Essen. „Uns geht‘s um Qualität“: Gino Winter und Familie präsentieren in Essen eine Show mit krachenden Karren und Autos, die durchs Feuer fliegen.

Gino Winter (54) startet den 1200-PS-Motor seines Monstertrucks, den er liebevoll „Dragon“ nennt, und es klingt wie Feuerwerk. Zwei Chevrolet-V8-Maschinen machen Lärm, der durch Mark und Bein fährt, und Winter sagt grinsend: „Sowas kann kein Elektroauto.“

Überschlag-Nummern auf dem Essener Globus-Parkplatz gehören zum Programm.
Überschlag-Nummern auf dem Essener Globus-Parkplatz gehören zum Programm. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Willkommen bei Familie Winter, willkommen bei ihrer Stunt-Show „Monster Action“, die am Sonntag (22. September) zum dritten Mal auf dem Globus-Parkplatz in Altendorf gastieren wird (Beginn 15 Uhr, Einlass ab 14 Uhr). Zwei Stunden lang gibt es Autos zu sehen, die frontal zusammenkrachen oder sich überschlagen, und am Ende steigen die Fahrer aus, und sie haben kein Haar gekrümmt. Es gibt junge Männer, die Motorräder durch Feuerreifen fliegen lassen und Schleuder-Spektakel veranstalten mit silbernen 3er-BMWs. Und am Ende walzt „Dragon“, das bonbonbunte Monster mit den mannshohen Reifen, über Schrottkarren und macht sie noch ein bisschen platter.

Monster-Truck-Show in Essen: Eindrücke im Video

Sind solche Shows noch zeitgemäß? Man könnte einwenden, sie stehen irgendwie für rohe Zerstörung, Energieverschwendung und bizarre Kraftmeierei. Gino Winter lächelt und sagt: „Nein, es geht um unsere Tradition als Artistenfamilie. Und es geht um Qualität.“

Winter hat fünf Kinder und sechs Enkel. Er stammt aus einer Zirkusfamilien-Dynastie, seit Jahrzehnten lebt die gesamte Familie am nördlichen Rand von Düsseldorf auf einem großen Gelände in der Nähe des Flughafens. Hier reparieren sie die Autos nach jeder Show, hier hat Winter in monatelanger Arbeit seine „Monstertrucks“ zusammengeschweißt. Die riesigen Reifen bekam er gebraucht aus der Landwirtschaft, sie waren mal montiert an Treckern und Güllewagen. Das Gestell ist eine eigene Kreation, gefertigt aus 20 Rohren.

„Wenn man aus einer Artistenfamilie kommt“, sagt Winter, „dann kann man so etwas. Schweißen, Montieren, Lackieren.“ Seit Jahrzehnten gibt es die Stunt-Shows, in den Sechziger Jahren starteten sie als so genannte „Hell Drivers“, Höllenfahrer, und sie machen nicht nur Shows auf Markt- oder Parkplätzen, sondern man kann sie auch buchen für Film- und Fernsehproduktionen.

„Man wächst da hinein. Mit dreieinhalb saß ich erstmals auf einem Motorrad“

Einen bürgerlichen Beruf hat Winter nie gelernt, niemand aus seiner Familie. „Man wächst da hinein. Mit dreieinhalb saß ich erstmals auf dem Motorrad.“ Auch jetzt, in der aktuellen Show, sind alle Familienmitglieder eingebunden. Wer nicht selbst ein Fahrzeug lenkt, ist im Ticketverkauf beschäftigt oder beim Imbiss.

  • Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!
Die Monstertrucks „Scream“ (links) und „Dragon“ hat Gino Winter selbst gebaut. Zu sehen sind sie unter anderem in Essen.
Die Monstertrucks „Scream“ (links) und „Dragon“ hat Gino Winter selbst gebaut. Zu sehen sind sie unter anderem in Essen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Winter legt Wert auf den Unterschied: „Wir sind Artisten, keine Schausteller. Ich brauche die Aufregung.“ Es geht darum, mit der Gefahr umzugehen. „Und da fängt die Qualität an, von der ich spreche. Wir legen höchsten Wert auf Sicherheit, denn der kleinste Fehler führt zu Knochensalat.“ Angst, sagt Winter, sei ein schlechter Begleiter, „Angst hat man nicht, wenn man schon als Kind da reinwächst.“ Aber Respekt - den müsse man sein ganzes Artistenleben behalten, „denn der Fehler steckt in der kleinsten Ecke.“

Das heißt: „Schon beim Aufbau sind wir total penibel.“ Wo lassen sie die Autos anfahren? Wo ist genügend Platz, um die Fahrzeuge nach den Kunststücken ausrollen zu lassen? Gibt es versteckte Gefälle auf dem Gelände? Solche und andere Fragen stellen sie sich, wie Winter sagt, mit der größten Sorgfalt. „Entsprechend ist es bei uns noch nie zu größeren Unglücken gekommen.“ Einmal, räumt Winter ein, saß er in seinem Pkw nach einer Überschlag-Nummer, und war mehrere Sekunden lang bewusstlos. Sein Kopf war bei dem Manöver an den Mittelholm des Fahrzeugs geknallt, der Helm, den er selbstverständlich trägt, hatte die Erschütterung nicht ausreichend aufgefangen. Entsprechend polstern sie seitdem die Holme und Stege in den Karossen. „Jedes Unternehmen“, sagt Winter“, wird mit den Jahrzehnten immer besser, wenn es an Erfahrung gewinnt.“ In einem Familienunternehmen sei die Weitergabe dieser Erfahrung besonders wichtig. Sprichwörtlich: überlebenswichtig.

Unsere meist gelesenen Artikel der Woche

Monster-Truck-Show an mehreren Tagen

Ordentlich brennen wird es auch bei der Show in Essen, versprechen die Verantwortlichen.
Ordentlich brennen wird es auch bei der Show in Essen, versprechen die Verantwortlichen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Früher waren sie wochen- und monatelang auf großen Tourneen, auch im Ausland, hatten lange Gastspiele zum Beispiel in den Niederlanden. Man kann nicht sagen, dass das Geschäft einfacher wird. Corona, räumt Winter ein, habe ihnen zugesetzt. Seitdem haben sie ihren Radius verkleinert, touren vor allem durch NRW, bleiben mehrere Tage an einem Standort, um Fahrtkosten zu sparen. Auch Plakatwerbung in den Städten werde schwieriger, weil immer mehr Kommunen sich vertraglich an Firmen binden, die Plakate und Litfasssäulen bespielen und keine andere Werbung an Zäunen oder Wänden mehr zuließen.

Mit Mitte 50 macht Winter jetzt die ganz gefährlichen Nummern der Show nicht mehr, die überlässt er längst seinen Söhnen. Doch die Leidenschaft bleibt. Und der Stolz auf die Familientradition. Sein Herz schlägt dann besonders hoch, wenn er die Wertschätzung von Zuschauerinnen und Zuschauern direkt zu spüren bekommt. „Einmal war da ein Gast“, sagt Winter, „der wollte erst den vollen Eintritt nicht zahlen und an der Kasse feilschen. Aber nach der Show kam der Mann, legte noch einen 50er hin und sagte: ,Junge, deine Show ist viel zu billig!‘ Das hat irgendwie gutgetan.“

Erwachsene und Kinder ab 13 Jahren zahlen für ein Ticket 25 Euro, Kinder von drei bis zwölf Jahren 20 Euro. Kinder bis zwei Jahre haben freien Eintritt. Karten für die Show gibt es nur an der Tageskasse. Weitere Infos zu den Shows auf dem Globus-Parkplatz (Haedenkampstraße 21) unter: www.stuntmovieproduction.com

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]