Essen-Werden. Die Schatzkammer Werden gehört zu den bedeutenden Kirchenschätzen Deutschlands. Das Museum lädt mit einer neuen Ausstellung zur genauen Betrachtung ein.
Die Schatzkammer Werden gehört zu den bedeutenden Kirchenschätzen Deutschlands und zeigt die reiche Geschichte des 799 durch den heiligen Liudger gegründeten Werdener Klosters, das bis 1803 bestand. Einige der Schätze werden als Reliquien verehrt. Neben liturgischen Geräten zeugen Gemälde, Skulpturen und Paramente von der einst reichen Ausstattung der Abtei.
Die in diesem Jahr neu konzipierte Ausstellung „Genau betrachtet“ wirft dabei auf einige dieser Kunstwerke einen besonderen Blick. Erst bei genauem Hinschauen werden manche Feinheiten und Details sichtbar, die scheinbar nebensächlich sind, tatsächlich aber spannende Erkenntnisse über die Exponate und ihre Geschichten eröffnen.
Werkzeugspuren, Farben und Bohrlöcher geben Anhaltspunkte
So nimmt das neueste Kapitel der Ausstellung vier erhaltene Frauenköpfe mittelalterlicher Holzskulpturen aus dem Bestand in den Blick. In der nächsten öffentlichen Führung am Sonntag, 27. Oktober, gibt es dazu nähere Erläuterungen.
Benedikt Hanschmann, Geschäftsführer der Ludgerus-Schatzkammer, verrät: „Die Köpfe lagen mehrere Jahre im Depot und werden nun wieder extra sichtbar präsentiert.“ Die Farbe an diesen Exponaten ist stellenweise abgeblättert, das Holz weist sichtbare Bruchstellen und Pilzbefall auf. Wie haben die Köpfe ursprünglich ausgesehen? Wie sind sie entstanden und wozu dienten sie? Werkzeugspuren, Farben und Bohrlöcher geben einige Anhaltspunkte. Auch das Aussehen von Haaren und Gesichtszügen kann Aufschluss geben.
„Wir laden ein, sich die Köpfe in der Ausstellung der Schatzkammer Werden ganz genau anzusehen“, sagt Hanschmann. Auf Hinweistafeln sowie im Internet auf der Homepage des Museums können (auch außerhalb der öffentlichen Führung) die Forschungsergebnisse nachvollzogen werden.
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Die Sammlung umfasst neben Exponaten aus Holz auch Gold- und Silberschmiedewerke, Elfenbeinkunst, Skulpturen, Gemälde und Textilien vom frühen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Hanschmann: „Dazu kommen Schriftwerke auf Pergament. Und aus der ehemaligen Klosterbibliothek sind allein mehr als 2200 Bücher im Bestand.“ Um diese empfindlichen Materialien bestmöglich zu erhalten, herrscht in den Räumen der Werdener Schatzkammer eine konstante Temperatur von 19 Grad Celsius. Die Luftfeuchtigkeit darf nicht mehr als 60 Prozent und nicht weniger als 50 Prozent betragen. Auch das Licht spiele beispielsweise bei Textilien eine entscheidende Rolle, erklärt Hanschmann: So seien die Paramente, das heißt die in der Liturgie verwendeten Kleider, nur bei gedimmtem Licht im Erdgeschoss zu betrachten.
60-minütiger Rundgang
Spannende Einblicke in die Geschichte der Abtei und ihrer Schätze gibt es am Sonntag, 27. Oktober, bei einer öffentlichen Führung. Sie beginnt um 15.30 Uhr. Treffpunkt ist das Foyer der Schatzkammer, Brückstraße 54.
Nicht fehlen bei dem 60-minütigen Rundgang darf Liudger. Einige frühmittelalterliche Schatzstücke stehen mit ihm in Verbindung. Neben der Schatzkammer bietet die Basilika St. Ludgerus mit dem Grab Liudgers und ihrer reichhaltigen Baugeschichte Raum für Entdeckungen.
Die Führung kostet für Erwachsene sieben Euro; Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren haben freien Eintritt.
Weitere Informationen gibt es auf www.schatzkammer-werden.de.
Anders die Elfenbeinpyxis aus dem 5. Jahrhundert: Sie wird in einer Vitrine direkt am Beginn der Ausstellung ins rechte Licht gerückt. Auf ihr befindet sich eine der ältesten Weihnachtsdarstellungen in Deutschland. Das Exemplar zählt zu den Highlights der Schatzkammer und ist eines der Lieblingsstücke von Benedikt Hanschmann.
Steinreliefs aus dem 11. Jahrhundert geben bis heute Rätsel auf
Aber der 29-jährige Kunsthistoriker hat noch eine weitere Präferenz: Es sind Steinreliefs aus dem 11. Jahrhundert, die sich früher in der Basilika befanden. Sie zeigen Frauen, die offenbar miteinander im Gespräch sind. „Die Kleidung und die Tatsache, dass sie Bücher in den Händen halten, zeigen, dass es sich um gebildete Frauen handelt.“ In welchem ursprünglichen Kontext die Reliefs hergestellt und wo sie eingebaut waren, bleibe rätselhaft. „In der Krypta waren sie in einer Schräge montiert.“
„Die Kleidung und die Tatsache, dass sie Bücher in den Händen halten, zeigen, dass es sich um gebildete Frauen handelt. Wo die Reliefs eingebaut waren, bleibt rätselhaft.“
Es sind verschiedene Kombiführungen durch die Kirchen möglich
So berge die Schatzkammer noch viele Geheimnisse, die die Forschung lüften könne. „Aber wir sind hier nicht nur ein Forschungsstandort, sondern wollen natürlich für die Stadtgeschichte sensibilisieren.“ Die Besucherzahlen der Schatzkammer klettern jedoch erst ganz allmählich nach wieder oben. „Der Corona-Lockdown wirkt leider bei uns immer noch nach“, sagt Hanschmann. Er sei aber zuversichtlich, dass die Schatzkammer sowohl in der Essener Bevölkerung, als auch bei den Touristen bald wieder mehr ins Bewusstsein rücke. „Wir haben verstärkt Schulen kontaktiert, denn früher waren Klassenbesuche hier sehr beliebt.“ Immerhin: In den ersten drei Quartalen 2024 seien bereits mehr Besucher registriert worden als im ganzen Jahr zuvor.
Die Führungen werden von fachkundigen Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern durchgeführt. „Wir bieten auch individuelle Termine für Gruppen an. Es können die Schatzkammer, die Basilika St. Ludgerus und die Luciuskirche besichtigt werden.“ Auch Kombiführungen seien möglich: Besichtigt werden die Basilika St. Ludgerus, die Schatzkammer Werden sowie der Essener Dom und der Domschatz. Hanschmann: „Das sind dann zwei Schätze an einem Tag im Doppelpack.“
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