Essen. Corona hat für viele seinen Schrecken verloren. Die Stadt Essen will nicht nochmal von einer Pandemie überrascht werden – und wappnet sich jetzt.
Die Inzidenz ist niedrig, die Wachsamkeit ist hoch – so etwa fasst Essens Stadtdirektor und Gesundheitsdezernent Peter Renzel die Lage beim Thema Covid-19 zusammen. Man wolle auf künftige Pandemien besser vorbereitet sein als auf das Auftreten von Corona im Jahr 2020. Darum will die Stadt bis Sommer 2025 eine Pandemie-Planung erarbeiten.
Coronavirus sorgt wieder für viele Krankschreibungen
Dass Corona nicht verschwunden ist, hat mancher zuletzt in der Familie oder im Kollegenkreis erlebt: In diesem Sommer verursachte das Virus wieder zahlreiche Krankschreibungen. In der Inzidenz schlage sich das nicht nieder, sagt Renzel: „Die Zahlen sind unauffällig, weil uns nur noch sehr wenige PCR-Testergebnisse vorliegen.“
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In den Arztpraxen sieht die Lage anders aus, wie etwa Dr. Lutz Rothlübbers vom Praxiszentrum Katernberg bestätigt: „Wir haben derzeit vermehrt Patienten, die an Corona erkranken.“ Es treffe vor allem Jüngere, die viel unterwegs sind. Die Verläufe seien in aller Regel mild. „Ich kann mich an keinen einzigen Fall erinnern, der stationär aufgenommen werden musste.“
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Rothlübbers und seine Kollegen sehen viele Betroffene nicht mal persönlich: Diese haben meist leichte Symptome, machen einen Corona-Schnelltest und melden sich in der Praxis, wenn dieser positiv ausfällt. „Sie bekommen im Regelfall eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für fünf Tage.“ Nur wer länger an der Krankheit laboriert oder schwerere Symptome hat, kommt zur Untersuchung. „Ansonsten hat sich die telefonische Krankschreibung etabliert.“
Essener Ärztin bietet Patienten per Videosprechstunde an
Das bestätigt seine Kollegin Dr. Mirjam Theune von der „Praxis im Essener Süden“ in Fischlaken. Noch lieber ist es der Medizinerin, wenn sie ihre Patienten in der Videosprechstunde sieht. Meist hätten die einen positiven Corona-Schnelltest, „das Krankheitsbild unterscheidet sich ansonsten ja nicht so groß von einem grippalen Infekt“. Fieber und Gliederschmerzen träten häufig auf. Bei Atemproblemen sei es angezeigt, dass die Betroffenen mit Maske in die Infektionssprechstunde kommen, damit sie die Lunge abhören könne.
„Das Krankheitsbild unterscheidet sich ja nicht so groß von einem grippalen Infekt. “
Auch Mirjam Theune schildert die Lage als nicht dramatisch, nach einer Vielzahl von Fällen ebbe das Aufkommen jüngst schon wieder ab. Aber: Ein älterer Patient mit Vorerkrankungen sei an oder mit einer Covid-Infektion gestorben.
Besuche im Seniorenheim sollen möglich bleiben
„Schwere Verläufe, die eine intensivmedizinische Versorgung notwendig machen und letztendlich sogar zum Tod der Patienten führen können, sind nicht gänzlich auszuschließen, insbesondere bei schweren Vorerkrankungen“, bestätigt Dr. Christoph Weyland, Krankenhaushygieniker am Philippusstift in Borbeck, zu dem auch das Geriatrie-Zentrum Haus Berge gehört. Die aktuellen Infektionsverläufe seien in der Regel leichter als in der Vergangenheit. Aber: „Gerade die vulnerable Patientengruppe, die dort behandelt wird, bedarf eines besonderen Schutzes.“
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Notwendige Maßnahmen ließen sich in der Geriatrie indes schwerer umsetzen als auf anderen Stationen, sagt Weyland. Und: „Gemeinschaftsaktivitäten, die zum Behandlungskonzept der Demenz-Station gehören, werden durch Infektionsgeschehen leider deutlich erschwert.“ Ein engmaschiges Monitoring, Tests bei Symptomen, ggf. die Isolation von Patienten sowie das Tragen von FFP2-Masken durch Personal und Besucher machten jedoch „Besuche im Geriatrie-Zentrum weiter möglich“.
„Schwere Verläufe, die eine intensivmedizinische Versorgung notwendig machen und letztendlich sogar zum Tod der Patienten führen können, sind nicht gänzlich auszuschließen, insbesondere bei schweren Vorerkrankungen.“
Längst hat sich ja die bittere Erkenntnis durchgesetzt, dass man während der Pandemie betagten Heimbewohnern – in bester Absicht – schlimme seelische Wunden zufügte, als man sie für viele Wochen von Kindern und Enkeln abschnitt. Zu hart sei das gewesen, sagte Gesundheitsdezernent Renzel bei der Einweihung des Corona-Denkorts im Frühjahr und versicherte: „Zu solchen Maßnahmen wird es nicht mehr kommen.“
Pandemie-Planung war 2020 nur fünf Seiten lang
Für Renzel hat die vielfach geforderte Aufarbeitung der Corona-Zeit nur Sinn, wenn daraus Schlüsse für die Zukunft gezogen werden. Im Rückblick auf 2020 sagt er: „Die Pandemie-Planung der Stadt Essen war fünf Seiten stark.“ Inzwischen sei der im Gesundheitsamt angesiedelte sechsköpfige Pandemie-Planungsstab viel weiter. Auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse wolle man sich so aufstellen, „dass wir jederzeit fachlich und personell in der Lage sind, eine beginnende Pandemie [...] bestmöglich zu bekämpfen und mit unseren Strategien [...] unsere Bürger zu schützen“.
„Aktuell bereiten wir uns auf eine weitere Corona-Welle im Winter vor. Doch die wird wohl keinen pandemischen Charakter haben.“
Darum spreche man nicht nur mit den Akteuren vor Ort, von Altenheimen bis zu Krankenhäusern, sondern ziehe auch alle denkbaren Informationsquellen heran: von Abwasserdaten über die Berichte von Robert-Koch-Institut und Weltgesundheitsorganisation bis zu digitalen Meldesystemen zum Infektionsschutz. „Die nächste Pandemie könnte ja schneller kommen, als uns lieb ist.“ Eine erste Pandemie-Planung soll bis Jahresende vorliegen, die finale Version soll bis zum Sommer 2025 fertiggestellt sein.
Stadt Essen rechnet mit Corona-Welle im Winter
„Aktuell bereiten wir uns auf eine weitere Corona-Welle im Winter vor“, sagt der Dezernent und beruhigt: „Die wird wohl keinen pandemischen Charakter haben.“
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