Essen-Heidhausen. Wurden Fußgänger und Radfahrer vergessen? An der Barkhovenallee in Heidhausen kommt es zu gefährlichen Situationen. Wie die Stadt Essen reagiert.

Juliane Schmengler aus Heidhausen wuchtet ihr schweres E-Lastenrad von der Straße auf den Gehweg. Hintendrauf hocken Tochter Karla und Freundin Ava: „Das ist quasi unser zweites Auto, wir nennen es scherzhaft unser Cabrio. Wir versuchen unseren Kindern vorzuleben, dass man nicht für jeden kurzen Weg das Auto nehmen muss.“

Die Mutter ist genervt: „Es kann aber nicht sein, dass immer nur alles für die Autofahrer hergerichtet wird, Fußgänger und Radfahrer aber vergessen werden. Unsere Kinder möchten zunehmend ihren Schulweg eigenständig zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen. Aber sie müssen dafür definitiv schutzlos auf die Straße ausweichen.“ Es handele sich um eine gravierende Gefährdung: „Radfahrer haben nun mal keine Knautschzone.“  

Hannes und Karla gehen zur Grundschule. Ihre Mutter ist entsetzt, wie gefährlich ihr Schulweg mit dem Rad ist.
Hannes und Karla gehen zur Grundschule. Ihre Mutter ist entsetzt, wie gefährlich ihr Schulweg mit dem Rad ist. © D. Henschke

Der neunjährige Viertklässler Hannes und die sechsjährige Erstklässlerin Karla sollen mit dem Fahrrad zur Grundschule an der Jacobsallee fahren. Den Eltern gehe es da um körperliche Gesundheit, Förderung der Selbstständigkeit und des Verantwortungsbewusstseins. Sie hätten jedoch große Bedenken wegen einer Baustelle für Glasfaserkabel. Die befindet sich an der Barkhovenallee, etwa Einmündung Barkhover Feldweg. Sie liegt auf dem Gehweg und seit Monaten brach. Problem: Auf der anderen Straßenseite gibt es gar keinen Fußweg.  

An der Baustelle hängt ein „Verbot für Fußgänger“-Schild

Folge: Fußgänger zwängen sich an der Absperrung vorbei und spazieren dabei durchs Baumbeet, wie ein regelrechter „Trampelpfad“ nachweist. Um das zu verhindern, habe man wohl die Baustelle auf dem Fußweg noch weiter vergrößert und ein „Verbot für Fußgänger“-Schild aufgestellt, vermutet Juliane Schmengler.

„Unsere Kinder möchten zunehmend ihren Schulweg eigenständig zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen. Aber sie müssen dafür definitiv schutzlos auf die Straße ausweichen.“

Juliane Schmengler, Anwohnerin

Dabei breche doch jetzt die dunkle Jahreszeit an: „Ausgerechnet jetzt müssen die Kinder, da ihnen der Fußweg komplett versperrt wurde, auf die vielbefahrene Straße ausweichen. Und zwar über einen hohen Bordstein, komplett ohne Umleitung und Schutz.“ Ihr Ehemann habe versucht, bei der zuständigen Ordnungsbehörde nachzuhaken, landete aber auf einem AB.

Für die Essenerin ist das Rad das Fortbewegungsmittel erster Wahl

Juliane Schmengler stellt klar: „Nicht zuletzt aufgrund des Umweltbewusstseins und für eine nachhaltigere Mobilität sollte man möglichst viele Wege per Rad oder zu Fuß zurücklegen. Unser Fahrzeug erster Wahl ist das Rad, auch wenn uns die Verkehrsführung und die Straßen in Werden und Heidhausen das echt schwer machen. Wir kommen aus Köln und dachten eigentlich, da wäre es schon nicht fahrradfreundlich. Aber hier in Essen ist es echt lebensgefährlich.“ Auf der Heidhauser Straße befinde sich auch solch eine Gefahrenstelle, sodass die Kinder mit dem Rad sogar in den Gegenverkehr ausweichen müssten: „Und das auf einer Bundesstraße.“

Radler hätten hier ohnehin schlechte Karten, findet die Heidhauserin: „Immer wieder muss ich mich rechtfertigen, weil ich mit meinen Kindern auf dem Gehweg fahre. Dabei ist das gesetzlich erlaubt und wir nehmen wir natürlich Rücksicht auf Fußgänger. Wir sind doch keine Verkehrsrowdys.“ Außerdem findet sie: „Bis zur Grundschule ist es gut einen Kilometer. Dafür muss man doch wirklich kein Auto nehmen.“

Essener Verkehrsbehörde hat die Absperrungen nicht genehmigt

Wie ist da der Stand der Dinge? Warum wurde keine gesicherte „Umgehung“ um die Baustelle für Fußgänger und junge Radler eingerichtet? Wie ist das eigentlich, wenn unter Achtjährige laut Paragraf 2 der StVO sogar gezwungen sind, mit ihrem Fahrrad auf dem Gehweg zu fahren, der aber dauerhaft versperrt ist? Wie gesagt, an dieser Stelle gibt es nur auf einer Seite einen Gehweg.

Die offensichtlich falsch aufgebauten Absperrungen sowie Beschilderungen seien von der Verkehrsbehörde so nicht genehmigt worden, sagt die Stadt Essen.
Die offensichtlich falsch aufgebauten Absperrungen sowie Beschilderungen seien von der Verkehrsbehörde so nicht genehmigt worden, sagt die Stadt Essen. © D. Henschke

Die fragliche Baustelle sei der städtischen Verkehrsbehörde erst durch den Hinweis bekannt geworden, erklärt Stadtsprecherin Maike Papenfuß: „Für die Durchführung der Arbeiten wurde keine Genehmigung von Seiten der Stadt Essen erteilt. Die in der Kritik stehenden und offensichtlich auch falsch aufgebauten Absperrungen sowie Beschilderungen wären von der Verkehrsbehörde so auch nicht genehmigt worden.“ Es müsse Fußgängern möglich sein, den Bereich passieren zu können, ohne ungesichert auf die Fahrbahn ausweichen zu müssen.

„Seitens der Verkehrsbehörde wurde nach Bekanntwerden der Bürgerbeschwerde umgehend eine Ortskontrolle durchgeführt.“

Maike Papenfuß, Pressesprecherin der Stadt Essen

Maike Papenfuß spricht sofortige Konsequenzen an: „Seitens der Verkehrsbehörde wurde nach Bekanntwerden der Bürgerbeschwerde umgehend eine Ortskontrolle durchgeführt und Kontakt zu der verantwortlichen Firma aufgenommen. Es wurde eine sofortige Änderung der Beschilderung und der Absperrmaßnahmen eingefordert. Die Umsetzung wird heute noch einmal kontrolliert. Bezüglich der weiteren Baumaßnahmen im dortigen Bereich wird die Verkehrsbehörde verstärkt den Baufortschritt und die Baustelleneinrichtungen kontrollieren.“

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