Emmerich. 100 Jahre Elferrat Praest – eine Karnevals-Sitzung vom anderen Stern. Wieso plötzlich frauenfeindliche Sprüche aus den Lautsprechern dröhnten.
Zwischen schneebedeckten Feldern im tiefsten Praest strandet ein unbekanntes Flugobjekt. Bunter Nebel dringt aus dem Raumschiff, immer wieder ruckelt es heftig, bevor es Wesen einer gecken Spezies ausspuckt. Mit Antennen, Planeten und blauen Gesichtern tummeln sich die Karnevalisten am Samstagabend vor ihrem Festzelt. Und feiern innen eine Sitzung vom anderen Stern.
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„100 Jahr mit Überschall durch den Praester Karneval“ lautete das Motto zum großen Jubiläum. 1925 fanden sich die Narren im Dorf zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Dennoch gab es 100 Jahre später erst die 41. zu feiern. Ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum?
Keine Schwerkraft im All – und beim Gardetanz
„Bei dem Empfang wird Einem warm ums Herz“
Krisen, von Wirtschaft bis Weltkrieg, bremsten den Karneval immer wieder aus. Erst in den 1980ern fand sich wieder eine Gruppe zusammen, die sich der jährlichen Organisation verpflichtete: Der Elferrat. „Sonst hätten wir hier heute sicher nicht den Karneval, den wir alle so schätzen“, deutet der Vereinspräsident stolz auf seine Vorgänger.
Auf der Milchstraße richtig abgebogen, findet auch die Emmericher Prinzengarde ins ausgebuchte Raumschiff. „Draußen ist es galaktisch kalt, aber die Stimmung hier ist super, bei dem Empfang wird Einem warm ums Herz“, reibt sich Heiner I. die Hände. Mit ihrer Tanzeinlage stellen sie die Regeln der Schwerkraft infrage. Vor der Bühne beben die, hauptsächlich als Aliens kostümierten, Gäste. Zugabe.
Poolparty-Premiere in Praest
Kurze Pause zwischen den Acts ist nicht. Um gleich die nächsten Überflieger zu begrüßen, bleibt das Publikum auf Boden und Stühlen stehen. Wie ein Meteoritenschauer ziehen die HFK-Tänzerinnen der „Dance Explosion“ erstmals zur Bühne des Praester Elferrats. Immer wieder stoppen sie zwischen den Reihen, beginnen bereits dort mit ihrer Schrittfolge. Denn: Wenn schon Reise durchs Weltall, dann bitte an einen Ort mit All-Inclusive-Urlaub. Und seinen stimmungsmachenden Animateuren.
Schwimmnudeln über die Köpfe gestemmt, lassen sie die kalten Temperaturen außerhalb des Zeltes vergessen. „Vamos a la playa“, kommen die Zuschauer der Sonne ganz nah. Kein Wunder, dass der Verein direkt eine Einladung fürs nächste Jahr ausspricht. Premiere beim Praester Karneval geglückt.
Abrechnung mit stereotypen Rollenbildern
Sterne vom Himmel holen die Vilada-Funken. Mit Marschtanz der Extraklasse machen die ihrem Verein in rot-weiß alle Ehre. Dann kocht es entlang der Bühne plötzlich. Männliche Stimmen grölen frauenfeindliche Sprüche durch die Lautsprecher. Sie hätten Hunger, was die Frau überhaupt außerhalb des Herds zu suchen habe?
Sobald die BonAmies oben stehen, verklingt der Sound. Sie reißen sich die Schürzen von der Hüfte und setzen zu energiegeladenen Schritten an. Über ihren Rücken zieht sich dabei das Zeichen des Feminismus. Die Message von Musik und Tanz kommt an: „Girls just want to have fun“ und grundlegende Rechte.
Dörmakar hebt ab
So ein Raumschiff kann nicht nur auf Showtanz-Einlagen laufen. Mit seiner Bütt rundet Karnevalist „Tobi“ das Programm ab. Eigentlich will er mit einem Witz über die Deutsche Bahn beginnen, „aber ich weiß nicht, ob der ankommt.“
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Na mal gut, dass die Karnevalsband Dörmakar nicht mit dem Zug anreiste. Auf die lässt sich im Stimmungsbild nämlich nicht verzichten. Schunkelnd tanzen sich die Narren durchs All. Also: Bei der nächsten Landung unbekannter Flugobjekte, besser erstmal vorbeischauen.