Essen-Fischlaken. Zwei junge Mediziner haben die Hausarztpraxis an der Wintgenstraße in Essen-Fischlaken übernommen. Warum es sie ausgerechnet aufs „Dorf“ zieht.

Zwei junge Allgemein- und Betriebsmediziner haben die Hausarztpraxis an der Wintgenstraße in Fischlaken übernommen und umfassend renoviert. Was bewegt sie, sich im fast noch ländlich geprägten Stadtteil niederzulassen und für die rund 5300 Einwohner da zu sein?

Dr. med. Mirjam Theune lächelt. Die 37-Jährige lebt mit Mann und zwei kleinen Kindern in Heisingen: „Ich bin selbst auf dem Dorf groß geworden. Mir sagen die schöne Natur und die Ruhe in Fischlaken zu.“ Auch Dr. med. Christian Specking fühlt sich wohl: „Bei unseren Hausbesuchen kommen wir viel herum. In Fischlaken ist es wirklich gemütlich.“ Für den 39-Jährigen schließt sich der Kreis: „Mein Großvater war Hausarzt auf dem Dorf.“

Mehr Zuzug junger Familien in den Stadtteil

Dass der Stadtteil nicht nur der älteste von Essen sei, sondern auch im Altersschnitt höher liege, sehe man bei den Patienten: „Da sind bestimmt zwei Drittel über 70 Jahre alt. Daher werden wir weiterhin Hausbesuche machen und betreuen auch in Paul-Hannig-Heim und Stiftung St. Ludgeri.“

Der Empfangsbereich der Fischlaker Hausarztpraxis ist nun über eine Rampe barrierefrei zu erreichen.
Der Empfangsbereich der Fischlaker Hausarztpraxis ist nun über eine Rampe barrierefrei zu erreichen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Mirjam Theune arbeitete zuvor in einer Holsterhauser Praxis: „Da war schon jüngeres Publikum. Aber dramatisch war der Unterschied auch nicht.“ Zumal sie erlebe, dass in Fischlaken aktuell junge Familien zuzögen mit vielen Kindern: „Und auch die brauchen Ärzte. Wir sind schließlich die einzigen Allgemeinmediziner im Stadtteil.“

Christian Specking weiß: „Hier kommen die Patienten zumeist gut informiert zu uns und vertrauen unserer fachlichen Einschätzung. Da ist es unverzichtbar, dass wir auf neuestem Stand sind. Wir sind noch sehr jung. Erfahrung ist sicherlich wichtig in der Medizin, aber eben nicht alles. Man muss sich ständig selbst hinterfragen.“ Deshalb sei auch ein kompletter Umbau „bis auf die Grundmauern“ erforderlich gewesen: „Wir wollen hier ja ein paar Jahrzehnte arbeiten.“ Specking kannte Praxis und Belegschaft seit einer Vertretung vor drei Jahren: „Das Team der medizinischen Fachkräfte ist auch komplett geblieben, was uns sehr freut.“

Nun gibt es einen barrierefreien Zugang zur Praxis

Der Empfangsbereich ist nun über eine Rampe barrierefrei zu erreichen. Die Arbeits- und Betriebsmedizin wird im ebenfalls hell gestalteten Souterrain zuhause sein, mit allerneuesten Geräten. Die Modernisierung betreffe auch die Kommunikation, erklärt Specking: „Wir führen eine Patienten-App ein und Videosprechstunden. Bei uns kann jeder Patient seine Daten einfordern. Wir haben uns da Transparenz auf die Fahnen geschrieben.“ Großen Wert legen die beiden Mediziner auf Vorsorge, sei es Haut-Screening, Checkups oder Krebsvorsorge. Im Herbst stünden wieder Impfungen an.

Als akademische Lehrpraxis zertifiziert

Bei den Hausärzten an der Wintgenstraße 23 gibt es nun Terminsprechstunden, um Wartezeiten zu vermeiden, sagt Christian Specking: „Aber wir sind nicht der TÜV mit starren Zeitvorgaben. Wenn ein Patientengespräch länger dauert, nehmen wir uns die Zeit.“

Die Praxis ist als akademische Lehrpraxis der Universität Duisburg-Essen zertifiziert. Schließlich bleiben beide Lehrbeauftragte am Institut für Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen.

Weitere Informationen sind unter www.praxis-essener-sueden.de erhältlich.

Die Sauerländerin Mirjam Theune studierte Humanmedizin in Bonn und promovierte dort, arbeitete erst in Köln und zog dann der Liebe wegen nach Essen. Specking stammt aus dem Münsterland: „Aber meine Eltern sind Hoteliers, da sind wir viel rumgekommen.“ Nach Studium in Budapest und Göttingen folgte die Promotion in Essen. Er hat drei Kinder zwischen einem und sieben Jahren: „Solch eine grundlegende Entscheidung wie eine eigene Hausarztpraxis kann man nur stemmen, wenn man zuhause starke Partner hat. Und das ist bei uns beiden der Fall.“

Zwei Etagen und viel Platz in den renovierten Räumen

Als die Vakanz der Fischlaker Praxis bekannt wurde, war die Entscheidung gereift, sagt Mirjam Theune: „Wir hatten uns in der Assistenzzeit im Universitätsklinikum kennengelernt und fanden, wir sollten gemeinsam etwas aufziehen, nach unseren Vorstellungen und Ansprüchen. Wir hatten uns Praxen in Holsterhausen und Überruhr angeschaut. Aber hier haben wir zwei Etagen und viel Platz. Das war ausschlaggebend.“

Die Ausbildung zum Allgemeinmediziner im Universitätsklinikum sei ein absoluter Glücksfall gewesen, finden beide. „Diese große Bandbreite war ideale Vorbereitung auf eine klassische Hausarztpraxis, wo man doch mit allem konfrontiert wird“, sagt Mirjam Theune. So sei es selbstverständlich, auch Kinder aufzunehmen: „Zu uns kann die ganze Familien kommen.“

Christian Specking ergänzt, dass man zwar keine U-Untersuchungen durchführen dürfe: „Aber wir haben doch selbst Kinder. Warum soll dann ein Patient nicht sein krankes Kita-Kind zu uns bringen?“

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