Emmerich. Streckensperrung beim RE19. Die NRZ ist mit dem Schienenersatzverkehr von Oberhausen über Wesel bis Emmerich gefahren. Und ist überrascht.
Durch den leeren Oberhausener Hauptbahnhof dröhnt am frühen Samstagmorgen immer wieder dieselbe Durchsage: „Anschlüsse Richtung Arnheim.“ Und bricht ab. Ein Blick auf die digitale Zugauskunft ist damit obligatorisch, auch vor dem Info-Point der Deutschen Bahn sammelt sich eine Menschentraube.
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„Die lassen sich auch immer wieder was Neues einfallen“, beschwert sich eine Kundin, bevor sie mühsam das ausgedruckte Ticket zurück in den Rucksack packt. Ganz so neu sind die geplanten Streckensperrungen aber nicht. Wegen der Bauarbeiten an der Betuwe-Linie sind die übers ganze Jahr verteilt geplant. Trotzdem: „Ich dachte, ich bezahle für eine Zugfahrt“, ist zu hören.
Dann kommt es zur Vollsperrung
Im Zuge des Betuwe-Ausbaus kommt es immer wieder für kürzere oder längere Perioden zur kompletten Streckensperrung. Das sind die Zeiträume, in denen der RE19 nicht fährt: 22. Februar bis 2. März, 12.-27. April, 10. sowie 11. Mai und 14.-15. Juni 2025.
Haltestelle finden? Idiotensicher
45 Minuten würde die Reise von Oberhausen bis Emmerich dann dauern. Stattdessen müssen Fahrgäste ungefähr anderthalb Stunden im Schienenersatzverkehr einplanen. Die NRZ hat eine Fahrt mit dem SEV-Bus gewagt.
Bahnhof zu verstehen, ist einfach. Über den Boden zieht sich ein grüner Streifen, der bis zur Haltestelle führt. Einfach Markierung und eisiger Luft folgen. Nicht nur Gleis Neun bleibt am Wochenende nämlich kalt. Am offenen Hinterausgang des Hauptbahnhofs soll der Ersatzverkehr fahren.
Kein Servicepersonal am Bussteig
„Weiß nicht, wann ich da bin. Warte, ich schau mal...Ne nix, keine Ahnung“, führt eine Frau sichtlich genervt ein Telefonat. Obwohl sie mehrmals um die Haltestelle schwirrt, wird sie nicht klüger. Weder ausgehangener Fahrplan noch gelbe Servicewesten vor Ort, müssen ihr andere Reisende weiterhelfen. Schulterzucken, ein Blick in die App.
Wer nach Wesel, Emmerich oder Arnheim muss, kann einen Expressbus nehmen, der zweimal stündlich kommt. Für Zwischenhalte wie Rees oder Praest bietet sich der Lokalbus an, der deutlich länger unterwegs ist und seltener abfährt. Als der Ersatzverkehr nicht pünktlich am Horizont erscheint, kommt Ungeduld auf.
So fährt der Bus schneller
An die Bordsteinkante treten und soweit in die Straße spähen wie nur möglich. Dann die Enttäuschung. „Kommt nix“, sagt ein Mann in Arbeitshose, bevor er sich wieder zwischen die Wartenden reiht, die sich ihrem Schicksal auf dem Abstellgleis ergeben. Manche rauchen die wohl erste Zigarette des Tages, andere starren, die Hände in den Taschen, einfach nach vorn. Als der Gelenkbus mit vier Minuten Verzögerung eintrifft, schwingt die Stimmung jedoch um.
Wo sich Reisende eben noch wie Verbündete halfen, drängeln sie sich nun zügig durch die offenen Türen. Schließlich will jeder einen Sitzplatz ergattern, was zu den Stoßzeiten nahezu unmöglich, an einem Samstagmorgen aber machbar ist. Wenn kein Fahrgast steht, darf der Busfahrer übrigens aufs Gaspedal drücken. Sonst sind maximal 60 km/h erlaubt.
Pendler haben Vertrauen
Über die A3 fährt der Bus nach Wesel, wo er einen Halt einlegt. Viele steigen aus, nur wenige wollen scheinbar weiter bis Emmerich oder in die Niederlande. Frostige Felder, mal an einer Pferdewiese vorbei, ist der Weg über die Landstraße bis Emmerich fast schon idyllisch. Zehn Minuten früher als geplant, ist das Ziel erreicht.
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„Besser als Zugfahren“, sagt der Mann in Arbeitshose, der ebenfalls in Emmerich aussteigt. Er sei täglich auf die Bahn angewiesen, müsse immer bis Duisburg und zurück. „Da geht auf der Strecke von Oberhausen bis Duisburg eher was schief.“ Der Schienenersatzverkehr ist zwar ziemlich undurchsichtig und fährt länger, aber erfüllt das Mindeste: Er fährt.