Kreis Kleve. Fehlende Hausärzte, Zahnärzte, Orthopäden... Das Gesundheitssystem im Kreis Kleve wird abgehängt. Welche Ideen haben die Bundestagskandidaten?
Im Kreis Kleve wissen viele Menschen inzwischen, was es heißt, keinen Termin bei einem Facharzt zu bekommen oder Schwierigkeiten zu haben, überhaupt einen Hausarzt zu finden. Das Insolvenzverfahren des Emmericher Willibrord-Spitals hat allen vor Augen geführt, wie fragil das Gesundheitssystem im ländlichen Kreis Kleve ist.
Im NRZ-Check zur Bundestagswahl wollten wir von den Direktkandidaten wissen:
Im Kreis Kleve fehlen Haus- und Fachärzte und auch die Krankenhauslandschaft steht unter Druck. Was werden Sie im Bundestag tun, um die Gesundheitsversorgung auf dem Land zu verbessern?
Daniel Rütter (FDP): „Die Facharztversorgung im Kreis Kleve ist dramatisch schlecht. In der Stadt Kleve ist beispielsweise der Mangel an Kinderärzten eklatant. Es braucht mehr Ärzte vor Ort, beispielsweise durch finanzielle Förderungen, vereinfachte Niederlassungsbedingungen, aber auch durch eine angemessene Versorgung mit Facharztpraxen, durch Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung. Zudem müssen die Praxen von Bürokratie entlastet werden, es braucht mehr gegenseitiges Vertrauen, statt immer mehr Kontrolle und Dokumentation.“
Mehr kommunale MVZs
Olaf Plotke (Bündnis 90/Die Grünen): „Versorgung Ich setze mich dafür ein, dass Patienten zur richtigen Zeit am richtigen Ort eine optimale Versorgung erhalten. Wir wollen die Primärversorgung durch Hausärzte stärken und unterversorgte Gebiete gezielt unterstützen. Die Verteilung von niedergelassenen Ärzten soll enger mit der Krankenhausplanung der Länder verknüpft werden, um eine bessere Kooperation und Koordination zu fördern. Vertragsärzte sollen von unnötiger Bürokratie, insbesondere durch Digitalisierung, entlastet und der Sprechstundenanteil für gesetzlich Versicherte erhöht werden. Die Krankenhausreform soll nicht nur von den gesetzlichen, sondern auch die privaten Versicherungen finanziert werden.“
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Bodo Wißen (SPD): „Unser Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat endlich angepackt, was über Jahrzehnte liegengeblieben ist: Eine grundlegende Reform des Krankenhauswesens. Davon profitiert auch das Krankenhaus Emmerich. Die Krankenhäuser im ländlichen Bereich können durch diese Reform besser wirtschaften. Und PatientInnen werden jetzt nur dort behandelt, wo die notwendige Erfahrung vorhanden ist. In Rees haben wir gute Erfahrung damit gemacht, Fachärztinnen zu finden, indem wir einen kommunalen Zuschuss zur Einrichtung der Praxis gegeben haben. In Goch wurde ein kommunales MVZ eingerichtet. Ich bin überzeugt davon, dass wir im Kreis Kleve noch mehr kMVZ brauchen.“
Mehr Medizin-Studienplätze
Jolanda Douven (Die Linke): „Durch das Krankenhausstrukturgesetz wird auf die Krankenhäuser ein enormer wirtschaftlicher Druck ausgeübt. Mitarbeiter*innen des Krankenhaus Kleve schilderten mir, dass ein Zusammenschluss eine überwältigende wirtschaftliche und bürokratische Herausforderung darstellt. Ich werde mich im Bundestag dafür einsetzen, dass Krankenhäusern die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Langfristig sollten mehr Krankenhäuser öffentlich verwaltet werden. Unsere Hausärzt*innen sind im Vergleich zu ihren Kolleg*innen in Ballungsräumen oft einkommensschwächer. Es braucht einen Einkommensausgleich. Durch Ortszuschläge können wir einen Anreiz für Niederlassungen bei uns bieten.“
Maciej Mateusz Klawcznski (Freie Wähler): „Wir brauchen keine leeren Versprechen, sondern echte Lösungen, die funktionieren. Die Gesundheitsversorgung muss einfacher, effizienter und näher an den Menschen sein. Der Ärztemangel ist eine echte Herausforderung, der wir mit besseren Anreizen für junge Mediziner, attraktiven Arbeitsbedingungen und moderner Telemedizin begegnen müssen. Nur wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, können wir unser Gesundheitssystem fit für die Zukunft machen.“
Fabian Schuchert (Volt): „Wir fördern Telemedizin, Stipendien für Medizinstudierende und den Aufbau medizinischer sowie gemeindepsychiatrischer Netzwerke, die Haus- und Fachärzte sowie die psychosoziale Landschaft effizient verknüpfen. So schaffen wir Anreize für mehr Ärzt:innen, sich im Kreis Kleve niederzulassen. Als Best-Practice-Beispiel dient das aus Frankreich stammende „Médecins-Solidaires“-Modell: Ärzt:innen rotieren durch Gemeinden, erhalten Unterkunft, ein Fahrzeug und attraktive Vergütungen.“
„Langfristig sollten mehr Krankenhäuser öffentlich verwaltet werden.“
Stefan Rouenhoff (CDU): „Wir brauchen mehr Medizin-Studienplätze, um Lücken in der Gesundheitsversorgung zu schließen. Die Entscheidung der NRW-Landesregierung, das Studienplatzangebot auszuweiten und durch eine Landarztquote mehr Allgemeinmediziner für den ländlichen Raum zu gewinnen, ist richtig. Es gilt zudem, die Niederlassung von Ärzten auf dem Land zu flexibilisieren und Pflegeberufe zu stärken. Auch eine Entbürokratisierungsoffensive würde Praxen und Krankenhäuser helfen. Geändert werden muss auch das Krankenhausreformgesetz der Ampel, weil es Krankenhäuser im ländlichen Raum schwächt. Die Rettung des St.-Willibrord-Spitals durch den Kreis Kleve unterstreicht die Bedeutung einer flächendeckenden Krankenhausinfrastruktur für die medizinische Versorgung auf dem Land.“
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Krankenhäuser müssen stärker zusammenarbeiten
Sven Elbers (AfD): „Die Schaffung von Kooperationsmodellen zwischen kleinen und großen Krankenhäusern wird zu einer besseren Nutzung der Ressourcen und somit effizienteren Versorgung führen. Die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen muss verstärkt werden. Regionale Ausbildungsprogramme und Stipendien, die Medizinstudenten dazu ermutigen, nach ihrem Studium in ländlichen Gebieten zu arbeiten. Bürokratische Hürden abbauen, um die Gründung und den Betrieb von Arztpraxen und Gesundheitszentren auf dem Land zu erleichtern. Der Bund muss Programme auflegen, die innovative Modelle der Gesundheitsversorgung wie mobile Arztpraxen und ähnliche Konzepte speziell für ländliche Gebiete unterstützt.“