

Macht denn ein halbes Dutzend Kinder pro Klasse mehr einen solchen Unterschied? Sind 27 so viel weniger als 33? „Dieser Unterschied“, sagt Frank Witzke, „kann darüber entscheiden, ob schwächere Schülerinnen und Schüler die Versetzung schaffen.“

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